EEG 2021: Was ändert sich für Kommunen?

Windkraftanlage (Enercon) im GegenlichtFoto: Guido Bröer
Die laufende Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG 2021) wird zum Jahreswechsel einige Neuerungen bringen – auch für Kommunen. Ende September hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der jetzt im Parlament beraten wird.

Ein Detail des 178 Seiten starken Gesetzentwurfes für das EEG 2021 dürfte für Kommunen besonders interessant sein. Wie bereits im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU im Frühjahr 2018 festgelegt, sollen Städte und Gemein­den künftig an den Erträgen von Windkraftanlagen auf ihrem Gebiet beteiligt werden. Dazu sieht der aktuelle Kabinettsentwurf nun eine Schenkung von bis zu 0,2 Cent pro Kilowattstunde vom Anlagenbetreiber an die Standortkommunen vor. Ein modernes Windrad könnte somit durchaus 20.000 Euro pro Jahr für den Haushalt einer Gemeinde einbringen.

Der Finanzausschuss des Deut­schen Städ­te und Gemeindebundes (DStGB), der sich am 2. Oktober mit der EEG-2021-Novelle befasst hat, ist mit der jetzigen Formulierung des Gesetzentwur­fes allerdings ganz und gar nicht zufrieden. Die Kommunen-Vertreter sind er­bost, dass auf den letzten Metern vor dem Kabinettsbeschluss aus der zuvor jahrelang diskutierten verpflichtenden Kommunalabgabe eine bloße freiwil­lige Schenkung geworden ist.

DStGB will Pflicht-Windgeld

Der Vorsitzende des Ausschusses, Oberbürgermeister Bernhard Gmehling aus Neuburg an der Donau sagt: „Die im Rahmen der EEG-Novelle vorgesehene Regelung wird nicht zur Akzeptanzsteigerung in der Bevölkerung beitragen. Wir brauchen eine verpflichtende Zahlung an die Gemeinden.

Nach Ansicht des DStGB hätte die in früheren Referentenentwürfen des Wirt­schaftsministeriums vorgesehene verpflichtende Zah­lung an die Gemeinden die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie deutlich erhöhen können. Gmehling: „Legt man die finanzielle Teilhabe der Gemeinden in die Hand der Windkraftbetreiber, werden die Gemeinden zu Bittstellern. Dies ist nicht akzeptabel und setzt nicht die notwendigen Anreize für mehr Akzeptanz und Engagement zum Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort.“

Laut der jetzige Fassung des Gesetzentwurfes hätten es die Windmüller selbst in der Hand, ob sie ein entsprechendes Angebot an die Kommunen machen. Auch wäre es ihnen überlas­sen, ob sie außer der Standortkom­mune weiteren Nachbargemeinden ein entsprechendes Schenkungssangebot unterbreiten. In der Begründung des Gesetzentwurfes heißt es dazu: „Anlagenbetreiber haben ein großes Eigeninteressean den Zahlungen, da diese helfen können, die Akzeptanz seitens der Kommunen zu steigern.“

Erstattung über EEG-Umlage

Entscheidet sich ein Windparkbetreiber für eine Schenkung an die Stand­ortkommunen, so kann er sich den Betrag vom Netzbetreiber erstatten lassen. Damit will die Bundesregierung vermeiden, dass zahlungswillige Windmüller bei den bundesweiten Versteigerungen der Einspeiserechte einen Nachteil gegenüber ihren Konkurren­ten haben. Das Geschenk könnte die Kommune allerdings auch ablehnen.

Gestrichen wurden im Gesetzent­wurf die vorherigen Pläne für eine gesetzliche Regelung zu sogenannten „Bürgerstromtarifen“. In früheren Referentenentwürfen war vorgesehen ge­we­sen, dass Anwohner von Windkraftanlagen von vergünstigten Stromprei­sen profitieren könnten und dass dies auf die Schenkung an die Gemeinde hätte angerechnet werden können. Doch sowohl vom DStGB als auch von verschiedenen Branchen­verbän­den waren diese Pläne als zu kompli­ziert kritisiert worden. Nach deren Strei­chung beansprucht der Paragraf 36k „Finanzielle Beteiligung der Kommu­nen“ nun nur noch 10 Zeilen des Gesetzentwurfes.

