Batterie-Forschungsfabrik unter Spannung

Batterieforschung am ZSWFoto: ZSW
Auch andere Forschungstandorte wie hier das ZSW in Ulm hätten sich über den Zuschlag für die die Forschungsfabrik gefreut.
Die geplante Forschungsfabrik für Batteriezellen in Deutschland kommt nicht zur Ruhe. Nachdem die Entscheidungsfindung für den Standort Münster vom Rechnungshof kritisiert wurde, wollen die Forschungseinrichtungen in Ulm Fördergelder für Batterieprototypen verstärkt einfordern.

Abspeisen lassen will sich Markus Hölz­le nicht. Der Vorstand beim Zentrum für Sonnenenergie-und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gibt nicht auf, wenn es um die Förderung für Batterieforschung in Deutschland geht. Zwar hatte das Bun­desforschungsministerium (BMBF) im Juni 2019 den Zuschlag für die Forschungsfabrik für Batterie-Zellen nach Münster gegeben. Dort sollen künftig Unternehmen die Möglichkeit haben, Massenproduktionsverfahren für Batterien zu erproben. Doch auch Ulm seien Zuwendungen in Aussicht gestellt worden, berichtet Hölzle im Gespräch mit den Solarthemen. Es gehe um mindestens 100 Millionen Euro, die die beteiligten Forschungseinrichtungen in Ulm in eine Fabrik für kommerzielle Batterieprototypen investieren wollen. „Die werden wir auch einfordern“, sagt Hölzle.

Das gilt umso mehr, nachdem der Bundesrechnungshof vor wenigen Wochen Zweifel an der Vergabepraxis angemeldet hatte. Die Rechnungsprüfer waren auf Bitte des Haushaltsausschusses des Bundestages tätig geworden. Denn die Entscheidung für Mün­ster stieß auf teils heftige Kritik.
„Wir haben in Ulm einen Schwerpunkt für elektrochemische Prozesse, von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung“, zeigt auch Hölzle Unverständnis. Das betreffe neben dem ZSW das Batterieforschungszentrum des Helmholtz-Instituts sowie Fachbereiche der Universität. „Sie finden hier rund 400 wissenschaftliche Mitarbeiter aus diesem Bereich.“ Eine solche Konzentration von Batterie-Sachverstand gebe es an keinem zweiten Ort. Als ein Grund für Münster war das Recyclingkonzept genannt worden. „Das hat bis heute allerdings niemand zu Gesicht bekommen“, kritisiert Hölzle.

Lange Mängelliste

Die Mängelliste, die der Rechnungshof dem Haus von Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) schließlich ausstellte, ist lang. So monieren die Prüfer, dass die Fraunhofer-Gesellschaft kaum unbefangen das Auswahlverfahren leiten konnte, wenn zugleich Fraunhofer-Institute zu den Bewerbern zählten. Den Zuschlag erhielt das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT. „Das BMBF … hätte das Verfahren selbst … initiieren und durchführen müssen“, schreibt der Rechnungshof in seinem Bericht.

Ein weiterer Mangel bestand in der Auswahl der Industrievertreter in der Gründungskommission und deren Einflussnahme auf die Standortfindung. Ferner habe Karliczeks Ministerium in den konkurrierenden Bundesländern nicht für gleichen Sach­stand gesorgt. „So gab das BMBF an das Land Nordrhein-Westfalen detaillierte Informationen zum benötigten Grundstück und Gebäude weiter. Die anderen Länder erhielten diese für die spätere Bewerbung wichtigen Informationen nicht“, halten die Rechnungsprüfer fest.
Und auch bei den Kriterien für die Standortauswahl gab es keine Klarheit. „Die Wertungen der Kriterien wurden im Laufe des Verfahrens mehrfach geändert“, heißt es im Bericht. „Dies führte jeweils zu veränderten Rangfolgen, wobei der Standort Münster im zeitlichen Verlauf jeweils um einen Platz nach vorne rückte. Die Diskussionsprozesse und Gründe für die Änderungen sind nicht oder kaum nachvollziehbar, da eine Dokumentation weitgehend fehlt.“
Haushaltsausschuss meutert

Fehler eingeräumt

Das Ministerium räumte zwar Fehler ein, an der Standortentscheidung hält es aber fest. Das reicht dem Deutschen Bundestag nicht. So hat der Haushaltsausschuss – inklusive der Regierungsfraktionen – Mitte September das Verfahren der Standortsuche kritisiert. Die FDP legte im Bildungsausschuss einen Antrag vor, der die Ministerin aufruft, auch persönlich Rechenschaft abzulegen. „Im Gespräch haben mir verschiedene Wissenschaftler ihre Bitterkeit gegenüber der Entscheidung zum Ausdruck gebracht“, sagt Thomas Sattelberger, forschungspolitischer Sprecher der FDP. Begriffe wie Bananenrepublik seien gefallen. „Uns geht es nicht um einen konkreten Standort, sondern um ein faires Verfahren.“

In Ulm schaut das ZSW derweil voraus. „Konkurrenz gibt es immer zwischen Forschungsinstituten“, sagt Institutsvorstand Hölzle. „Während wir uns vor allem mit neuen Technologien und Materialien beschäftigen werden, wird es in Münster um Kostensenkungen gehen. Die Automobilindustrie wird auch künftig gut daran tun, zu uns zu kommen.“

Autor: Oliver Ristau
© Solarthemen Media GmbH

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