Naturstrom: Energiewende-Akteuren mehr zutrauen

Portrait des Naturstrom-Vorstandsvorsitzenden Thomas BanningFoto: Naturstrom AG
Der Naturstrom-Vorstandsvorsitzende Thomas Banning
Wenn die Akteure der Energiewende immer mehr gegängelt werden, ist das für das Erreichen der Klimaziele negativ. Das kritisiert Ökostromanbieter Naturstrom und mahnt Änderungen an den Plänen zur EEG-Novelle an.

Den Energiewende-Akteuren solle die Bundesregierung mehr zutrauen. Das fordert Naturstrom mit Blick auf die anstehende EEG-Novelle. Es bleibe kaum noch Luft für innovative Versorgungskonzepte, Bürgerenergie-Akteurinnen und -Akteure und die mittelständische Energiewendewirtschaft. Das kritisiert Naturstrom-Vorstandschef Thomas Banning. Als Beispiel nannte er die Erschwerung des Eigenverbrauchs bei Ü20-Solaranlagen. Diese hemme eine unsinnige Viertelstundenbilanzierung nur weniger Kilowattstunden über die niedrige Leistungsgrenze bzw. deren schnelle Absenkung. Auch das Verbot von Eigenverbrauch bei den neu eingeführten Ausschreibungen für Aufdach-Photovoltaik erschwere dezentrales Energiewende-Engagement. Dazu zähle auch die in der Praxis irrelevanten Änderung bei der Anlagenzusammenfassung im Bereich Mieterstrom durch die EEG-Novelle.

EEG-Novelle ignoriert tatsächlichen Ökostrombedarf

Außerdem ignorierten die vorgesehenen Ausbaupfadeden den zusätzlichen Ökostrombedarf im Zuge der Sektorenkopplung. Dem selbstgesteckten Ziel der Treibhausgasneutralität bereits in den 2040er-Jahren trage der EEG-Entwurf nicht Rechnung. Denn er setze entgegen aller Branchenerwartungen ein unveränderter Strombedarf auf heutigem Niveau an. „Elektroautos, Wärmepumpen und andere Stromanwendungen im Mobilitäts- und Wärmesektor bringen den Klimaschutz nur dann voran, wenn der benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird“, so Banning. Das gelte auch für die groß angekündigte Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Für das EEG müsse es also heißen: realistische Stromverbrauchsannahmen und einen schnelleren Erneuerbaren-Zubau.

Maßnahmen reichen bei Weitem nicht

Der Öko-Energieversorger erkennt an, dass einige Regelungen in die richtige Richtung gehen. Dazu zählen die Erhöhung der Ausschreibungsmengen und die Ausweitung der Flächenkulisse für Photovotaik-Freiflächenanlagen. Auch die Südquote bei der Windenergie und die eigene, aber zu geringe Vergütungskategorie für Mieterstrom zählten dazu.

Diese Maßnahmen reichten aber bei Weitem nicht aus oder würden konterkariert. Das betreffe etwa die restriktiven Regelungen wie die Verpflichtung zur stufenlosen Steuerung von Erzeugungsanlagen durch die Netzbetreiber bereits ab 1 kW Leistung. Auch die Ausweitung der Vergütungskürzungen bei negativen Preisen oder die Umstellung auf Jahresmarktwerte seien Beispiele.

„Aus unserer Sicht müssen spätestens zu Anfang dieses Jahrzehntes 100 Prozent Erneuerbare Energien erreicht sein“, sagt Banning. „Dies gelingt aber nicht, wenn die Bundesregierung die kostengünstige Stromerzeugung aus Wind und Sonne mittels Ausschreibungen weit unter dem Ausbaupotenzial deckelt.“

Ü20-Regelung unzureichend

Eine erhebliche Leerstelle sieht das Unternehmen auch in der fehlenden Regelung für den Weiterbetrieb von Wind- und Solaranlagen, deren EEG-Vergütung ausläuft. „Das Bundeswirtschaftsministerium ignoriert die prekäre Lage der Altanlagen, die ihren EEG-Anspruch verlieren, und das in Corona-Zeiten, in denen die Börsenstrompreise in den Keller gerutscht sind. Um den Betreiberinnen und Betreibern hier kurzfristig eine Perspektive zu bieten, plädieren wir für eine niedrige, befristete Auffanglösung. Hierdurch wird die weiter klar als Zielbild bestehende private Vermarktung nach unten abgesichert, so dass viele Anlagen vor der Abschaltung bewahrt werden können. Das kostet kaum etwas, bringt aber viel“, erklärt Banning.

Banning zeigt sich daher insgesamt enttäuscht von dem bisherigen Entwurf: „Vor Kurzem hat Herr Altmaier noch eine große Klimaschutz-Charta vorgeschlagen. Und kurz darauf veröffentlicht er einen EEG-Entwurf, der die Erneuerbaren an die Kandare legt, statt den Energiewende-Akteuren mehr zuzutrauen. Eigeninitiative in dem Bereich scheint dem BMWi eher unheimlich zu sein – dabei brauchen wir Freiräume für Pionierinnen und Pioniere, um erst die Stromversorgung und dann den ganzen Energiesektor vollständig auf Erneuerbare umzustellen. Nur so wird wirksamer Klimaschutz möglich. Daher hoffen wir noch auf einige Besserungen im parlamentarischen Verfahren – denn die Zeit läuft uns längst davon.“

22.9.2020 | Quelle: Naturstrom | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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