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© pixelio.de | Uschi Dreiucker | Europa erlebte 2020 mehrere außergewöhnlich starke Stürme.

Ist das nur Sturm oder schon Klimawandel?

Um künftig sicher einschätzen zu können, ob ein Sturm oder Orkan extrem ist oder eher ein normales Ereignis, hat das Helmholtz-Zentrum Geesthacht jetzt die Website „Sturmmonitor – www.sturm-monitor.de“geschaffen.

Interessierte können damit die aktuelle Situation mit den Sturmtrends der vergangenen sieben Jahrzehnte vergleichen. Die Website richtet sich gleichermaßen an die interessierte Öffentlichkeit, die Medien und Behörden.

Mit dem Klimawandel, so sagen Computerberechnungen voraus, könnten in Zukunft extreme Wetterereignisse zunehmen – beispielsweise Stürme in Küstenregionen. Natürlich hat es Stürme und Orkane schon immer gegeben. Inzwischen aber fragen sich viele Menschen bei einem schweren Sturm, ob dieser auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Eine Antwort darauf bietet künftig die Website „Sturmmonitor“ des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG), die jetzt online gegangen ist: www.sturm-monitor.de. Der Sturmmonitor vergleicht die aktuelle Sturmsituation mit Winddaten aus den vergangenen sieben Jahrzehnten. Damit wird es erstmals möglich, auf einen Blick Fragen wie „Ist der aktuelle Sturm noch normal oder schon Klimawandel?“ in nahezu Echtzeit nach Auftreten zu beantworten.

er Sturmmonitor liefert in übersichtlichen Grafiken verschiedene Sturminformationen. Die Besucherinnen und Besucher der Website können beispielsweise ablesen, wie viele Stürme es in der laufenden Saison oder im vergangenen Monat gegeben hat und inwieweit die Zahl vom langjährigen Trend abweicht, ob die Zahl niedriger oder höher ist. Im Hinblick auf den Klimawandel dürfte für viele besonders interessant sein, dass die vergangenen Jahre keineswegs die sturmreichsten waren. So war die Sturmintensität in den 1980er und frühen 1990er Jahren deutlich größer als heute. Interessierte finden ferner Informationen zu den schwersten Stürmen, die es in Norddeutschland in den vergangenen sieben Jahrzehnten gegeben hat. Auch hier wird die aktuelle Sturmsituation mit der Vergangenheit verglichen. Das schwerste Sturmereignis war der Orkan Adolph Bermpohl im Jahr 1967, der nach dem gleichnamigen Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), der damals schwer verunglückte, benannt wurde. Seitdem sind über der Deutschen Bucht nie wieder so hohe Windgeschwindigkeiten gemessen worden. Verglichen mit diesem katastrophalen Ereignis ist die Sturmsituation der vergangenen Jahre, so zeigt der Sturmmonitor eindrucksvoll, eher gemäßigt.

Informationen für alle Interessierten

Der Sturmmonitor richtet sich jetzt an Journalisten und an alle anderen Menschen, die sich für das Wetter und insbesondere Stürme interessieren. Zudem werden die 70 Jahre langen Zeitreihen künftig öffentlich verfügbar gemacht werden, sodass auch Versicherungen oder Behörden, die für die Sicherheit der Bevölkerung oder den Katastrophenschutz zuständig sind, den Sturmmonitor nutzen können.

HZG-Methode als Basis für den Sturmmonitor

„Grundlage des Sturmmonitors ist eine Methode zur Berechnung der Sturmaktivität, die seit den 1990er Jahren beim Deutschen Wetterdienst und in Geesthacht entwickelt worden ist“, sagt der Meteorologe Dr. Oliver Krüger, der den Sturmmonitor zusammen mit seinem Master-Studenten Daniel Krieger konzipiert und umgesetzt hat. Normalerweise messen Wetterdienste die Windgeschwindigkeit in zehn Metern Höhe über dem Boden, erklärt Oliver Krüger. Will man aber die Sturmereignisse in einer Region über viele Jahrzehnte miteinander vergleichen oder die Sturmaktivität der Vergangenheit rekonstruieren, sind die bodennahen Messungen in zehn Metern Höhe ungeeignet, weil zu sie zu stark schwanken. Das liegt unter anderem daran, dass die Umgebung die Messung der tatsächlichen Windgeschwindigkeit verfälschen kann. So verändern bespielweise Häuser oder Hügel die Luftströmung in Bodennähe. Im Laufe der Jahrzehnte wachsen Bäume und Wälder heran, was mit der Zeit ebenfalls zu abweichenden Messergebnissen führen kann. Auch hat sich mit den Jahren die Messtechnik verändert, was zusätzlich zu Abweichungen geführt hat.

Verlässliche Luftdruckwerte aus 70 Jahren

Für den 70-Jahres-Zeitraum haben Oliver Krüger und Daniel Krieger deshalb andere Daten genutzt. Grundlage waren die sehr viel verlässlicheren Luftdruckmesswerte, aus denen sie den Wind berechnet haben. Luftdruckunterschiede führen dazu, dass Luftströmungen entstehen. Je nachdem, wie groß der Luftdruckunterschied ist, ist die Luftströmung, also der Wind, stärker oder schwächer. Im Detail haben die beiden Forscher jenen Wind berechnet, der in mehreren Kilometern Höhe weht – den geostrophischen Wind. Dieser wird nicht von den bodennahen Strukturen beeinflusst und ist damit über die Zeit eine verlässliche Größe. Studien haben gezeigt, dass der Wind in Bodennähe und der geostrophische Wind in engem Zusammenhang stehen. Daher lassen sich aus dem Verhalten des geostrophischen Windes Aussagen über das Verhalten des Windes am Boden und damit auch über die Sturmaktivität ableiten.

Sürme und Sturmfluten

Der Sturmmonitor beruht auf der Idee des Sturmflutmonitors (www.sturmflutmonitor.de), der ebenfalls am HZG-Institut für Küstenforschung entwickelt wurde und schon länger am HZG betrieben wird. Der Sturmflutmonitor ist tagesaktuell und nutzt dazu die von den zuständigen Behörden erhobenen und auf Pegelonline bereitgestellten Pegelmessungen an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Diese werden täglich automatisiert ausgewertet und in Bezug zu langfristigen Sturmflut-Statistiken gesetzt. Am Beispiel von derzeit sechs Pegeln an der deutschen Nordseeküste (Husum, Helgoland, Cuxhaven, Hamburg (St. Pauli), Bremen (Weserwehr) und Norderney) und vier Ostseepegeln (Flensburg, Kiel (Holtenau), Travemünde und Warnemünde) werden aktuelle Sturmfluten laufend mit dem bisherigen Sturmflutgeschehen der letzten Jahrzehnte verglichen.

Quelle

Institut für Küstenforschung – Helmholtz-Zentrum Geesthacht 2020

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