©  Schwoaze auf Pixabay
© Schwoaze auf Pixabay

Experten: Österreich und die EU können Klimaziele nur erreichen, wenn Güterverkehr seine Emissionen drastisch reduziert

Wie in der Schweiz verursachte Umwelt- und Klimaschäden in die Transportpreise einbeziehen

Wien - Österreich und die EU können ihre Klimaziele nur erreichen, wenn auch der Güterverkehr seine Emissionen drastisch reduziert. Fachleute von Infras (Schweiz), Climonomics (Deutschland), Umweltbundesamt und VCÖ waren sich bei einer VCÖ-Fachveranstaltung einig, dass es neben Verbesserungen bei Antriebssystemen auch deutlich stärkere Maßnahmen zur Vermeidung und Verlagerung von Güterverkehr braucht. Zentral ist die Einbeziehung der verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden in die Transportpreise.

21,7 Milliarden Tonnenkilometer betrug im Vorjahr die Transportleistung der Schiene in Österreich, jene auf der Straße war zweieinhalb Mal so hoch. In der EU ist der Lkw-Anteil beim Gütertransport sogar mehr als viermal so hoch wie jener der Bahn. Der hohe Lkw-Anteil in der EU macht sich für Österreich am Brenner bemerkbar. Im Vorjahr waren allein über den Brenner 2,47 Millionen Lkw unterwegs, das waren dreimal so viele wie über alle Schweizer Alpenpässe zusammen, verdeutlicht der VCÖ. Und während die Lkw-Fahrten über den Brenner allein seit dem Jahr 2010 um ein Drittel gestiegen sind, sind die Lkw-Fahrten über die Schweiz um rund ein Viertel zurückgegangen.

Der Schweizer Experte Markus Maibach vom Institut INFRAS weist auf die positiven Erfahrungen der Schweiz mit der seit dem Jahr 2001 bestehenden Lkw-Maut hin. Die Schweizer Lkw-Maut, die am gesamten Straßennetz gibt, beinhaltet auch die vom Lkw-Verkehr verursachten externen Kosten, wie Umwelt- und Klimaschäden. Der Schweizer Experte empfiehlt, bei der EU-Wegekostenrichtlinie externe Kosten viel stärker als bisher zu berücksichtigen. In der Schweiz wird zudem Diesel, der Treibstoff der Lkw, nicht steuerlich begünstigt.

Die deutsche Expertin Hellen Lückge vom Institut Climonomics meint, dass es derzeit im Gütertransport starke Preisverzerrungen gibt, die negative Auswirkungen auf die Klimabilanz haben. So kommt es zum einem im europaweiten Lkw-Transport zu Lohn- und Sozialdumping, wodurch ein fairer Markt verhindert werde. Zudem führt die mangelnde Internalisierung externer Kosten zu Preisverzerrungen zu Lasten der Schiene. In der EU betragen die verursachten Klimakosten beim Lkw-Verkehr 1,5 Cent pro Tonnenkilometer, bei der Bahn hingegen nur 0,03 Cent pro Tonnenkilometer. Eine CO2-Bepreisung würde die Wettbewerbsverzerrung reduzieren und einen Anreiz für mehr Effizienz im Transport schaffen.

Der Schweizer Experte Markus Maibach von INFRAS und die deutsche Expertin Helen Lückge von Climonomics sind vom ökonomischen Nutzen überzeugt: "Effizienzsteigerungen nützen sowohl Klima als auch Wirtschaft. Internalisierung der Klimakosten mit Hilfe eines CO2-Preises, zusätzliche regulative Leitplanken sowie Investitionen in Infrastruktur und Technologieförderung müssen dabei ineinander greifen, um Transformationsprozesse in der Transportwirtschaft effektiv in Gang zu setzen."

Die höhere Effizienz im Güterverkehr ist in der Schweiz auch anhand des niedrigeren Anteils an Lkw-Leerfahrten erkennbar. Während in Österreich Lkw 36 Prozent ihrer Kilometer leer fahren, sind es in der Schweiz mit 27 Prozent ein Viertel weniger. "Neben verursachergerechten Preisen und verbesserten Kontrollen gegen Lohn- und Sozialdumping sind auch die Hürden im europäischen Bahnverkehr rasch zu beseitigen", betont VCÖ-Experte Schwendinger.

Der Güterverkehr hat im Vorjahr Österreichs Klimabilanz mit rund 8,8 Millionen Tonnen CO2 belastet. Im Vergleich zum Jahr 1990 haben sich die CO2-Emissionen mehr als verdoppelt und sind stärker gestiegen als jene des Personenverkehrs, macht der VCÖ aufmerksam. Noch im Jahr 1990 verursachte der Gebäudesektor dreimal so hohe CO2-Emissionen wie der Güterverkehr, im Vorjahr war der CO2-Ausstoß des Güterverkehrs bereits höher als jener der Gebäude.

Auf die Klimarelevanz des Güterverkehrs macht auch Alessandra Angelini vom Umweltbundesamt aufmerksam. "Österreich steht vor der Herausforderung die seit dem Jahr 1990 gestiegenen güterverkehrsbedingten Treibhausgasemissionen unter der Prämisse nationaler und internationaler Klima- und Energieziele stark zu reduzieren. Das ambitionierte Vorhaben lautet Klimaneutralität 2040 - dies ist im Güterverkehrssektor auch prinzipiell machbar. Nach den Maximen der Verkehrsvermeidung, -verlagerung und -verbesserung wird ein möglicher Pfad für einen künftig wirtschaftlich rentablen, umweltfreundlichen, energieeffizienten und resilienten Güterverkehr aufgezeigt." (Fortsetzung folgt mit Bericht zu Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern von EU-Kommission, BMK, Raiffeisen Ware Austria, RCA, AK Wien, VCÖ)


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /