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Deutscher Gewässerzustand: Kritisch

WWF-Report: Bundesländer-Ranking zu Wasserqualität und Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie – Umweltministerkonferenz zum Handeln aufgefordert.

Zu viel Nitrat und Quecksilber, hinzukommen Begradigungen, Vertiefungen, Wehre und Stauanlagen – der Zustand deutscher Gewässer ist flächendeckend prekär und verstößt gegen die Wasserrahmenrichtlinie. Zudem gibt es bei der Umsetzung einer nachhaltigen Wasserpolitik gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Das ist das Ergebnis einer WWF-Untersuchung, die die Naturschutzorganisation am Montag in Berlin vorgestellt hat.

Demnach bilden Rheinland-Pfalz, Bayern oder Schleswig-Holstein zwar die Spitzengruppe beim Wasserschutz. Doch auch sie bleiben weit hinter den gesetzlichen Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zurück. Laut WWF-Vorstand Christoph Heinrich sind sie nur „die Einäugigen unter den Blinden“. Zum Mittelfeld gehören Hessen, Thüringen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland,  und Baden-Württemberg. Die Nachzügler sind Berlin, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Eine Bewertung für Hamburg und Bremen war laut WWF nicht möglich. Beide Ländern  haben ihre Fließgewässer alle als „erheblich beeinträchtigt“ eingestuft, so dass keine natürlichen Fließgewässer mehr in Bremen  und Hamburg vorkommen.

Insgesamt zeichnet die WWF-Analyse, die auf offiziellen Behördendaten fußt, ein alarmierendes Bild: Für über ein Drittel der deutschen Grundwasservorkommen wird ein „schlechter chemischer Zustand“ konstatiert. Grund hierfür sind die gravierenden Nitrateinträge durch den Agrarsektor. Diese bleiben eines der größten, ungelösten Probleme der deutschen Wasserproblematik. Die Quecksilberbelastung, vor allem eine Folge der massiven Kohlestromerzeugung in Deutschland, liegt beinahe flächendenkend über den  in der Wasserrahmenrichtlinie festgeschrieben Grenzwerten. Derartige Überschreitungen führen zu einer Gefährdung  der Gewässerorganismen und der menschlichen Gesundheit. Jahrzehntelang wurden selbst kleinste Fließgewässer unter Ingenieursgesichtspunkten begradigt und damit ihrer „ökologischen Seele“ beraubt. Praktisch alle Flüsse sind als Wasserstraßen ausgebaut. Mithin können nur noch 8 Prozent der deutschen Bäche und Flüsse  als ökologisch intakt bezeichnet werden.

„Insgesamt verfehlen alle sechszehn Bundesländer die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie“, kritisiert Heinrich. Anlässlich der am Mittwoch startenden Umweltministerkonferenz in Bremen der Länder fordert er daher die Landespolitik auf, „den Gewässerschutz endlich ernst zu nehmen“  und die Richtlinie konsequent umsetzen. „Es wurde zu lange weggesehen, wenn weite Teile der Industrie und des Agrarsektors auf Kosten unseres Wassers gewirtschaftet haben. Das Problem wurde verschleppt. Notwendig sind mehr Geld, mehr Personal und vor allem der politische Wille, unser Wasser zu schützen.“  Bei der laufenden regulären Überprüfung der WRRL muss Deutschland sich auf EU-Ebene für den Erhalt des heutigen Rechtsrahmens offensiv aussprechen. Die Bestrebungen auf EU-Ebene – auf Drängen von Industrie-Lobby und einigen Mitgliedstaaten – die Zielvorgaben der Wasserrahmenrichtlinie aufzuweichen, Fristen zu verlängern und damit insgesamt den Wasserschutz zu schwächen bezeichnete Heinrich als „absolut kontraproduktiv und gefährlich“. Außerdem forderte er angesichts der Nitrat- und Quecksilberbelastung eine Wende in der Landwirtschaft und einen zügigen Ausstieg aus der Kohlestromerzeugung.

Zu Grafik: Abbildung 1 zeigt im Ranking der Bundesländer, inwieweit diese die Zielefür die Oberflächengewässer und das Grundwasser der WRRL bishererreicht haben (Zeitpunkt 2015).
Bayern (BY), Rheinland-Pfalz (RP), und Schleswig-Holstein (SH) sindbei der Erreichung der Ziele der WRRL in Deutschland vorne (Gruppe I).Im Mittelfeld (Gruppe II) liegen Hessen (HE), das Saarland (SL), Baden-Württemberg (BW), Thüringen (TH), Brandenburg (BB), Mecklenburg-Vorpommern (MV) und Niedersachsen (NI). Am schlechtesten wurdedie WRRL in Berlin (BE), Nordrhein-Westfalen (NW), Sachsen-Anhalt (ST)und Sachsen (SN) (Gruppe III) umgesetzt. Die Bewertung für Hamburg(HH) und Bremen (HB) ist im Gesamtranking nicht möglich, weil es indiesen Ländern keine natürlichen Fließgewässer mehr gibt. Dies betrifftdie Gewässer, die vollständig in diesen Stadtstaaten liegen. Sie wurdenalle als erheblich verändert (HMWB) eingestuft.

Hintergrund

EU-Wasserrahmenrichtlinie: Die Wasserrahmenrichtlinie wurde 2000 von den EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet. Alle Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet bis 2015 und in Ausnahmefällen bis 2027 alle Gewässer in einen „guten ökologischen“ und „guten chemischen Zustand“ zu bringen. Für Grundwasser ist ein „guter mengenmäßiger“ und „guter chemischer Zustand“ zu erreichen.

WWF-Kampagne: #ProtectWater

Das Wasser ist in Gefahr. Die EU-Kommission könnte auf Drängen von Industrie-Lobby und einigen Mitgliedstaaten schon bald den europäischen Schutz unser Flüsse, Seen und Bäche schwächen. Denn bereits heute geht es den Gewässern schlecht. Über Generationen hinweg wurden sie verschmutzt und zerstört. Nitrat, Quecksilber, Begradigungen, Staudämme sind einige Teile davon. Wenn die EU-Kommission jetzt auch noch die Schutzstandards schwächt, statt sich endlich für die Gewässer stark zu machen, hätte das fatale Auswirkungen auf wertvolle Ökosysteme. Und für zahllose Vogel-, Fisch- , Säugetier- und Insektenarten, die an und im Wasser leben.

pixabay.com | Otodexpixabay.com | hpgruesen | Als einziges Bundesland sind im Saarland nicht sämtliche Fließgewässer schadstoffbelastet. Hier die Saarschleife bei Mettlach.WWF Deutschland | Ranking der Bundesländer – zusammenfassende Gesamtbewertung (Erläuterungen zum Bewertungssystem und die zugrunde liegenden Daten werden in den Tab. A-1 bis Tab. A-4 im Anhang dargestellt; maximal erreichbare Punktzahl 31. Für das Ranking werden die 3 besten Bundesländer als Gruppe I zusammengefasst [hellrot], Gruppe III sind die 4 schlechtesten Bundesländer [dunkelrot] und das Mittelfeld wird als Gruppe II gebündelt [mittelrot], grau sind die Bundesländer, die im Rahmen der Gesamtbewertung nicht bewertet werden.)
Quelle

WWF Deutschland 2018

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