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ÖAMTC und Ökosoziales Forum fordern Neuauflage der Ökoprämie

Verjüngung des Pkw-Bestandes bringt mehr Verkehrssicherheit, weniger Schadstoffe und kurbelt Wirtschaft an

Aktuell sind auf Österreichs Straßen noch rund 1,6 Millionen Autos unterwegs, die lediglich der Abgasklasse Euro 3 oder schlechter entsprechen. Dies stellt in etwa ein Drittel des österreichischen Pkw-Bestandes dar. Dieses Drittel ist jedoch für die Hälfte (49 Prozent) der Stickstoffoxid- und beinahe für alle (95 Prozent) Feinstaub-Emissionen des Pkw-Verkehrs verantwortlich. "Im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz ist es dringend geboten, insbesondere diesen Teil der Flotte durch neue und saubere Autos zu ersetzen", erklärt Dr. Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums. Der ÖAMTC und das Ökosoziale Forum forderten daher heute, 12. Juli 2017, eine Neuauflage der Ökoprämie in angepasster Form. "Bereits mit fünf Prozent der jährlichen Tanktourismus-Einnahmen lassen sich innerhalb von drei Jahren rund zehn Prozent der Pkw mit den höchsten Emissionen von der Straße holen", erklärt ÖAMTC-Direktor DI Oliver Schmerold den Hintergrund für die gemeinsame Forderung. "Vorgaben von Klimakonferenzen sind wichtig, sie allein reichen jedoch nicht. Wir brauchen die Umsetzung. Die Ökoprämie leistet auch spürbare Beiträge zum Klimaschutz ", ergänzt Pernkopf.

Ökoprämie-NEU im Detail

Nach Vorstellung des ÖAMTC und des Ökosozialen Forums soll es für die Verschrottung eines Fahrzeuges der Abgasklasse 0 bis 3 bei gleichzeitigem Kauf eines neuen Pkw eine Förderung von 2.000 Euro geben. "Um die Schadstoff-Emissionen gesichert zu reduzieren, sollen nur saubere Neufahrzeuge ab der Euro-Abgasklasse 6d-TEMP gefördert werden. Das sind Autos, die nach dem 1. September 2017 neu typisiert wurden", stellt Pernkopf klar. Schmerold ergänzt: "So ist gewährleistet, dass bei den geförderten Pkw bereits sogenannte RDE-Messungen, also Emissions-Messungen im Straßenbetrieb, vorgenommen wurden."

Zudem soll für die Ökoprämie-NEU eine CO2-Obergrenze von 120 g/km gelten. Wichtig ist aus Sicht des ÖAMTC und des Ökosozialen Forums auch, dass die Ökoprämie mit der E-Auto-Ankaufsförderung kombinierbar ist, weshalb es auch zu einer Verlängerung der Ankaufsförderung für E-Autos analog zur dreijährigen Laufzeit der Ökoprämie-NEU kommen sollte. "Die Förderung von E-Autos ist wichtig und richtig - allerdings müssen wir auch jenen ein Angebot machen, die sich trotz Förderung kein E-Auto leisten können oder für deren Mobilitätsbedürfnisse E-Autos derzeit noch keine praktikable Option darstellen", so Pernkopf.

Ökoprämie durch Tanktourismus finanzieren

Die Neuauflage der Ökoprämie soll zu gleichen Teilen vom Staat und dem Fahrzeughandel finanziert werden. "Die MÖSt-Einnahmen aus dem Tanktourismus beliefen sich in den vergangenen Jahren jährlich auf rund eine Milliarde Euro", erläutert ÖAMTC-Direktor Schmerold. "Schon mit fünf Prozent der Tanktourismus-Einnahmen ließe sich der staatliche Anteil an der Ökoprämie-NEU und damit ein wesentlicher Beitrag zur Mobilitätswende finanzieren." Ausgehend von den Erfahrungen der Ökoprämie 2009 rechnen ÖAMTC und Ökosoziales Forum damit, dass der geförderte Neuwagenkauf insgesamt 600 Millionen Euro an Umsatzsteuer- und NoVA-Einnahmen auslöst. "Damit sind die zu erwartenden Steuereinnahmen viermal so hoch wie die Ausgaben für die Ökoprämie-NEU", rechnet Schmerold vor.

Pernkopf fasst zusammen: "Wir erwarten uns von der Ökoprämie drei Effekte: Einen ökologischen Effekt, weil Emissionen verringert werden. Einen ökonomischen Effekt, weil die Wirtschaft angekurbelt wird. Und auch einen sozialen Effekt, weil die Verkehrssicherheit erhöht wird."

Forcierter Umstieg auf Euro 6 Pkw senkt Zahl der Verkehrstoten

Aus der Unfallstatistik 2016 geht hervor, dass mehr als die Hälfte (56 Prozent) der getöteten Pkw- Insassen in Autos der Euro-Klassen 0-3 verunglückten, obwohl deren Anteil am Pkw-Gesamtbestand lediglich rund ein Drittel (34 Prozent) in Österreich ausmachen. "Neuere Autos verfügen über eine signifikant bessere Sicherheitsausstattung, was auch zu einer Senkung der Anzahl der Verkehrstoten im Allgemeinen führt", erläutert Schmerold abschließend.

