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© ClipDealer.com | pxhidalgo | EPHA-Generalsekretär Sascha Marschang sagt dazu: “Unsere Studie offenbart das Ausmaß des Schadens von dreckiger Luft für die menschliche Gesundheit. Außerdem werden die enormen Ungleichheiten im Gesundheitsbereich zwischen, aber auch innerhalb der europäischen Länder deutlich.“

EU-Kommission verklagt Deutschland und fünf weitere Mitgliedsstaaten wegen Luftverschmutzung

Die Kommission hat heute (Donnerstag) beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Deutschland, Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und das Vereinigte Königreich eingereicht, weil die vereinbarten Grenzwerte für die Luftqualität nicht eingehalten werden und in der Vergangenheit keine geeigneten Maßnahmen ergriffen wurden.

Die Kommission bietet zudem den Akteuren auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene praktische Hilfe zur Verbesserung der Luftqualität. Darüber hinaus übermittelt die Kommission zusätzliche Aufforderungsschreiben an Deutschland, Italien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich, da diese Länder die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen missachten.

Die sechs Mitgliedstaaten haben keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Zeiträume, in denen die Grenzwerte überschritten werden, so kurz wie möglich zu halten. In Deutschland wurden die Grenzwerte in 26 Gebieten überstiegen, besonders betroffen sind die Großstädte Berlin, München, Hamburg, Köln, Stuttgart und Düsseldorf.

Der für Umwelt zuständige EU-Kommissar Karmenu Vella erklärte dazu: „Die Entscheidung, Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, wurde im Namen der Europäerinnen und Europäer getroffen. Wir haben immer gesagt, dass diese Kommission eine schützende Kommission ist, und unsere Entscheidung folgt diesem Anspruch. Die heute vor dem Gerichtshof angeklagten Mitgliedstaaten haben in den zurückliegenden zehn Jahren genügend ‚letzte Chancen‘ erhalten, um die Situation zu verbessern. Ich bin überzeugt, dass die heutige Entscheidung sehr viel schneller zu Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger führen wird. Doch rechtliche Schritte allein werden das Problem nicht lösen. Deshalb legen wir dar, durch welche praktische Hilfe die Kommission die Anstrengungen der nationalen Behörden für eine sauberere Luft in europäischen Städten und Gemeinden unterstützen kann.“

Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska fügte hinzu: „Wir werden die Luftverschmutzung in Städten nur dann erfolgreich bekämpfen können, wenn auch die Autoindustrie ihren Teil dazu beiträgt. Emissionsfreie Fahrzeuge sind die Zukunft. Doch in der Zwischenzeit ist die Einhaltung der Emissionsvorschriften ein Muss. Hersteller, die weiterhin gegen die Vorschriften verstoßen, müssen die Konsequenzen für ihr Fehlverhalten tragen.“

Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung

Um die verkehrsbedingten Luftschadstoffemissionen zu verringern, wird die Kommission ihre Zusammenarbeit mit nationalen, regionalen und lokalen Behörden im Hinblick auf einen gemeinsamen integrierten Ansatz für Zufahrtsregelungen für Fahrzeuge in Städten im Rahmen der EU-Städteagenda weiter ausbauen.

Darüber hinaus hat die Kommission eine weitreichende Reform angestoßen, um sicherzustellen, dass die Luftschadstoffemissionen von Fahrzeugen unter realen Fahrbedingungen gemessen werden (siehe häufig gestellte Fragen).

Die heute von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen beruhen auf drei Grundpfeilern und zwar Luftqualitätsnormen, nationalen Emissionsreduktionszielen und Emissionsnormen für die wichtigsten Verschmutzungsquellen, darunter Fahrzeug- und Schiffsemissionen, Energieerzeugung und Industrie.

Die Durchsetzung verbessern

Die Kommission ergreift Maßnahmen, um den erheblichen und anhaltenden Überschreitungen der Grenzwerte für zwei wichtige Schadstoffe mit Auswirkungen auf die Gesundheit entgegenzutreten: Stickstoffdioxid, das im Wesentlichen im Straßenverkehr und in der Industrie entsteht, und Feinstaub, der vor allem in Emissionen aus Industrie, privaten Heizungsanlagen, Verkehr und Landwirtschaft auftritt.

Am 30. Januar 2018 hatte Kommissar Vella einen Ministergipfel zum Thema Luftqualität einberufen, um einen letzten Versuch zu unternehmen, das ernsthafte Problem der Luftverschmutzung in neun Mitgliedstaaten zu lösen. Die genannten sechs Mitgliedstaaten haben keine überzeugenden, wirksamen und zeitgerechten Maßnahmen vorgeschlagen, um die Verschmutzung schnellstmöglich – wie es das EU-Recht vorschreibt – unter die vereinbarten Grenzwerte zu senken. Daher hat die Kommission beschlossen, rechtliche Schritte einzuleiten.

Die von der Tschechischen Republik, der Slowakei und Spanien durchgeführten oder geplanten Maßnahmen, die sie der Kommission im Anschluss an den Ministergipfel zum Thema Luftqualität mitgeteilt haben, sind allem Anschein nach geeignet, die festgestellten Mängel zu beheben, wenn sie richtig umgesetzt werden. Aus diesem Grund wird die Kommission die Umsetzung dieser Maßnahmen sowie deren Wirksamkeit bei der schnellstmöglichen Bereinigung der Situation weiterhin genau beobachten.

Typengenehmigung: Nächste Stufe in Vertragsverletzungsverfahren gegen 4 Mitgliedstaaten

Die Kommission unternimmt zudem weitere Schritte in ihren Vertragsverletzungsverfahren gegen vier Mitgliedstaaten, da diese die EU-Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen missachten. Somit hat die Kommission heute beschlossen, zusätzliche Aufforderungsschreiben an Deutschland, Italien, Luxemburg und das Vereinigte Königreich zu senden.

Die Typgenehmigungsvorschriften der EU sehen vor, dass die Mitgliedstaaten über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionssysteme verfügen, um Autohersteller davon abzuhalten, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Finden derartige Rechtsverstöße statt, z. B. durch die Verwendung von Abschalteinrichtungen zur Verringerung der Wirksamkeit von Emissionskontrollsystemen, müssen Abhilfemaßnahmen – wie Rückrufe – angeordnet und Sanktionen verhängt werden (Artikel 30 und 46 der Richtlinie 2007/46/EG und Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007).

Die Kommission hat bezüglich des VW-Konzerns im Dezember 2016 Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich eingeleitet und im Juli 2017 ergänzende Aufforderungsschreiben mit der Forderung nach weiteren Klarstellungen übermittelt.

Heute übersendet die Kommission zusätzliche Aufforderungsschreiben, in denen sie weitere Informationen über die nationalen Untersuchungen und rechtlichen Schritte im Zusammenhang mit diesen Verstößen anfordert. Nachdem neue Fälle von Unregelmäßigkeiten bei der Motorsteuerung in mehreren Dieselfahrzeugen (Porsche Cayenne, Volkswagen Touareg und in verschiedenen Audi A6 und A7) festgestellt wurden, fragt die Kommission außerdem bei Deutschland und Luxemburg als den zuständigen Typgenehmigungsinstanzen nach, welche Abhilfemaßnahmen und Sanktionen geplant sind. Weitere Klarstellungen fordert die Kommission vom Vereinigten Königreich bezüglich der geplanten nationalen Rechtsvorschriften.

Ein zusätzliches Aufforderungsschreiben stellt ein offizielles Auskunftsersuchen dar. Die Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Kommission zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission beschließen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln.

Hintergrund

Die Luftqualität in der Europäischen Union hat sich in den letzten Jahrzehnten insgesamt verbessert, oftmals dank gemeinsamer Anstrengungen der Behörden auf EU-Ebene und der nationalen, regionalen und lokalen Behörden. Dennoch ist die Lebensqualität vieler EU-Bürgerinnen und -Bürger nach wie vor in unannehmbarer Weise beeinträchtigt. Chronische und schwere Krankheiten wie Asthma, Herz-Kreislauf-Probleme und Lungenkrebs sind oftmals unmittelbar auf Luftverschmutzung zurückzuführen.

Die heute beschlossenen Klagen vor dem Gerichtshof betreffen die Überschreitung von Luftqualitätsnormen.

 Stickstoffdioxid (NO2):

  • Deutschland – in 26 Luftqualitätsgebieten, darunter Berlin, München, Hamburg und Köln; die im Jahr 2016 gemeldeten Jahreskonzentrationen beliefen sich z. B. in Stuttgart auf bis zu 82 µg/m³ bei einem Grenzwert von 40 µg/m³.

  • Frankreich – in 12 Luftqualitätsgebieten, darunter Paris, Marseille und Lyon; die im Jahr 2016 gemeldeten Jahreskonzentrationen beliefen sich z. B. in Paris auf bis zu 96 µg/m³.

  • Vereinigtes Königreich – in 16 Luftqualitätsgebieten, darunter London, Birmingham, Leeds und Glasgow; die im Jahr 2016 gemeldeten Jahreskonzentrationen beliefen sich z. B. in London auf bis zu 102 µg/m³.

Insgesamt sind 13 Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten anhängig (Belgien, die Tschechische Republik, Deutschland, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Ungarn, Österreich, Polen, Portugal und das Vereinigte Königreich).

Die heutigen Beschlüsse zu Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich sind die ersten, die vor den Gerichtshof gebracht werden. In allen drei Fälle wurden im Februar 2017 mit Gründen versehene Stellungnahmen übermittelt.

 Feinstaub (PM10):

  • Italien – in 28 Luftqualitätsgebieten, darunter auch die Regionen Lombardei, Piemont, Latium und Venetien, wurden die Tagesgrenzwerte 2016 anhaltend überschritten, und zwar an bis zu 89 Tagen.

  • Ungarn – in 3 Luftqualitätsgebieten, nämlich in Budapest, Pecs und im Sajó-Tal, wurden die Tagesgrenzwerte 2016 anhaltend überschritten, und zwar an bis zu 76 Tagen.

  • Rumänien – im Ballungsraum Bukarest werden die Tagesgrenzwerte bereits seit Inkrafttreten der EU-Vorschriften in Rumänien anhaltend überschritten, im Jahr 2016 an 38 Tagen.

Insgesamt sind 16 Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten anhängig (Belgien, Bulgarien, die Tschechische Republik, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Lettland, Ungarn, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Slowakei und Schweden). Am 5. April 2017 bzw. am 22. Februar 2018 wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt, dass Bulgarien und Polen gegen EU-Recht verstoßen.

Der heutige Beschluss folgt auf eine mit Gründen versehene Stellungnahme, die im April 2017 an Italien übermittelt wurde, eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme, die im September 2014 an Rumänien gerichtet wurde, sowie eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme, die Ungarn im März 2014 zuging.

In allen Fällen, in denen die in den EU-Rechtsvorschriften über die Luftqualität (Richtlinie 2008/50/EG) festgelegten Grenzwerte überschritten werden, müssen die Mitgliedstaaten Luftqualitätspläne verabschieden und sicherstellen, dass diese Pläne geeignete Maßnahmen enthalten, durch die der Zeitraum, in dem die Grenzwerte überschritten werden, so kurz wie möglich gehalten werden kann. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip haben die Mitgliedstaaten nach EU-Recht die Wahl, wie sie die Einhaltung der Grenzwerte erreichen.

Quelle

Europäische Kommission 2018

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