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© pixelio.de | Rike | Fossile Energien werden weltweit weiter subventioniert .

Wie Kohlekraftwerke unser Klima verändern

Kohlekraftwerke verändern die Natur auf bislang kaum bekannte Art und Weise: Als Hauptquelle für sogenannte „ultrafeine Partikel“ beeinflussen sie das regionale Klima und können zu extremen Wetterereignissen führen, zeigen Langzeitmessungen.

Sogenannte „ultrafeine Partikel“ (UFP), auch Ultrafeinstaub genannt, haben nur einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern und gelten dennoch als Gesundheitsgefahr. Denn während Partikel der bekannteren Feinstaub-Kategorien PM10und PM2,5in die Nasenhöhle, Bronchien und Lungenbläschen eindringen können, schaffen es die ultrafeinen Partikel bis in das Lungengewebe und sogar in den Blutkreislauf. Anders als für PM10 und PM2,5 gibt es für Ultrafeinstaub allerdings keinen gesetzlichen Grenzwert und keine standardmäßigen Messungen.

Kohlekraftwerke und Raffinerien im Fokus

Dennoch beeinflussen sie Umweltprozesse in erheblichem Maße. „Sie bieten Oberflächen für chemische Reaktionen in der Atmosphäre oder können als Kondensationskerne die Eigenschaften von Wolken und Niederschlag beeinflussen“, sagt Wolfgang Junkermann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Umweltphysiker führt gemeinsam mit australischen Forschern seit 15 Jahren Messflüge in der ganzen Welt durch, die Ergebnisse wurden im Magazin Bulletin of the American Meteorological Society veröffentlicht.

Die Forscher wollten herausfinden, wo Ultrafeinstaub in der Atmosphäre auftaucht. In Städten ist der Straßenverkehr als Hauptursache für die winzigen gesundheitsschädlichen und klimarelevanten Teilchen ausgemacht. Wie sieht es aber auf dem Land aus? Für ihre Messungen betrachteten die Forscher Gegenden mit auffälligen Niederschlagstrends. Denn in vielen abgelegenen Regionen steigt die Ultrafeinstaub-Konzentration stetig an und sie hat keinen natürlichen Ursprung. Als Quelle erkannte Junkermann Kohlekraftwerke und Raffinerien. Sein Urteil ist eindeutig:

„So konnten wir zeigen, dass fossile Kraftwerke inzwischen zu den weltweit stärksten Einzelquellen für ultrafeine Partikel geworden sind. Sie beeinflussen meteorologische Prozesse massiv und können zu extremen Wetterereignissen führen.“

Explosionsartige Vermehrung

„In der Abgasreinigung sind die Bedingungen für die Partikelneubildung optimal. Den Abgasen wird Ammoniak hinzugefügt, um Stickoxide in harmloses Wasser und Stickstoff umzuwandeln“, erklärt er. Das Ammoniak steht dabei im richtigen Mischverhältnis für die Partikelbildung, so dass in den Abgasen der Anlagen ultrafeine Partikel „extrem hohe Konzentrationen entstehen“. Nach dem Ausstoß aus Schornsteinen in 200 bis 300 Metern Höhe können die winzigen Teilchen je nach Wetterverhältnissen hunderte Kilometer zurücklegen.

Und je nach Wetterverhältnissen und Klimabedingungen in der Atmosphäre können sich die ultrafeinen Partikel explosionsartig vermehren. Dann nämlich, wenn sich die Abluftfahnen aus den Kraftwerken über Nacht in einer dünnen, hochkonzentrierten Schicht ausbreiten. „Vom Boden her kühlt die unterste Schicht ab, darüber verbleibt wärmere Luft“, erklärt Junkermann. Diese Inversionslage kann erst am nächsten Morgen mit einsetzender Erwärmung durch Sonnenstrahlen aufgebrochen werden, die Teilchen vermischen sich zum Boden hin und die Konzentration kann kurzzeitig stark anwachsen. Der Umweltphysiker spricht von „Partikel-Events“.

Weniger Regen

In einer solchen Masse kann Ultrafeinstaub das lokale Klima beeinflussen und dieses nachhaltig verändern. Geraten etwa die Partikel als Kondensationskerne in Wolken, schrumpfen die einzelnen Wolkentröpfchen und es dauert länger, bis sich Regentropfen bilden. Dadurch kann es woanders und weniger stark oder kräftiger regnen. Gleich zwei Beispiele dafür kommen aus Australien: Im Bundestaat Queensland an der Ostküste und nahe der Millionenstadt Perth an der Westküste fällt demnach seit den 1970er Jahren ein Viertel weniger Regen – bei gleichzeitig hoher Konzentration von Ultrafeinstaub. Es regnet nicht grundsätzlich weniger, aber woanders als seit Jahrhunderten und heftiger als gewohnt.

Quelle

Der Bericht wurde von
der Redaktion “energiezukunft“ (cw) 2018 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 24
/ Sommer 2018 | „20 Jahre liberalisierter Strommarkt“ | Jetzt lesen | Download

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