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Mehr CO2 als jemals zuvor in 3 Millionen Jahren

Heute ist mehr vom Treibhausgas CO2 in unserer Atmosphäre als wahrscheinlich je zuvor in den letzten 3 Millionen Jahren. In diesem Zeitraum haben die globalen Mittel-Temperaturen vorindustrielle Niveau nie um mehr als 2°C überschritten. Bahnbrechende Computer-Simulation zum Einsetzen der Eiszeiten in der Klimageschichte der Erde.

Heute ist mehr vom Treibhausgas CO2 in unserer Atmosphäre als wahrscheinlich je zuvor in den letzten 3 Millionen Jahren. Erstmals ist es einem Team von Wissenschaftlern gelungen, erfolgreich eine umfassende Computersimulation für diesen Zeitraum durchzuführen, deren Ergebnisse gut zu den Erkenntnissen passen, die bereits aus Ablagerungen auf dem Boden der Ozeane zur Klimaentwicklung der Erdgeschichte gewonnen werden konnten.

Der Beginn der Eiszeiten, also der Vereisungs-Zyklen von warm zu kalt und wieder zurück, wurde hauptsächlich durch einen Rückgang des CO2 in der Atmosphäre ausgelöst, wie die Untersuchung zeigt. Heute jedoch, so bestätigt die Analyse zugleich, ist es der Anstieg der Treibhausgase etwa durch das Verfeuern fossiler Brennstoffe, welcher unseren Planeten grundlegend verändert. Die globalen Temperaturen haben das vorindustrielle Niveau in den letzten 3 Millionen Jahren nie um mehr als 2 Grad Celsius überschritten, wie die Studie zeigt – wohingegen die derzeitig wenig wirkungsvolle weltweite Klimapolitik, wenn sie nicht besser wird, bereits in den nächsten 50 Jahren die globale Durchschnittstemperatur über die Grenze von 2 Grad treiben würde.

„Aus der Analyse von Sedimenten vom Meeresboden wissen wir einiges über die Meerestemperaturen und Eismengen der Vergangenheit, doch bislang war noch nicht vollständig erforscht, welche Rolle ganz genau die Schwankungen des CO2-Gehalts in der Atmosphäre bei der Entstehung von Eiszeiten und Warmzeiten gespielt haben“, sagt Matteo Willeit vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Leitautor der nun in Science Advances erscheinenden Studie.

„Es ist ein Durchbruch, dass wir nun mit Computersimulationen nachweisen können, dass die Veränderungen des CO2-Gehalts eine treibende Kraft bei den Eiszeiten war, zusammen mit den Schwankungen, die sich aus der Erdbahn um die Sonne ergeben, den sogenannten Milankovitch-Zyklen. Unsere Untersuchungen sind dabei nicht nur Simulationen: Wir haben unsere Ergebnisse mit Daten aus Proben aus der Tiefsee verglichen, und sie stimmen gut überein. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Erdsystem schon bei relativ kleinen Schwankungen des atmosphärischen CO2 empfindlich reagiert. So faszinierend das ist, so  beunruhigend ist es auch.“

Die Vergangenheit der Erde und ihrer natürlichen Klimaschwankungen zu verstehen ist auch ein Schlüssel zum Verständnis möglicher Zukunfts-Szenarien. „Es scheint, dass wir unseren Heimatplaneten derzeit über alle klimatischen Bedingungen hinausdrängen, die während des gesamten aktuellen erdgeschichtliches Zeitalters herrschten, dem Quartär“, sagt Willeit. „Ein Zeitalter, das vor fast 3 Millionen Jahren begann, und in der die menschliche Zivilisation vor 11.000 Jahren entstand. Der menschgemachte Klimawandel heute  ist eine große Sache, wirklich groß, sogar in erdgeschichtlichen Maßstäben.“

Von der Vergangenheit lernen, um die Zukunft besser zu verstehen

Aufbauend auf früheren Forschungsarbeiten des PIK konnten die Forscher die Hauptmerkmale der natürlichen Klimavariabilität der letzten Millionen Jahren mit einem effizienten numerischen Modell reproduzieren – einer Computersimulation basierend auf astronomischen und geologischen Daten und Algorithmen, welche die Physik und Chemie unseres Planeten wiederspiegeln. Die Simulation wird ausschließlich angetrieben von den gut bekannten Veränderungen der Art und Weise, wie die Erde die Sonne umkreist, den sogenannten Orbitalzyklen, sowie von verschiedenen Szenarien für langsam variierende Rahmenbedingungen, konkret das Ausgasen von CO2 aus Vulkanen. Die Studie hat auch Veränderungen in der Verteilung von Sedimenten auf der Erdoberfläche mit einbezogen, da etwa Eismassen auf Geröll leichter gleiten als auf Fels. Auch die Rolle des atmosphärischen Staubes wurde berücksichtigt, der die Eisoberfläche dunkler färbt und dadurch zur Schmelze beiträgt.

„Die Tatsache, dass die Simulation die Hauptmerkmale der beobachteten Klimageschichte reproduzieren kann, stärkt unser Vertrauen in unser allgemeines Verständnis der Funktionsweise des Klimasystems“, sagt Mitautor Andrey Ganopolski vom PIK, Ko-Autor der Studie und Autor mehrerer früherer wegweisender Studien, auf denen die neue Analyse jetzt aufbaut. „Die von uns entwickelten Simulationen müssen einerseits einfach genug sein, um Tausende von Berechnungen zu einen Zeitraum über viele tausend Jahre hinweg zu ermöglichen, und müssen andererseits dennoch die kritischen Faktoren erfassen, die unser Klima beeinflussen. Das ist uns hier gelungen. Unsere Ergebnisse bestätigen, wie außerordentlich wichtig die Veränderungen des CO2-Gehalts der Atmosphäre für das Klima der Erde sind.“

pik-potsdam.de | Ergebnisse der transienten Modellierung: Atmosphärische CO2-Konzentration (in Pink) im Vergleich zu Eiskerndaten (durchgezogene Linie) und anderen Proxies. Ausschnitt aus Abbildung 2 von Willett et al., 2019
Quelle

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung 2019

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