© Burak Aslan auf pixabay
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Klare Warnung: Kurzsichtige Klimapolitik verschärft globale Ungleichheit

Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen analysieren aktuelle Weichenstellungen der Klimapolitik: Klimaschutzgesetz, Lastenverteilung und 4 Punkte-Plan für Klimagerechtigkeit

Im Rahmen eines gemeinsamen Pressegesprächs mit Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem International Institute for Applied Systems Analysis, beleuchten die Umweltschutzorganisation Greenpeace und die Menschenrechtsorganisation Südwind aktuelle Anforderungen an eine Politik im Sinne der Klimagerechtigkeit. Während in Österreich ein neues Klimaschutzgesetz verhandelt wird und eine ökosoziale Steuerreform für Klimagerechtigkeit innerhalb der Grenzen des Landes sorgen soll, stehen auf europäischer Ebene Diskussionen über ein Lieferkettengesetz sowie die Lastenteilung der Emissionsziele der Mitgliedstaaten auf dem Plan. Angesichts dieser zentralen politischen Weichenstellungen warnen Greenpeace und Südwind vor einer Verschärfung der globalen Ungleichheit als Folge einer kurzsichtigen Umweltpolitik. So mussten schon 2020 weltweit geschätzte 30 Millionen Menschen alleine aufgrund kurzfristiger Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen. "Die Klimakrise stellt uns vor globale Herausforderungen. Diese können nur solidarisch mit einem internationalen Schulterschluss gemeistert werden. Um die wachsende Ungleichheit in der Klimakrise zu bekämpfen braucht es einen klaren politischen Rahmen. Nur so wird national und international sichergestellt, dass Klimaschutz mit Klimagerechtigkeit einhergeht. Die Bekämpfung der Klimakrise darf nicht auf Kosten der Ärmsten erfolgen", warnen Isabella Szukits von Südwind und Jasmin Duregger von Greenpeace.

"Die Klimakrise ist nicht nur eine ökologische, sondern vor allem eine soziale Krise. Besonders stark betroffen sind ausgerechnet Menschen in armen Ländern, die kaum zur Klimakrise beitragen. Während die reichen Länder Europas ihre Klimapolitik weiterhin an Minimalkompromissen ausrichten, sehen sich arme Länder schon heute mit katastrophalen Auswirkungen, wie Rekord-Dürren und immer intensiveren Tropenstürmen konfrontiert", sagt Isabella Szukits, Expertin für Klimagerechtigkeit bei Südwind. "Um die wachsende Ungleichheit zu bekämpfen, braucht es zusätzlich zu ambitioniertem Klimaschutz auch dringend neue Lösungen in der Wirtschafts-, Sozial- und Entwicklungspolitik." Südwind fordert dazu einen globalen Klimagerechtigkeitspakt und präsentiert einen konkreten 4 Punkte-Plan. Dieser fordert neben der konsequenten Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele einen Wandel hin zu einer sozial und ökologisch gerechten Wirtschaft mit verbindlichen Regeln für Unternehmen, um nachhaltiges und faires Wirtschaften zu fördern, insbesondere mit einem starken Lieferkettengesetz; ein neues Schutzsystem für Menschen, die aufgrund der Klimakrise fliehen müssen; sowie die politische Teilhabe von Jugendlichen als Hauptbetroffene der Klimakrise. Eine entsprechende Petition kann ab sofort unterschrieben werden unter:www.suedwind.at/klimagerechtigkeit-jetzt

Greenpeace verweist in diesem Zusammenhang auf die besondere Verantwortung, die Österreich im Kampf um eine sozial gerechte Bekämpfung der Klimakrise zukommt. "Als selbsterklärter Vorreiter in Sachen Klimaschutz und als eines der reichsten Länder der Welt muss Österreich nicht nur endlich seine nationalen Klimaziele in Umsetzung bringen, sondern auch auf europäischer Ebene Verantwortung übernehmen", stellt Jasmin Duregger, Klimaexpertin bei Greenpeace, klar. Zentraler Hebel für die Umsetzung der ambitionierten Klimaziele Österreichs sind das aktuell debattierte Klimaschutzgesetz und die längst überfällige ökosoziale Steuerreform. Das Klimaschutzgesetz muss mit klaren pariskonformen Zielpfaden und Sanktionsmechanismen bei Zielverfehlung einen Rahmen für die Erreichung der nationalen Klimaziele liefern. Die ökosoziale Steuerreform muss klimaschädlichem Verhalten einen Preis geben aber auch garantieren, dass diese Besteuerung nicht auf dem Rücken der Ärmsten erfolgt und durch Auszahlung eines Ökobonus für eine klimagerechte Umverteilung innerhalb Österreichs sorgen. Österreich muss auf europäischer und internationaler Ebene einen fairen Beitrag zu den globalen Klimaschutz-Bemühungen leisten. "In der aktuellen Debatte zur Lastenteilung der Emissionsreduktionsziele zwischen den EU-Mitgliedstaaten steht Bundeskanzler Sebastian Kurz wieder auf der Bremse. Gerade Österreich, dass es seit Jahrzehnten - im Gegensatz zu anderen EU-Ländern - nicht schafft seine klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren, muss endlich Zusagen zu ambitionierten Zielen machen und Taten folgen lassen. Sich mit fadenscheinigen Begründungen aus dieser Verantwortung ziehen zu wollen, ist ein Schritt in die falsche Richtung", warnt Duregger.

Schon heute werden die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen durch die Klimakrise bedroht, beschädigt oder sogar gänzlich zerstört. "Die Zunahme von Trockenheit, Hitzeperioden und Wetterextremen wird vor allem dort existenzbedrohend, wo die notwendigen Mittel und Ressourcen zur Anpassung fehlen. Gleichzeitig fehlt ein rechtlicher und politischer Rahmen, der Menschen Schutz bietet, die aufgrund der Klimakrise ihr Zuhause verlassen müssen", erklärt Roman Hoffmann, Migrationsforscher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie am International Institute for Applied Systems Analysis. Das Internal Displacement Monitoring Center schätzt in einem kürzlich veröffentlichten Bericht, dass allein 2020 weltweit 30 Millionen Menschen aufgrund von kurzfristigen Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen mussten. Nicht miteingerechnet sind Menschen, die aufgrund von sich langsam vollziehenden klimatischen Veränderungen migrieren. Untersuchungen zeigen, dass Betroffene vor allem von ländlichen Gebieten in die Städte sowie teilweise in ihre Nachbarländer migrieren. Ein kleiner Anteil zieht weiter weg, etwa aus afrikanischen und asiatischen Ländern nach Europa. Diese Migrantinnen und Migranten reisen meist ohne angemessenen rechtlichen und sozialen Schutz und sind somit der Willkür anderer ausgesetzt. "Grundlegende Menschenrechte werden unter diesen Bedingungen oftmals verwehrt und der Nährboden für Konflikte wächst. Diesen sich anbahnenden Krisen muss dringend vorgebeugt werden. Dafür braucht es ein angemessenes Schutzsystem sowie personelle und finanzielle Unterstützung für Menschen und Regionen, die von klimabedingter Migration betroffen sind", so Hoffmann und fordert eine ganzheitliche Betrachtung der Problematik: "Ein so vielschichtiges Problemfeld wie klimabedingte Migration kann nicht mit Einzellösungen adressiert werden."

Die Südwind Petition für Klimagerechtigkeit kann unterschrieben werden unter: :www.suedwind.at/klimagerechtigkeit-jetzt


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /