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Geplantes Gebäudeenergiegesetz ist schon jetzt ein klimapolitischer Sanierungsfall

Bundestag stimmt am 18.6.2020 ab und droht historische Chance für klimagerechten Gebäudebestand zu verpassen – Gesetzentwurf wird Klimazielen nicht gerecht.

Das am 18.6.2020 im Bundestag zur Abstimmung stehende Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) längst überholt und verpasst die Chance, die notwendigen Weichen für den Klimaschutz im Gebäudebereich zu stellen. In dem Gesetzentwurf werden die bereits heute geltenden und wesentlich zu niedrig angesetzten Effizienzstandards eingefroren. Die Klimaschutzziele im Gebäudebereich können mit diesem unambitionierten Gesetz nicht erreicht werden. Um die Klimaziele zu erreichen, fordert die DUH stattdessen für den Neubau mindestens KfW-Effizienzhaus-40-Standard und für den Bestand KfW-Effizienzhaus-55-Standard. Die angesetzte Überprüfung der Standards für 2023 kommt deutlich zu spät. 

Dazu erklärt Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Das Gebäudeenergiegesetz ist ein klimapolitischer Sanierungsfall. Sinn und Zweck bleiben unklar, da es keine Anhebung des Effizienzniveaus vorsieht. Damit macht sich das Gesetz selber überflüssig. Schon jetzt muss Klimaneutralität bei Neubau und Sanierung zum Maßstab werden. Sonst muss vor 2050 ein weiteres Mal saniert werden. Es ist besser, dieses Gesetz nun abzulehnen und einen ambitionierten Vorschlag zu erarbeiten. Nur so vermeiden wir hohe CO2-Emissionen und bis 2030 drohende Kosten von 30 – 60 Mrd. €, da die Klimaschutzlücke durch Zertifikat-Ankäufe aus anderen EU-Staaten gedeckt werden muss.

Ambitionierte Standards sind nicht nur klimapolitisch notwendig, sondern können auch positive Konjunktureffekte auslösen. Bereits heute sind 310.000 Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft der energetischen Sanierung zuzuschreiben, das entspricht 12 % der beschäftigten Personen. Für das Erreichen der Klimaschutzziele 2050 sind bis zu 280.000 zusätzliche Beschäftigte für Neubau und Sanierung möglich.

Die DUH kritisiert außerdem die im Gesetz eingeführte „Innovationsklausel“. Diese bewirkt, dass die jetzt schon schwachen Effizienzanforderungen umgangen werden. Energetische Anforderungen können in einem Quartier gegeneinander aufgerechnet werden: Einzelne Gebäude müssen damit nicht mal mehr dem aktuellen Energieeinsparverordnungs-Mindeststandard entsprechen, wenn andere Häuser im Quartier energetisch etwas besser sind.

Der Gesetzentwurf setzt synthetische Brennstoffe in ihrer Bewertung mit erneuerbaren Energien gleich. Dies führt aus Sicht der DUH zu klimapolitisch falschen Anreizen: Synthetische Brennstoffe müssen in die Sektoren gehen, in denen es keine Möglichkeit zur direkten Nutzung von erneuerbarem Strom gibt, wie zum Beispiel in der Industrie sowie im Flug- und Hochseeschiffverkehr. Das Heizen von Gebäuden gehört nicht dazu. Die DUH fordert die Bundesregierung auf, die Innovationsklausel in dieser Form zu streichen, auch weil sie in ihrer jetzigen Form nicht mit den Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie vereinbar ist.

Die Berücksichtigung der Grauen Energie – also der Energie und Ressourcen, die bei der Herstellung eines Produktes oder auch beim Rückbau eines Gebäudes benötigt werden – in der Überprüfungsklausel des GEG für 2023, bezeichnet die DUH als Schritt in die richtige Richtung, der aber nicht ausreichend ist.

Dazu Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Ein Prüfauftrag alleine bringt uns nicht weiter. Der Grundsatz ist heute schon klar: Klimaneutralität erreichen wir nur, wenn wir nicht nur die Nutzungsphase, sondern den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden betrachten. Wir müssen deshalb jetzt geeignete Indikatoren für die Berücksichtigung von ‚Grauer Energie‘ festlegen, damit eine ausreichende Datenbasis für die nächsten Schritte geschaffen wird: Das Thema muss so schnell wie möglich in einem neuen Gebäudeenergiegesetz und in Förderprogrammen Eingang finden.

Hintergrund:

Etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa 30 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen fallen im Gebäudebereich an. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor gemäß Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung von 119 Millionen Tonnen (Stand 2014) auf 70 bis 72 Millionen Tonnen sinken. Damit müssen noch 50 Millionen Tonnen CO2 in Gebäuden eingespart werden. Dies ist mit den im Klimapaket vorgeschlagenen Maßnahmen der Bundesregierung nicht erreichbar, nach aktuellen Gutachten besteht bereits 2030 eine Lücke von 8 – 14 Mio. t CO2. Das Gebäudeenergiegesetz leistet in aktueller Fassung keinen nennenswerten Beitrag für die notwendigen CO2-Reduktionen.

Wegen der langen Investitionszyklen müssen heute errichtete Gebäude bereits den Klimazielen für 2050 entsprechen, sonst müssten sie vor 2050 noch einmal saniert werden, was unnötige Mehrkosten und Ressourcenverbrauch verursacht. Der GEG-Entwurf verlangt beim Neubau aber lediglich den KfW-Effizienzhaus-70-Standard und schreibt damit den geltenden, zu geringen Standard fort. 

Quelle

Deutsche Umwelthilfe 2020

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