Neue öffentliche Belange

Doch auch die vielen anderen Neuregelungen der Gesetzesnovelle werden Auswirkungen auf die kommunale Energiewende haben. Schon den Paragrafen 1, der „Zweck und Ziel des Gesetzes“ beschreibt, genau zu lesen, könnte sich für kommunale Planungsämter lohnen. Denn hier soll folgender Satz neu eingefügt werden: „Die Errichtung von Anla­gen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien liegt im öffentli­chen Interesse und dient der öffent­lichen Sicherheit.“ Was für unbedarfte Querleser nach bloßen Worthül­sen klingt, das könnte für den Bereich der kommunalen Planung und für die Verwaltungsgerichte zum wichtigen Werkzeug werden. Denn dieser Satz im EEG gibt dem Ausbau der erneuerbaren Energien eine neuen gesetzlichen Rang bei der Abwägung verschiedener öffentlicher Belange. Dies könnte bei der Ausweisung von Flächen für Wind- oder Solarparks von erheblicher Bedeutung sein. Und es könnte auch für die Begründung kommunaler Entscheidungen in klimaaktiven Städten und Gemeinden relevant werden. Beispielsweise auch für solare Nutzungpflichten oder solare Bebauungspläne

Ausbaupfad angepasst

Insgesamt beansprucht die Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf den Ausbaupfad der erneuerbaren Energien ihren erklärten Regierungszielen anzupassen. Das Ziel eines 65-prozentigen Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch stand bereits im Vorgängergesetz von 2017. Hinzu kommt jetzt das Ziel, bis 2050 den gesamten Strom, der in Deutschland verbraucht oder erzeugt wird, treibhausgasneutral herzustellen. Dafür soll bis 2030 die Windkraft an Land auf 71 Gigawatt und auf See auf 20 Gigawatt ausgebaut werden. Für Solarstrom sieht der Gesetzentwurf eine Leistung von 100 Gigawatt und für die Biomasse von 8,4 Gigawatt vor.

Für Wind- und Solarenergieanlagen formuliert der Entwurf außerdem ab dem Jahr 2022 verbindliche Zwischenziele für den Ausbaupfad im Zweijahresrhythmus. Schon diese deutlich erhöh­ten Ausbauziele sind aber umstritten. So wen­­det der Bundesverband Erneuerbare Ener­gin (BEE) ein, das Wirtschaftsministerium gehe von einem zu gerin­gen Stromverbrauch aus. Allerdings sind dazu im Gesetzentwurf Revisionsklauseln vorgesehen. So soll die Bundesregierung dem Bundestag im erstmals für 2023 geplanten Erfahrungsbericht zum EEG ein höheres Ausschre­i­bungsvolumen empfehlen, sofern der Stromverbrauch bis 2030 deutlich stei­gen könnte.

Ausschreibungen ausweiten?

Eine entscheidende Frage ist freilich, ob die Ziele mit den Mitteln erreibar sind, die das EEG 2021 den Akteuren der Energiewende an die Hand gibt. Heftig kritisiert von der Solarbran­che wird beispielsweise der Plan des Bundeswirtschaftsministeriums, noch mehr Photovoltaikanlagen als bisher zur Teilnahme an Fördergeld-Ausschreibungen zu zwingen. Die Leistungsgren­ze für Photovoltaikanlagen, ab der diese sich zunächst in einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur durchsetzen müssen, bevor sie ihren Strom einspeisen dürfen, will das Wirtschaftsministerium von 750 auf 500 kW senken.

Problematisch ist dies nicht nur, weil sich lokale Bürgerenergiegesellschaften mit den Ausschreibungen schwer tun. Außerdem fördert der Wettbewerb um den geringsten Zuschussbedarf in den bisherigen Solarausschreibungen ein starkes Gefälle zwischen sonnenreichen Regionen vor allem im Süden Deutschlands und den strahlungsärmeren Bereichen im Norden und in den Mittelgebirgen. Angesichts wachsender bundesweiter Ausschreibungen liegt es daher immer weniger in der Hand der Kommunen in diesen etwas sonnenärmeren Gebieten, den Ausbau der Photovoltaik auch im Bereich der größeren Anlagen durch eigenen Einfluss planbar zu beschleu­nigen.

Hinzu kommt, dass Betreiber von Photovoltaikanlagen, die laut dem EEG zur Teilnahme an Auktionen ver­pflich­tet sind, weiterhin keinerlei Strom für den Eigenverbrauch im darunterliegenden oder angrenzenden Gebäude abzweigen dürfen. Für große Gewerbedächer, Parkplatzüberdachungen oder auch größere kommunale Gebäudekomplexe könnte die Absenkung der Ausschreibungsgrenze auf 500 kW vor diesem Hintergrund zum Hemmschuh werden. Denn für Gewerbebetriebe und auch für Kommunen ist Photovoltaik heute hauptsächlich durch den Eigenverbrauch wirtschaftlich interessant.

Segmentierung für PV

Immerhin unterscheidet der Ent­wurf für das EEG 2021 nunmehr zwi­schen zwei verschiedenen Ausschreibungssegmen­ten für Solaranlagen. Ein Segment fasst Gebote für Anlagen „auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand“ zusammen. Das andere Segment betrifft Freiflächenanlagen und Photovoltaik an sonstigen baulichen Anlagen wie etwa Wällen oder Deponien.

Klarheit muss der Gesetzgeber mit dem EEG 2021 auch für sogenannte „ausgeförderte“ Anlagen schaffen. So bezeichnet der Gesetzentwurf Anlagen, die die EEG-Förderdauer von 20 Jahren überschritten haben. Für die ersten Oldtimer läuft am 1. Januar 2021 die EEG-Vergütung aus. In der bisherigen Fassung sieht das EEG 2017 vor allem für kleinere Altanlagen keine realisti­schen Optionen für deren Weiterbetrieb vor. Für eine PV-Anlage aus den 1990er Jahren lohnt sich nämlich oft nicht die Umrüstung auf Eigenverbrauch. Geschweige denn einer viertelstundengenauen Leistungsmessung für eine Direktvermarktung. Abgesehen davon findet sich für diese kleinen Anlagen derzeit kein Stromhändler, für den die Vermarktung so kleiner Strommengen lohnend wäre.

„Ausgeförderte“ Anlagen

Nach der vom Kabinett beschlossenen Fassung sieht der Gesetzentwurf nunmehr eine gestaffelte Übergangs­frist für Altanlagen vor. Anlagen bis zu 100 Kilowatt sollen ihren Strom ohne techni­sche Umbauten bis Ende 2027 weiterhin legal vollständig einspeisen dürfen. Dafür sollen sie eine kleine Einspeisevergütung vom Netzbetreiber bekommen. Größere Anlagen, für die die Direktvermarktung eine realistischere Option ist, erhalten nur eine Karenzzeit bis Ende 2021. Wer einen Teil seines Stroms künftig selbst verbrauchen und nur den Überschuss einspeisen will, der soll dies erst nach Installation eines sogenann­ten „intelligenten Messystems“ dürfen.

Die Vergütung für „ausgeförderte“ EEG-Anlagen soll dem Jahresmarkt­wert der jeweiligen Technologie entsprechen. Betreiber dürften aktuell also lediglich mit 3 bis 4 Cent je Kilowattstunde rechnen. Bei kleinen Anlagen könnten somit schon Zählergebühr und Wartungskosten den Ertrag übersteigen.

Der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Göppel hat gerade vorgerechnet, dass bei einer 7-kW-Photovoltaik-Anlage den jährlichen Einnahmen (inkl. Eigenverbrauch) von rund 980 Euro Ausgaben von 1326 Euro gegenüberstünden. Der Weiterbetrieb würde den Eigentümer also 346 Euro im Jahr kosten. Daher fordert Göppel von CDU/CSU im Bundestag, dass diese Anlagen für den Eigenverbrauch von der EEG-Umlage befreit sein sollten. Nach dem Gesetzentwurf endet aber die Befreiung von der EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Strom aus kleinen Photovoltaikanlagen bis 10 kW nämlich weiterhin nach 20 Jahren Betriebsdauer.

Eigenverbrauch bis 20 kW frei

Apropos Bagatellgrenze. Bislang waren nach EEG § 61a pro Kalenderjahr 10.000 Kilowattstunden an Eigenverbrauch aus Anlagen mit bis zu 10 kW vollständig von der EEG-Umlage befreit. Nun will das Bundeskabinett die Anlagengröße auf 20 kW anheben, ohne dass die umlagebefreite Strommenge mitwächst.

Man kann dies als Konzes­sion an die neue EU-Richtlinie für erneuerbare Energien (RED II) verstehen, die bis zum 31. Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt sein muss. Allerdings setzt die EU die Grenze, bis zu der für Eigenverbraucher und Erzeugergemeinschaften alle Abgaben und Umlagen für selbstverbrauchten Strom entfallen sollen, bei 30 kW deutlich höher an. Es kann also gut sein, dass sich hier im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch Änderungen ergeben. Diesen Punkt zu beobachten, kann gerade auch für die Wirtschaftlichkeitsprognosen von Kommunen interessant sein. Denn deren (potenzielle) PV-Anlagen auf Rathäusern, Schulen und Bauhöfen rangieren häufig in dieser Größenordnung zwischen 10 und 30 kW.

16.10.2020 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 10/2020 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

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