©  Karrer / Ragweed
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Widersacher, Konkurrenten oder neutrale Mitbewohner?

Naturwissenschaftler/innen der Universität Salzburg entwickelten eine Methode, das Verhältnis zwischen heimischer Flora und Fauna und neuen, eingeschleppten Arten zu bestimmen.

Das ermöglicht neue Einsichten in ökologische Zusammenhänge und Folgen des Klimawandels für Tiere und Pflanzen.

Unterschiedliche Pflanzen und Tiere besetzen unterschiedliche ökologische Nischen: Manche Organismen mögen es feuchter als andere, manche wärmer, und für wieder andere ist es wichtig, viel Sonne zu bekommen. Was passiert nun, wenn plötzlich neue Organismen in einem Gebiet auftauchen und mit den schon vorhandenen in einen Wettstreit um Lebensraum und Ressourcen treten? Pflanzen und Tiere mit kleinen Nischen sind in ihrer Existenz möglicherweise stärker gefährdet als solche mit großen Nischen. In Bezug auf diese sogenannte Nischentheorie gab es für Biologen bisher ungeklärte Fragen: Wie kann die Größe einer ökologischen Nische zuverlässig bestimmt werden? Und kann man feststellen, wie weit sich zwei Organismen in ihren Nischen überlappen und damit konkurrieren?

Ein Forscherteam bestehend aus Biologen (Robert Junker und Jonas Kuppler vom Fachbereich Ökologie und Evolution) und Statistikern (Arne Bathke, Manuela Schreyer und Wolfgang Trutschnig vom Fachbereich Mathematik) entwickelte eine Methode, um diese Fragen zu beantworten. Ihre Forschungsergebnisse erscheinen am 28. Juli 2016 in der Zeitschrift Methods in Ecology and Evolution



Mit ihrer Methode ist es erstmals möglich, Vorhersagen der Nischentheorie quantitativ auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem wurde eine Computer-Software entwickelt, die von Forschern weltweit kostenlos genutzt werden kann. Die Nischentheorie bietet einen wichtigen Erklärungsansatz zu der Entstehung und Erhaltung von Biodiversität und dient auch dazu, das Schicksal von Arten vorherzusagen, die einer verändernden Umwelt (z.B. Klimawandel) ausgesetzt sind.

Das Team wird die neue Methode in zahlreichen Studien einsetzen können und somit einen wertvollen Beitrag zum Verständnis von natürlichen Ökosystemen liefern. Unter anderem kommt die Methode zum Einsatz um selbst erhobene Daten aus Hawaii auszuwerten. Die Hawaiianischen Inseln sind durch ihre geographische Lage, mitten im Pazifischen Ozean, sehr artenarm, da die große Wasserfläche ein Hindernis für die meisten Tier- und Pflanzenarten darstellt. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts sind allerdings zahlreiche Arten unabsichtlich durch den Menschen auf die Inseln gelangt und stellen nun eine große Bedrohung für die heimische Flora und Fauna dar. Um das Bedrohungspotenzial der ‘invasiven Arten’ (zum Beispiel Honigbienen und Ameisen) zu quantifizieren und um die Mechanismen der Verdrängung der heimischen Arten (zum Beispiel endemische Kleidervögel und Maskenbienen) zu verstehen, kann die Nischentheorie helfen. Gemeinsam mit Hawaiianischen Kollegen konnte das Team feststellen, dass heimische Arten kleinere Nischen besetzen als invasive. Dies zeigt an, dass die heimischen Arten wesentlich wählerischer in Ihrer Nahrungswahl sind als die invasiven und deshalb nicht auf ein breites Spektrum an Ressourcen zurückgreifen können. Im Gegensatz dazu können die invasiven Arten oft sämtliche verfügbaren Ressourcen ausbeuten und so den heimischen Arten die Nahrungsgrundlage entziehen.

Für diese Erkenntnisse war die Anwendung der neuen Methode essentiell, da erstmals zahlreiche Charakteristika der Nahrungsressourcen vereinigt werden konnten und so in die Berechnung der Nischengrößen eingeflossen sind. In zukünftigen Arbeiten soll die Methode genutzt werden, um die Veränderungen von Ökosystemen in den österreichischen Alpen durch den Klimawandel zu quantifizieren.

Publiziert in: Methods in Ecology and Evolution http://onlinelibrary.wiley.com/wol1/doi/10.1111/2041-210X.12611/full


Artikel Online geschaltet von: / stevanov /