‹ Zurück zur Übersicht
Depositphotos | cookelma | Eines ist klar. Das Geschäft, insbesondere mit den vielen Billigfliegern in die Urlaubsregionen der Welt wird es in der Größenordnung wie vor der Coronakrise nicht mehr geben.

© Depositphotos | cookelma | Eines ist klar. Das Geschäft, insbesondere mit den vielen Billigfliegern in die Urlaubsregionen der Welt wird es in der Größenordnung wie vor der Coronakrise nicht mehr geben.

Rettung der Fluggesellschaften muss an ökologische Erneuerung des Luftverkehrs geknüpft werden

Wie stark der Flugverkehr vor der Coronakrise das Klima und die Umwelt verschmutzte, hat Gero Rueter, Journalist der Deutschen Welle (DW) nochmal eindringlich in einem lesenswerten Beitrag in Erinnerung gerufen und dabei mögliche Wege aufgezeigt, wie sich Fluggesellschaften unter ökologischer Erneuerung auch ökonomisch wieder retten können.

So trägt der Flugverkehr mit circa 9 % der weltweiten Klimagasemissionen erheblich zur Überhitzung des Weltklimas bei. Luftschadstoffe wie Ruß oder Stickoxide aus den Verbrennungsgasen oder die enorme Lärmbelastung in Flughafennähe machen viele Menschen krank. Als Risikogruppe sind diese Menschen dann in der jetzigen und in zukünftigen Pandemien besonders gefährdet. Auch um die Gesundheit der Menschen zu befördern, darf es kein Zurück zu einem Flugverkehr wie vor der Coronakrise mehr geben.

Reisen in alle Welt wird es aber weiterhin geben müssen. Daher ist schon die Frage zu stellen, wie sich Fluggesellschaften im staatlich gestützten Wiederaufbau nach der Coronakrise der Herausforderung nach Klima- und Umweltschutz stellen können.

Wesentlich wird sein, dass Fluggesellschaften sich nun zu ökologisch orientierten Mobilitätskonzernen weiter entwickeln müssen, Stichworte sind Bahnen, E-Busse und E-Autos im Carsharing. Dazu gehört, dass der besonders belastende Kurzstreckenflug der Vergangenheit angehören muss. Frankreich geht hier schon einen Schritt voran: Bedingung für die staatliche Rettung der französischen Fluggesellschaft Air France soll sein, dass das Unternehmen Inlandsflüge zugunsten von Zügen streicht, die dieselbe Strecke innerhalb von 2,5 Stunden zurücklegen können. Prinzip „Staatsgeld gegen Klimaschutz“, berichtet der Spiegel.

Kurze Flüge, die auch komfortabel und schnell mit der Bahn erledigt werden könnten, sollten zukünftig überall voll auf die Bahn verlagert werden. Flugunternehmen wie die Lufthansa könnten sich einen Kundenstamm erhalten oder gar neu erwerben, wenn sie selbst in das Bahngeschäft einsteigen oder die bisherige Kooperation mit der DB weiter ausweiten.

Dies wäre auch ein Signal an die EU und die Bundesregierung endlich das europäische Fernbahnnetz vor allem in den europäischen Osten bis nach Istanbul, Athen, Kiew, Baltikum mit Helsinki, und Moskau modern mit Hochgeschwindigkeitsstrecken auszubauen. China hat in den letzten Jahren die Hochgeschwindigkeitsstrecken sehr erfolgreich ausgebaut und so sehr viel Flugverkehr und damit belastende Emissionen reduzieren können. Die ca. 1000 km Entfernung von Shanghai nach Peking fahren heute die meisten Passagiere mit dem Hochgeschwindigkeitszug, statt Flugzeug. Der Ausbau der chinesischen Hochgeschwindigkeitsstrecke ging übrigens wesentlich schneller als der Bau des Berliner Flughafens. Dazu sollte auch Europa in der Lage sein. Ein europäischer Ausbau der Hochgeschwindigkeitszüge wäre ein wesentliches Konjunkturprogramm, um aus der Corona-Wirtschaftsdepression herauszufinden.

Für Langstreckenflüge bleibt als schneller Weg der Ökologisierung nur die Umstellung der Flugzeuge auf CO2-neutrale Brennstoffe. Dazu gehören synthetisches Kerosin aus Ökostrom und ökologisch angebaute Biokraftstoffe, z.B. in ariden Gebieten. So könnten Wüsten wiederbegrünt werden, großflächig Kohlenstoff gesenkt, sowie Armut in Afrika, Asien und Südamerika bekämpft werden. Der Anbau von Ölpflanzen für Energie in ariden und semiariden Räumen ist keine Lebensmittelkonkurrenz.

Noch herrscht in der Luftfahrtbranche völliges Unwissen über die Potentiale nachhaltiger Biokraftstoffe vor. So hat Julia Kraft, Managerin der Austrian Airlines für International and Environmental Affairs, den Vorstoß der grünen Minister in Österreich nach mehr Klimaschutz zwar nicht überrascht. „Das ist verständlich, das muss eine grüne Partei fordern“, sagte Julia Kraft, im Gespräch mit EURACTIV Deutschland. Die Potentiale der Biokraftstoffe beziffert sie aber nur zu 0,1 % des Flugkerosinbedarfs.

Dabei hat die Energy Watch Group im letzten Jahr in ihrer globalen Studie zu einer globalen Vollversorgung mit 100% Erneuerbare Energien belegt, dass die Wiederbegrünung weiter arider Flächen in der Welt mit Jatropha im Prinzip die Menge Flugbenzin beschaffen könnte, wie sie der Flugverkehr vor der Krise benötigte (Globale Studie, Kapitel 5 zu nachhaltigem Jatrophaöl, S. 234).

Denn eines ist klar. Das Geschäft, insbesondere mit den vielen Billigfliegern in die Urlaubsregionen der Welt wird es in der Größenordnung wie vor der Coronakrise nicht mehr geben. Millionen Menschen werden sich keine Urlaubsflugreisen mehr leisten können, schlicht weil sie wegen der Corona-Wirtschaftskrise massive Einkommenseinbußen oder gar Arbeitslosigkeit erleiden mussten oder werden. Zudem werden viele Menschen, die sich finanziell noch eine Flugreise leisten könnten, bemerken, dass Krisen real sind und die Klimakrise auch in eigene Verantwortung mündet, weniger zu fliegen. Zudem lernen jetzt viele Menschen, dass Ausflüge und Urlaub in der Heimat ähnlich reizvoll, aber erholsamer und viel billiger sind als Weltreisen.    

Dies alles wird Fluggesellschaften trotz staatlicher Hilfsprogramme massenhaft in die Insolvenz bringen. Überleben werden nur diejenigen, die sich zu ökologischen Mobilitätskonzernen wandeln und die Flugreisen konsequent am Klimaschutz ausrichten können. Genau deshalb müssen Regierungen ihre Rettungspakete für Fluggesellschaften an den oben skizzierten Wegen für mehr Klima- und Umweltschutz im Flugverkehr ausrichten. Andernfalls werden auch die eingesetzten Steuermittel für Hilfsprogramme nur wirkungslos herausgeworfenes Geld sein.

Quelle

Hans-Josef Fell 2020Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Autor des EEG

Diese Meldung teilen

‹ Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren