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energiezukunft.eu | Jan Oelker

© energiezukunft.eu | Dirk Jensen | Jan Oelker | Die schwimmende Windkraftanlage Nezzy2 soll 2022 im Südchinesischen Meer ihren Betrieb aufnehmen.

Offshore-Windenergie: Windkraft Hoch 2 – Nezzy taucht auf

Nach rund sechs Jahren Entwicklungsarbeit wird der Prototyp Nezzy2 nächstes Jahr den Betrieb aufnehmen. Die globale Offshore-Branche blickt gebannt ins Chinesische Meer, wo die 16 MW-Anlage – falls alles funktioniert – eine neue Ära einläuten könnte.

Tatsächlich: Im Sommer 2022 soll es losgehen. Das Abenteuer Nezzy2 wird dann Realität. Und zwar im Südchinesischen Meer, irgendwo in der Nähe vor Macau, wo die Beteiligten den Prototyp des Offshore-Ungeheuers – ein schwimmendes Fundament von dessen Zentrum zwei schräg installierte Türme zwei Turbinen tragen – an einem Standort mit einer Wassertiefe von 32 Metern und mehr aufstellen.

Genauere Koordinaten würde der Chefkonstrukteur von Nezzy2, Sönke Siegfriedsen, sicherlich gerne weitergeben, doch möchten dies die Projektpartner, zum einen das Energieunternehmen EnBW und zum anderen ein noch nicht öffentlich genannter chinesischer Hersteller, bislang geheim halten. Dem dezidierten Wunsch auf Diskretion beugt sich der erfahrene Profi Siegfriedsen ganz und gar, will er doch seinen kühnen Beitrag zur Weiterentwicklung der globalen Offshore-Windenergie nach langen Jahren mühsamer Vorarbeit und Diskussionen auf der Zielgeraden nicht unnötig belasten.

Der grüne Windpionier

Am Telefon sagt Siegfriedsen nur das, was seine Auftraggeber auch möchten. Allerdings schwingt die unverrückbare Zuversicht an den kommenden Erfolg seines Projektes in jedem seiner Sätze mit. „Wir arbeiten derzeit intensiv an der weiteren Auswertung der Messdaten unseres Modells im Maßstab 1:10, das wir im Herbst 2020 nach einem erfolgreichen ersten Test in einem niedersächsischen Gewässer bei Bremerhaven im Greifswalder Bodden in die Ostsee hievten“, erzählt Siegfriedsen. Damals überstand das Nezzy2-Modell einen echten Härtetest, als nämlich der Orkan „Gisela“ mit Windstärke 9 über den Teststandort fegte.

„Die Anlage ist ausgelegt auf Taifune mit Wellen von 21 Metern Höhe“, ist Siegfriedsen über die Offshoretauglichkeit seiner Nezzy2 in südchinesischen Gewässern ziemlich überzeugt. „Dabei ist eine solche Wellenhöhe ein Wetterphänomen, das statistisch betrachtet nur alle 50 Jahre einmal auftritt“, sagt der 65-jährige Siegfriedsen, der einst im windreichen Nordfriesland aufwuchs und während seiner Zivildienstzeit auf dem Hof von Baldur Springmann, einem Mitbegründer der Grünen in Westdeutschland, zu Beginn der 80-er-Jahre seine erste Windenenergie-Anlage baute.

Seitdem hat Siegfriedsen eine beeindruckende Karriere als Anlagenentwickler und -konstrukteur hingelegt. Schon 1983 gründete er die aerodyn Energiesysteme GmbH, mit der er bis 2013 insgesamt 27 Gesamtanlagenentwicklungen voranbringen konnte. Darunter Milestones wie die Entwicklung der 5-MW-Multibrid-Anlage, die im ersten deutschen Offshore-Testfeld alpha ventus zum Einsatz kam. Anfang der 2000er-Jahre ging Siegfriedsen dann nach China und mischte dort den größten nationalen Windenergiemarkt ziemlich auf.

Eigentlich hätte sich der gebürtige Nordfriese entspannt zurücklehnen können, doch als Krönung seiner Laufbahn entstand die Idee einer schwimmenden Anlage. Mit der ebenfalls von ihm gegründeten aerodyn Engineering GmbH, einem kleinen, kompakten Team von Ingenieuren, arbeitet er seit 2015 aktiv an der Realisierung einer schwimmenden Offshore-Anlage: zuerst Nezzy mit einem Turm und einer Turbine mit zwei Flügeln und später Nezzy2 mit zwei Turbinen und jeweils drei Flügeln. Letzteres mutet noch futuristischer an, ist aber am Ende das effiziente Resultat des entscheidenden Motivs, von dem Siegfriedsen und sein eingeschworenes Mitarbeiter-Team angetrieben wurden: Die Kosten für die installierte Kilowatt Leistung im Offshore-Bereich deutlich zu senken!

Angekommen sei man jetzt bei Nezzy2 auf 4.000 Euro Herstellungskosten pro installierter Kilowattstunde. Zum Vergleich: Die Mitwettbewerber im Offshore-Herstellerbereich liegen derzeit bei 5.000 bis 7.000 Euro pro Kilowatt. „Wir müssen jetzt dem globalen Offshore Markt im Südchinesischen Meer zeigen, dass unsere Konstruktion in Originalgröße funktioniert“, setzt Siegfriedsen auf den Beginn einer neuen Offshore-Ära.

Hier können Sie den Bericht weiterlesen

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion “energiezukunft“ (Dierk Jensen) 2021 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! | energiezukunft | Heft 31/2021 | „Dezentral Erneuerbar – ein Update“ |  Jetzt lesen | Download

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