Wärmenetz mit Tiefen-Geothermie-Anlage in Hamburg

Nach zehn Jahren Vorbereitungszeit soll in diesem Jahr noch im Sommer der Bau einer Tiefen-Geothermie-Anlage im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg beginnen. Er ist Teil es eines Wärmenetzes, das sich vor allem aus erneuerbaren Energien speist und rund 5000 Haushalte versorgt. Die sollen sich über einen digitalen Marktplatz die von ihnen gewünschte Wärme sogar individuell zusammenstellen können.

Für Umweltsenator Jens Kerstan ist das Reallabor „IW3 – Integrierte Wärmewende Wilhelmsburg“ der „Startschuss für die Geothermie in Norddeutschland“. Sie könnte als Blaupause für die Versorgung ganzer Kleinstädte dienen, ist er überzeugt. Die Tiefen-Geothermie-Anlage ist dabei ein besonderes Element.

Hamburg für Tiefen-Gothermie-Anlage gut geeignet

Michael Prinz, Geschäftsführer des künftigen Wärmenetzbetreibers Hamburg Energie, unterstreicht: „Im Grunde sind die Bedingungen für Erdwärme hier sogar deutlich besser als rund um München. Der Untergrund ist gut bekannt und wir haben keine tektonischen Spannungen, die zu Erdbeben führen könnten.“ Er rechnet damit, aus der Dublettenbohrung 10 bis 14 Megawatt Wärmeleistung bei 130 Grad fördern zu können. Die Vorlauftemperatur soll bei 75 bis 90 Grad liegen. Gibt die Bohrung mehr her, kommt auch die Stromerzeugung in Frage. Die Investitionen in die Tiefen-Geothermie-Anlage, die rund 12 Kilometer neuen Leitungen und Peripherieanlagen werden bei rund 76 Millionen Euro liegen, inklusive knapp 23 Millionen Bundesförderung. 

Wärmenetz für Wilhelmsburg

Die Tiefen-Geothermie-Anlage soll in ein Wärmenetz einspeisen, das sich nach und nach über den Stadtteil Wilhelmsburg ausbreiten soll. Er liegt auf einer Insel zwischen dem nördlichen und südlichen Elbarm. Das Wärmenetz hat bereits zwei Keimzellen. Auf der südlichen Inselhälfte wollen die Stadtplaner die Neubauten rund um den Inselpark über ein Wärmenetz versorgen. Ein Stück weiter im Norden liefert der „Energiebunker“, ein zur Heizzentrale umgebauter Flakbunker, Wärme für die umliegenden Wohnblocks. Von der Geothermiebohrung im Westen ausgehend soll eine Ringleitung beide Teilnetze verbinden. 

Außerdem soll das Wärmenetz in den nächsten Jahren deutlich wachsen. Auf einem freien Gelände soll in den nächsten Jahren das „Elbinselquartier“ mit mehr als 2.000 Wohnungen entstehen und an das neue Wärmenetz angeschlossen werden. Das gilt ebenso für das neue „Spreehafenviertel“ im Norden der Insel. Zusätzlich soll auch ein Saisonalspeicher in einem versalzenen Grundwasserleiter entstehen. 

Digitaler Marktplatz für Wärme nach Wunsch

Zum Reallabor gehört auch ein digitaler Marktplatz für Wärme. Dort können sich die Kunden gezielt ihren Wärmemix nach Energiequellen (mit 95 Prozent erneuerbarer Wärme im Gesamtnetz), Primärenergiefaktor (Gesamtnetz: <0,2) oder CO2-Faktor (Gesamtnetz: 25 g/kWh) zusammenstellen. „Ziel ist es natürlich, dass die Eigenschaften aus dem individuellen Vertrag auch auf baurechtliche Vorgaben angerechnet werden können“, sagt Prinz. „Aber ob das in der Umsetzung gelingt, wird sich zeigen müssen.“

Das Inselnetz in Wilhelmsburg ist nicht zu verwechseln mit dem Hauptfernwärmenetz auf der Nordseite der Elbe mit insgesamt 1.800 MW, das im Besitz der städtischen Wärme Hamburg ist. Auch in diesem soll der Anteil erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren stark wachsen und auch dort sollen zwei Aquiferspeicher eingebunden werden. 

26.2.2021 | Autorin: Eva Augsten
© Solarthemen Media GmbH

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