VCÖ: Keine bessere Umweltbilanz durch "Ökoprämie"

Die geforderte "Ökoprämie" führt nicht zur erhofften verbesserten Umweltbilanz des Verkehrs, so der VCÖ. Sowohl die tatsächlichen Abgas-Emissionen als auch die tatsächlichen klimaschädlichen CO2-Emissionen sind deutlich höher, als die Herstellerangaben versprechen. Das wurde unter anderem auch im Zuge des Dieselskandals sichtbar. Wenn das Ziel eine Verbesserung der Umweltbilanz des Verkehrs ist, dann müsste die Prämie für die Rückgabe eines alten Autos an den Kauf einer Jahreskarte für den Öffentlichen Verkehr oder eines (Elektro)-Fahrrads gekoppelt sein.

"Für die Umwelt ist einzig und allein relevant, was ein Auto beim Fahren auf der Straße an gesundheitsschädlichen Schadstoffen und klimaschädlichem CO2 ausstößt. Diese realen Emissionen haben aber immer weniger mit den Werten zu tun, die bei den Tests am Prüfstand unter Laborbedingungen ermittelt werden. Deshalb bringt uns eine Kaufprämie für Neuwagen den Klimaschutzzielen nicht näher", stellt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen fest. Allein bei der Herstellung eines Pkw werden im Schnitt rund vier Tonnen klimaschädliche Treibhausgase verursacht, das entspricht der Menge CO2, die im Schnitt rund 24.000 Kilometer Autofahren verursachen, macht der VCÖ aufmerksam.

Der VCÖ erinnert an die Fakten: Eine Studie des Umweltbundesamts hat gezeigt, dass sich die Abweichung des Spritverbrauchs und damit der CO2-Emissionen bei Neuwagen zwischen 2001 und 2014 von 7 auf 34 Prozent fast verfünffacht haben. Europäische Studien bestätigen dieses Ergebnis. Die angedachte CO2-Grenze von 120 Gramm pro Kilometer ist auch deshalb wenig wirkungsvoll. Zudem können etwa durch Hybrid-Motoren auch große SUV am Papier diesen Wert unterschreiten.

Im Zuge des Dieselskandals haben Messungen des renommierten Forschungsinstituts ICCT gezeigt, dass neue Diesel-Pkw der Abgas-Norm EURO6 beim Fahren auf der Straße im Schnitt sechsmal so große Stickoxidmengen emittieren wie am Prüfstand im Labor ermittelt wird.

"Wir können auch aus den Fehlern der Ökoprämie des Jahres 2009 lernen", stellt VCÖ-Expertin Rasmussen fest. Damals wurde in Österreich für EURO4 und EURO5 Modelle eine Prämie bezahlt. Heuer haben Messungen des deutschen Umweltbundesamts ein ernüchterndes Ergebnis über die realen Schadstoffwerte dieser Fahrzeuge gezeigt: Statt 250 mg Stickoxide pro Kilometer, wie der Grenzwert verspricht, waren die Stickoxid-Emissionen bei den EURO4-Diesel-Pkw mit durchschnittlich 674 mg mehr als zweieinhalb Mal so hoch. Und die neueren angeblich saubereren EURO5-Diesel-Pkw erwiesen sich in der Realität mit einem Ausstoß von durchschnittlich 906 mg NOx sogar als noch schmutziger (der reale Wert liegt um das fünffache über den Grenzwert für den Abgastest unter Laborbedingungen). Auch aufgrund dieser Erfahrungen kann den Versprechungen über angeblich in Zukunft besonders schadstoffarme Diesel- oder Benzin-Pkw wenig Glauben geschenkt werden.

"Wenn das Ziel eine Verbesserung der Klimabilanz des Verkehrs ist, dann ist einzig die Variante einer Umstiegsprämie - also beispielsweise Öffi-Jahreskarte statt altes Autos - sinnvoll", so VCÖ-Expertin Rasmussen. Damit würde auch ein wirklich wirksamer Beitrag zur Verkehrssicherheit geleistet, weil das Unfallrisiko mit dem Pkw um ein Vielfaches höher ist als mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist eine staatliche Förderung für eine Technologie mit absehbarem Ablaufdatum abzulehnen. Das UN-Klimaabkommen von Paris bedeutet den globalen Ausstieg aus fossiler Energie und damit auch aus Erdöl bis spätestens zum Jahr 2050. Etliche Staaten und Autohersteller haben schon ein früheres Ende für neue Diesel- und Benzin-Pkw geplant, wie etwa Volvo bei den Herstellern sowie die Niederlande, Norwegen und zuletzt Frankreich bei den Staaten. "Damit wir für Österreich Arbeitsplätze mit Zukunft sichern, braucht es Investitionen in Technologien, die eine nachhaltige Zukunft haben. Und diese haben Pkw mit Verbrennungsmotoren definitiv nicht", so VCÖ-Expertin Rasmussen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /