EEG2021: Bundesregierung blockt Länder und PV-Eigenverbrauch ab

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Die Bundesregierung hat mit ihrer Gegenäußerung relativ rasch auf die Forderungen und Anregungen des Bundesrates zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes reagiert. Sie lehnt jedoch fast alles ab, auch den PV-Eigenverbrauch. Sie will die Energiewende in eine andere Richtung als die Länder ziehen.

Der Bundesrat hatte sich sehr intensiv mit den Regierungsvorschlägen zur EEG-Novelle – auch mit dem PV-Eigenverbrauch – befasst. Am 6. November 2020 verabschiedete er im Plenum seine Stellungnahme, die mehr als 80 Seiten umfasst. Darin machen die Länder deutlich, dass sie sich für einen deutlich ambitionierteren Ausbau der erneuerbaren Energien als die Regierung einsetzen und die bürokratischen Anforderungen für Anlagenbetreiber herunterschrauben möchten (siehe auch unseren Artikel).

Kategorisches Nein der Regierung

Diesen Anregungen der Länderkammer setzt die Regierung in ihrer Erwiderung fast durchgängig ein kategorisches Nein entgegen. Es kommt nun auf den Bundestag und speziell auf die Regierungsfraktionen an, ob sie sich vom Entwurf der Regierung tatsächlich emanzipieren und ihren Parteikolleginnen und -kollegen in den Ländern anschließen. In der 1. Lesung zur EEG-Novelle im Bundestag war angeklungen, dass sich sowohl die SPD- als auch die Unions-Fraktion ein motivierenderes EEG wünschen, um zu einem stärkeren Ausbau zu kommen. Folgt der Bundestag jedoch der Regierung, gibt es für die Länder kaum Chancen, das EEG noch in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Zu Beginn ihrer Gegenäußerung geht die Regierung zunächst auf Vorschläge der Länder zu höheren Vergütungen für erneuerbare Energien ein. Diese seien nicht erforderlich, um die gewünschten Ziele zu erreichen, so die Regierung bzw. das Wirtschaftsministerium. „Sie widersprechen damit dem Grundsatz einer kosteneffizienten Förderung und können beihilferechtlich relevant sein.“ Letztlich käme es zu einer höheren Belastung des Bundeshaushalts bzw. mittelfristig zu einer höheren EEG-Belastung der Stromverbraucher. Das lehne die Regierung ab.

Eine Frage der Haltung

Wesentlicher ist aber die Auseinandersetzung um die grundsätzliche Haltung, die mit dem Gesetz eingenommen wird. Dies beginnt bei der Frage, wie stark man den Ausbau forcieren möchte. So wollen die Länder Regelungen, die zu einer jährlichen Neuinstallation von Photovoltaikanlagen in Höhe von 10 Gigawatt (GW) führen. Die Regierung peilt 5 GW an. Sie verweist in ihrer Gegenrede auf zwei Studien von der Prognos AG und vom Öko-Institut aus dem März 2020. Die erste wurde im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWI) erstellt, die zweite im Auftrag des Bundesumweltministeriums (BMU). Beide kommen zu dem Ergebnis, dass bis 2030 der Bruttostromverbrauch aufgrund von angenommenen Effizienzfortschritten kaum zunehmen werde. Verbände der Energiewirtschaft, Erneuerbare-Energien-Verbände und die Länder erwarten jedoch eine Zunahme. Dann würde die Regierung mit ihrer Strategie scheitern, weil bis 2030 die erneuerbaren Energien nicht zu einem Anteil von 65 Prozent am Stromverbrauch kämen.

Ausbaupfade sollen bleiben

Es soll auch bei den im EEG-Entwurf geplanten Ausbaupfaden bleiben. „Die Ausbaupfade sind so berechnet, dass sich die angegebenen Mengen an der jeweils oberen Grenze zur Zielerreichung orientieren“, erklärt die Regierung. Die Länder würden bei den Zielmarken gern das Wort „mindestens“ einfügen. Aber auch diesem Minimalvorschlag möchte die Regierung nicht zustimmen. Die Regelung lasse auch so eine Übererfüllung zu, „denn die Werte in § 4a des Entwurfs des EEG 2021 stellen keine Deckel dar, können also auch überschritten werden“.

„Klar ist, dass die Bundesregierung bereit ist, die Ziele im EEG anzupassen, sobald die entsprechenden rechtsverbindlichen EU-Beschlüsse gefasst worden sind“, sagt sie in ihrer Gegenrede. Dies sei auf europäischer Ebene aber noch in der Diskussion. Und dem könne die Regierung nicht vorgreifen. Sie erklärt nicht, warum das nicht möglich sein soll.

Ausschreibung von PV-Dachanlagen

Die Regierung möchte einen restriktiveren Kurs halten als die Länder. So betrachtet sie es zumindest als zu früh, um ins EEG eine gezielte Förderung von Agro-PV-Anlagen und Floating-PV-Anlagen zu integrieren. Und den PV-Eigenverbrauch möchte sie weiter zurückdrängen, während die Länder dieses Segment erweitern wollen. So will die Regierung die Förderung von PV-Dachanlagen künftig schon ab 500 Kilowatt (kW) Leistung über Ausschreibungen ermitteln. Verbunden damit ist das Verbot des Eigenverbrauchs. Die Länder wollen die derzeitige Grenze von 750 kW für Ausschreibungen beibehalten und sie möchten generell auch bei Ausschreibungsanlagen den PV-Eigenverbrauch zulassen.

Das aber möchte die Regierung keinesfalls billigen. Sie argumentiert, Anlagenbetreiber, die Strom aus ihrer Anlage selbst nutzen könnten, wären dann in der Lage, ihren Reststrom bei der Ausschreibung günstiger anzubieten. Andere Anbieter würden so benachteiligt. Die Regierung geht aber nicht weiter darauf ein, dass so der Wettbewerb weiter steigen und der Stromeinkauf für alle Stromkunden billiger werden könnte.

PV-Eigenverbrauch klein halten

Es ist erklärtes Ziel der Regierung, den Eigenverbrauch möglichst klein zu halten. Sie fürchtet, die EEG-Umlage könne sonst steigen. Daher will sie sich auch weiteren Vorschlägen der Länder nicht anschließen. Die möchten Anlagen bis 30 kW – entsprechend der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie – von der EEG-Umlage befreien. Und dies soll auch für „Direktstromlieferungen“ gelten. Damit meinen die Länder die Nutzung von Strom aus EE-Anlagen, wenn das öffentliche Netz nicht in Anspruch genommen wird. Die gemeinsame Nutzung von Strom in einem Areal und vor allem auch der „kleine“ Mieterstrom würden mit dem Vorschlag wesentlich erleichtert. Das EEG ließe sich einige Seiten kürzer fassen.

Von Erleichterungen, wie sie die Länder vorschlagen, könnten auch Ü20-Anlagen profitieren. Der Bundesrat will den PV-Eigenverbrauch von alten Anlagen auch ohne technisch aufwändige Modifikationen erlauben. Die Regierung ist dagegen.

EEG-Umlage maßgeblich

Für die Regierung ist wohl die EEG-Umlage maßgeblich. Ausnahmeregelungen, die zu einer höheren Umlage führen könnten, will sie nicht zulassen. Dies gilt auch für den Strombezug von Bussen im öffentlichen Personenverkehr. Hier hatten die Länder eine Befreiung von der EEG-Umlage vorschlagen – wie sie auch schon für den Schienenverkehr gilt, um die Elektrifizierung des Verkehrs voranzutreiben. Doch auch wenn dieses Segment vergleichsweise klein ist, will sich die Regierung nicht darauf einlassen. Andererseits gibt es keine Anzeichen, dass sie an das große Segment der Industrie herangehen möchte. Diese ist bei besonders hohen Stromverbräuchen von der EEG-Umlage befreit. Doch obwohl diese Subvention eigentlich für das EEG nicht wesentlich ist und dazu führt, dass jeder Stromverbraucher damit die Industrie unterstützt, sucht die Regierung hier keinen anderen Weg.

Gleichzeitig wendet sie sich gegen Vorschläge der Länder, die Sektorenkopplung zu stärken und den PV-Eigenverbrauch zu erleichtern. Während sie die Privilegien von großen Unternehmen erhalten möchte, lehnt sie neue Impulse für die Energiewende offenbar ab.

EEG anwendungsfreundlich machen

In eine ähnliche Richtung, nämlich das EEG anwendungsfreundlicher zu machen, zielen ebenso einige Bundesrats-Vorschläge, die Betreiber insbesondere kleinerer Anlagen von rechtlichen und technischen Anforderungen zu entlasten. Auch dem erteilt die Regierung eine klare Absage. Offenbar will sie weiterhin darauf bestehen, dass alle EE-Anlagen schon ab 1 kW Leistung mit einem Smart Meter ausgestattet werden müssen. Die Länder wollen dies auf 7 kW anheben.

Dabei ist die Argumentation der Regierung durchaus interessant. „Im Erzeugungsbereich muss gerade wegen der Notwendigkeit zur Integration von Millionen PV-Anlagen bis 2030 die steigende Gefahr von Cyberangriffen in den Mittelpunkt rücken“, so die Regierung: „Gerade zahlenmäßig überproportional stark vertretene kleine Erzeugungsanlagen könnten durch Hackerangriffe eine starke Gefährdung der Niederspannungsnetze und von dort aus auch überlagerter Netzebenen hervorrufen.“ Der Regierung kommt aber offenbar nicht in den Sinn, dass bei älteren Stromzählern mit analoger Technik, die insbesondere bei kleinen PV-Anlagen im Einsatz sind, Cyberangriffe gar nicht möglich sind. Diese Gefahr entsteht erst mit der Digitalisierung.

13.11.2020 | Text: Andreas Witt, Solarthemen | solarserver.de
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