Projekt läuft über drei Jahre

Walldorf testet Stromnetz aus Erneuerbaren

In Walldorf ist ein Pilotprojekt angelaufen, in dem die Integration unterschiedlicher Erzeuger und Verbraucher aus Erneuerbaren geprobt wird.

Die baden-württembergische Stadt Walldorf wird zum Schaufenster der Energiewende. Im Laufe des dreijährigen Forschungs- und Entwicklungsprojekts "Living Lab Walldorf" sollen zirka 40 Haushalte und Gewerbebetriebe in Walldorf mit intelligenter Technologie vernetzt werden, um dezentrale Energieanlagen wie Wärmepumpen, PV-Anlagen, Blockheizkraftwerke und Stromspeicher optimal aufeinander abgestimmt zu betreiben. Projektpartner sind BEEGY (Mannheim) und KEO (Köln) in Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Energieunternehmen MVV Energie, den Stadtwerken Walldorf, sowie dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und dem FZI Forschungszentrum Informatik.

"Ziel des Living Lab Walldorf ist es, die Zukunft einer dezentralen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien in der Praxis pilothaft umzusetzen, gemeinsam mit allen Beteiligten zu optimieren und zu bewerten", erklärt Christian Feißt, Geschäftsführer von Beegy. Die Pilotgebäude in Walldorf bilden eine Energie-Community: eine Gemeinschaft von Stromproduzenten und Stromkonsumenten, deren Rolle dynamisch wechselt. Basierend auf selbstlernender Software steuert intelligentes Energiemanagement den effizienten Austausch von Strom innerhalb der Pilotcommunity und darüber hinaus. So entsteht ein dezentrales Netzwerk, das regenerative Energien optimal einbindet und vorzugsweise vor Ort nutzbar macht. Unterstützend wird ein neuer Stromspeicher mit 100 kWh Kapazität in das Energiesystem des Quartiers eingebunden.

FZI-Projektleiter Professor Hartmut Schmeck stellt die aktive Rolle der Haushalte und Gewerbebetriebe in den Vordergrund: "Die stark verteilte und daher bisher nur geringfügig erschlossene Flexibilität kann mit dezentralen Koordinationsmechanismen optimal ausgeschöpft werden und ermöglicht uns auch hohe Anteile erneuerbarer Energien kostengünstig und sicher zu integrieren. Effiziente Algorithmen in einer hierarchischen Optimierungs- und Kommunikationsstruktur garantieren dabei Robustheit sowie Ressourcen- und Datensparsamkeit zugleich." Insbesondere kann ein solcher Verbund aus flexiblen Energieanlagen auch Schwankungen bei der Erzeugung regenerativer Energien ausgleichen.

"Eines der Ziele des Living Lab ist es daher, Software zur Steuerung und Optimierung von Virtuellen Kraftwerken und ihren Einzelkomponenten weiterzuentwickeln und das schon vorhandene smarte Potential nochmals zu steigern", meint Peter Kellendonk, Geschäftsführer der KEO GmbH. Dann können verstärkt in Zeiten von Stromüberschüssen, beispielsweise an einem windigen Sommertag mit hohen Erträgen aus Fotovoltaik und Windkraft, die Strom- und Wärmespeicher in den Gebäuden gefüllt werden. Die interoperable und intelligente Vernetzung durch den EEBus, ermöglicht es die Potenziale aller relevanten Geräte in den Häusern einzusammeln und für das dezentrale Netzwerk zur Verfügung zu stellen", so Kellendonk.

Eine wichtige Rolle kommt dem Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion (IIP) am Karlsruher Institut für Technologie zu, das die Beobachtungs- und Messergebnisse aus dem Feldtest direkt in die energiewirtschaftliche Modellierung einfließen lässt. KIT-Projektleiter Professor Wolf Fichtner: "Im Rahmen der Simulation werden im Pilotgebiet einige Regeln des Strommarkts, wie Netzgebühren, außer Kraft gesetzt und neue Ansätze zur Abrechnung und Marktregulation ausprobiert." Welche Innovationen das Projekt bereithalten kann, davon hat er bereits eine klare Vorstellung: "Die Höhe von Strompreisen könnte sich künftig unter anderem an der maximal bezogenen Leistung eines Haushalts orientieren – entgegen der bestehenden Praxis, dass verbrauchte Strommengen abgerechnet werden. Ganz ähnlich wie es bei Telefon- oder Internet-Datentarifen schon längst üblich ist." Quelle: Beegy / pgl

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