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igb-berlin.de | Dominik Zak | Moor in Schottland

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Moore: manchmal unheimlich, aber vor allem unheimlich wichtig

Seit dem 20. Jahrhundert sind mehr als 90 Prozent aller Feuchtgebiete, darunter auch die Moore, im mittel- und westeuropäischen Binnenland verschwunden.

Moore sind hier besonders im nördlichen Mitteleuropa verbreitet. Sie wurden trocken gelegt, um sie landwirtschaftlich zu nutzen oder um Torf als Brennstoff zu gewinnen. Heute weiß man, dass Moore die effektivsten Kohlenstoffspeicher innerhalb der Landökosysteme sind. Außerdem sind sie Hotspots der Biodiversität. Die Wiedervernässung von Mooren ist also ein wichtiger Beitrag zum Klima- und Artenschutz. Vom 21. bis zum 29. Oktober 2018 fand in Dubai die „Conference of the Contracting Parties to the Ramsar Convention on Wetlands (COP13)” statt, das Treffen der Mitglieder der Ramsar-Konvention zum Schutz der Feuchtgebiete. Forschende vom IGB begleiten die Renaturierung ehemaliger Moorflächen vor allem im Nordosten von Deutschland mit ihrer Expertise.

Moore zählen zu den Landschaften, um die sich viele Geschichten ranken – meist in einem furchteinflößenden Kontext. Nur wenigen ist klar, welche wichtigen Funktionen Moore erfüllen. „Moore sind manchmal ziemlich gruselig, aber vor allem ihr Verlust mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt sollte uns unheimlich sein“, sagt Dr. Dominik Zak. Der Wissenschaftler hat früher am IGB geforscht und arbeitet nun an der Universität Aarhus in Dänemark. Obwohl Moore nur etwa drei Prozent des globalen Festlandes einnehmen, binden sie 20 bis 30 Prozent der gesamten Kohlenstoffvorräte aller Böden. Das entspricht etwa 40 bis 60 Prozent des gesamten CO2-Gehalts unserer Atmosphäre. Neben großen Mengen an Kohlenstoff binden Moore zudem auch die Nährstoffe Phosphor und Stickstoff in den Torfen. Werden Moore trocken gelegt, sinkt der Wasserspiegel und die sonst sauerstofffreien Böden werden belüftet. „Das führt dazu, dass Nährstoffe und Treibhausgase wieder freigesetzt werden“, erklärt Dominik Zak das Problem.

Weltweit geht jährlich immer noch etwa ein Prozent der gesamten Moorflächen verloren. In Deutschland sind bereits fast alle Moorflächen entwässert, nur noch etwa zwei Prozent der ursprünglichen Moorfläche sind in einem naturnahen Zustand. Es gibt aber auch einige Lichtblicke, so laufen europaweit vielfältige Aktivitäten zur Revitalisierung von Mooren. „Vor 43 Jahren trat die Ramsar-Konvention als Übereinkommen über den Schutz von Feuchtgebieten in Kraft. Seit dieser Zeit ist viel passiert”, so Dr. Jörg Gelbrecht, Moor-Experte des IGB. „Eine Revitalisierung ist jedoch nicht ganz einfach“, räumt Gelbrecht ein, „denn eine erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen hängt ganz wesentlich von einem Konsens der verschiedenen Akteure des Naturschutzes, des Gewässer- und Klimaschutzes sowie der Landnutzer ab, wobei Risiken bei einer Moor-Wiedervernässung bewertet werden sollten“. Nach Jahrzehnten der Entwässerung seien Moorböden oft stark degradiert, hätten Nährstoffe angereichert und an Oberfläche verloren, sagt der Wissenschaftler. Tiefgründig entwässerte Moore benötigen deshalb oft mehrere Jahrzehnte, bis sie ihre ursprünglichen landschaftsökologischen Funktionen wieder übernehmen.

Auf den in Mitteleuropa weit verbreiteten Niedermooren entstehen bei der Wiedervernässung häufig Flachseen. Das sind neue, hoch dynamische Ökosysteme, die rasch von sehr seltenen und stark gefährdeten Vogelarten besiedelt werden. In der Anfangsphase werden aber auch oft große Mengen des Treibhausgases Methan, außerdem Phosphor sowie gelöste organische Substanz (DOM) aus den oberen Torfschichten freigesetzt, was die gewünschten Effekte zunächst konterkariert und im Extremfall auch angrenzende Gewässer belasten kann. Die IGB-Forscher entwickelten auf der Grundlage umfangreicher Feld- und Laborarbeiten ein vereinfachtes Verfahren zur Risikoabschätzung der Folgen einer Wiedervernässung von Mooren vor allem für die Beeinflussung angrenzender Gewässer und der Freisetzung von Klimagasen. So kann der Oberbodenabtrag eine Maßnahme sein, diese Risiken zu minimieren. Trotz einiger Vorteile ist er jedoch nicht als universelle Maßnahme bei der Moorrestaurierung zu empfehlen. Für die dringend notwendigen Moor-Wiedervernässungen sollten daher auch Kenntnisse zur hydrologischen Situation, zum aktuellen und zukünftigen Vorkommen moortypischer Arten und Strategien zu möglichen „nassen“ Moornutzungen vorliegen. Von größter Bedeutung ist zusätzlich eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, um eine breite gesellschaftliche Akzeptanz der geplanten Maßnahmen zu erreichen.

  • Lesen Sie die Publikation im Journal of Applied Ecology > Dominik Zak; Tobias Goldhammer; Alvaro Cabezas; Jörg Gelbrecht; Robert Gurke; Carola Wagner; Hendrik Reuter; Jürgen Augustin; Agata Klimkowska; Robert McInnes: Top soil removal reduces water pollution from phosphorus and dissolved organic matter and lowers methane emissions from rewetted peatlands. Journal of Applied Ecology. – 55(2018)1, p. 311-320

igb-berlin.de | Dominik Zak | Moor in Beestlandigb-berlin.de | Moorforscher Dominik Zak und ein Kollege nehmen Proben in einem wiedervernässten Moor.
Quelle

Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) 2018

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