© Gerd Altmann / geralt- pixabay.com
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Schweiz: AKW Leibstadt soll trotz Schäden ans Netz!

Die Ursache für Schäden an den Brennelementen sind ungeklärt, trotzdem will man ab Mitte Februar grünes Licht für eine Wiederinbetriebnahme geben

Einzigartiges Schadensausmass

Bereits seit Anfang August 2016 ist das AKW Leibstadt ausser Betrie, da bei der Revision Schäden entdeckt wurden. Die ordentliche Revision wurde um knapp sechs Monate verlängert, weil fast 50 Brennelemente von Oxidationen, mit Rost zu vergleichen, betroffen sind. Die Atomaufsichtsbehörde ENSI verlangte genauere Analysen, bevor die Anlage wieder ans Netz gehen darf. Wie nun Greenpeace Schweiz und die "Rundschau" im Schweizer Fernsehen SRF berichten, wurden von der ENSI, der Aufsichtsbehörde, nun die Freigabe für die Kernbeladung erteilt. Das bedeutet, eine Wiederinbetriebnahme per Mitte Februar scheint mehr als sicher. Wie SRF berichtet, ist noch ungeklärt, woher die Oxidationen kommen bzw. was die unzureichende Kühlung der Brennelemente («Dryout») verursacht hat.

"Solange man im Dunkeln tappt, sollte eine Wiederinbetriebnahme nicht in Frage kommen", sagt Florian Kasser, Atomexperte bei Greenpeace Schweiz. Wie das ENSI selbst mitteilte, ist das Problem bereits seit dem Sommer 2015 bekannt. Leibstadt-Kraftwerksleiter Andreas Pfeiffer sagt selbst im Rundschau-Beitrag, dass der Grund für die Schäden noch immer nicht geklärt sei, trotz anderthalbjähriger Suche.

"Das ENSI handelt sehr unvorsichtig, denn das Ausmass dieses Problems ist weltweit einzigartig", so Kasser. Diese schockierende "Weltpremiere" hat Pfeiffer im Fernsehbeitrag bestätigt. Damit gibt es keine Erfahrungswerte, auf deren Basis die Aufsichtsbehörde eine Wiederinbetriebnahme-Erlaubnis für das AKW Leibstadt rechtfertigen kann. Die AKW-Betreiberin hat zwar angekündigt, dass die Leistung von Leibstadt um 120 Megawatt gesenkt wird – das entspricht einer Reduktion um 10 Prozent. "Die angekündigte Leistungsreduktion mag das Problem entschärfen, behoben ist es damit kaum", meint Greenpeace-Atomexperte Kasser.

Situation falsch eingeschätzt

Es scheint, dass sowohl die Betreiberin des AKW als auch die Atomaufsicht die Situation falsch einschätzen. Greenpeace Schweiz verlangt nun sofort die Veröffentlichung aller Dokumente, die dem ENSI in dieser Sache vorliegen. Die von den Oxidationen betroffenen Brennelement-Hüllen stellen eine wichtige Schutzbarriere dar und dürfen keine derartigen Schäden aufweisen. Deren Versagen würde das Risiko von Freisetzungen von radioaktiven Schadstoffen in die Umwelt beträchtlich steigern. Und wie weit sich solche Stoffe verbreiten können bzw. auf die Gesundheit und die Umwelt auswirken, dürfte mittlerweile mehr als klar sein.
SRF Rundschau Videos 1. Feb. 2017:
Ursache für Schäden unbekannt – AKW soll trotzdem ans Netz


ENSI
https://www.ensi.ch/de/2016/12/19/befunde-an-brennelementen-im-kkw-leibstadt-ensi-stuft-vorkommnis-mit-ines-1-ein-und-prueft-eingereichte-massnahmen/
https://www.ensi.ch/de/2016/12/19/kkl-befunde-an-brennelementen-verstaerkte-oxidation-an-huellrohren-von-brennstaeben-vom-12-august-2016/
https://www.ensi.ch/de/2016/12/19/dryout-vermeidung-von-unzureichend-gekuhlten-brennstaben/
https://www.ensi.ch/de/themen/kkw-leibstadt/


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /