© Aka pixelio.de
© Aka pixelio.de

DER STANDARD-Kommentar: "Energiewende nicht zum Nulltarif" von Johanna Ruzicka

Die längst überfällige Ökostromnovelle macht noch keine glaubwürdige Politik

Wenn man so viel Geld in die Hand nimmt, muss auch was Anständiges rauskommen. Mit stattlichen 500 Millionen Euro im Jahr will die Regierung künftig den österreichischen Strommix nachhaltiger gestalten: Das heißt, mehr Windkraft, Kleinwasserkraft, Fotovoltaik, Biomasse in den Energiemix untermischen. Dabei war man schon bisher ganz gut unterwegs, was die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen betrifft, den vielen Flüssen und Staukraftwerken in den Alpen sei Dank. Bei den riesigen Fördervolumina, die mit dem neuen Ökostromgesetz bewegt werden, ist die Regierung quasi zum Erfolg verpflichtet. Und das muss mehr sein als der eingängig-_populistische Hinweis, dass durch die Ökostromnovelle Österreich künftig "unabhängig von Atomstrom" sein wird, wie die beteiligten Minister derzeit trommeln. Diese Kernenergie-Importe machen nämlich gerade einmal zwischen zwei und fünf Prozent des heimischen Strombedarfs aus. Damit ist diese vielbeachtete, aber doch geringfügige Menge an Atomstrom zielführender über Energieeffizienz-Maßnahmen wegzusparen, als über eine höhere Ökostrom-Aufbringung bilanziell zu substituieren. Um es klarzumachen: Die Ökostromnovelle ist wichtig und längst überfällig. Viele Konsumenten (und Teile der Wirtschaftstreibenden) sind wohl auch bereit, dafür in die Tasche zu greifen. Denn es ist klar, dass eine Energiewende, die unabhängig (besser, weil realistischer: unabhängiger) von fossilen Energieträgern macht, hoch an der Zeit ist. Dass diese Energiewende ein langfristiges Projekt ist, das besser schon gestern als heute eingeleitet werden sollte, ist den meisten der zahlenden Energiekonsumenten auch bewusst. Die Endlichkeit von Öl und Gas und die Importabhängigkeit von demokratiepolitisch fragwürdigen Staaten mit ihren reichen Vorkommen sowie der Klimaschutz machen eine alternative Energiepolitik notwendig. Die wahren Profiteure der Ökostromnovelle sind die vielen und trotz widriger Umstände recht potenten österreichischen Umweltfirmen. Diesen ist es in den letzten Jahren gelungen, den heimischen Öko-Stillstand zu überwinden und trotzdem zu reüssieren. Da sie in Österreich kaum einen Markt vorfanden, mussten sie sich auf Exportmärkten umsehen. Diese Firmen werden mit ihren Produkten und Lösungen künftig stärker auf dem Heimmarkt gefragt sein, dem neuen Ökostromgesetz sei Dank. Da alle Experten davon ausgehen, dass grüne Technologien der große Wachstumsmarkt der Zukunft sind und Arbeitsplätze vor allem im Bereich der "Green Technologies" entstehen werden, ist die Hoffnung fundiert, dass das Geld, das im Rahmen des Ökostromgesetzes in den nächsten Jahren verteilt wird, gut angelegt ist. Im besten Fall wird dieses Ökostromgesetz eine Schuhlöffelfunktion haben und die vielfältigen Technologien rund um die Erneuerbaren marktreif und wettbewerbsfähig gegenüber fossilen Energieträgern machen. Gleichzeitig bleibt eine ambitionierte Stromsparpolitik wichtig, muss verstärkt auf Energieeffizienz geachtet werden. Denn auch Ökostromproduktion stößt an Grenzen. Nicht jeder Fluss kann und soll verbaut werden. Ein Meer von Windrädern stößt bei der Bevölkerung auf wenig Sympathie. Biomasse darf nicht in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion treten. Hier bleibt die Politik vieles schuldig.

Rückfragehinweis: Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

* * OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT * *

OTS0349 2011-06-15/18:21


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /