E-Mobilität: Laden in Kommunen vereinfachen

Foto aus Energiekommune 4/2021Foto: Studio V-Zwoelf/stock.adobe.com
Die Infrastruktur für das Laden von Elektrofahrzeugen ist ein wichtiger Baustein für die Akzeptanz der Elektromo­bilität. Dabei sorgen unzugängliche Systeme auf der einen Seite für Unmut. Andererseits müssen auch Kommunen und Stadtwerke einen Weg finden, den gelieferten Strom nutzerfreundlich und sicher abzurechnen.

Immer noch ist es keine Selbstverständlichkeit, mit einem E-Fahrzeug an einer Ladestelle tatsächlich Strom zu bekommen. Und wenn doch, kann der Preis zu einer bösen Überraschung werden. So kann beim Abieter Ionity Strom, der über die App von Plugsurfing geladen wird, pro Kilowattsunde stolze 1,09 Euro kosten. Ionity selbst hatte schon zu Beginn des Jahres 2020 seinen Preis fürs Schnellladen auf 79 Cent/kWh angehoben. Zum Wechsel auf ein E-Fahrzeug lädt dies bei höheren Invesitionskosten nicht unbedingt ein. Und interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Ionitiy-Konsortium aus den Automobilherstellern Audi, BMW, Daimler, Ford, Hyundai und Porsche zusammensetzt. Denen könnte man zutrauen, dass sie über günstige­ren E-Sprit den Ver­kauf von E-Fahrzeu­gen ankurbeln wollten. Andererseits ist Strom ein Produkt, mit dem sich gut Geld verdienen lässt.

Kommunen und Stadtwerke verfolgen häufig eine andere Strategie. Bei einem wachsenden Bestand an Elektrofahrzeugen ist es auch für sie immer weniger eine Option, den Strom an den Ladesäulen zu verschenken – wie das in den ersten Jahren der Fall war. Jetzt kann das bei wachsendem Stromabsatz für die E-Mobilität an den Ladestellen durchaus schon bemerk­bare Löcher in die knappen Haushalte von Kommunen reißen.

Kommunale Konkurrenz

Mit Blick auf die vor allem auf Gewinnoptimierung ausgerichteten privaten Anbieter kann eine kommuna­le Alternative allerdings den zwecks Klimaschutz vorangetriebe­nen Ausbau der E-Mobili­tät stützen. Fai­re Preise, die neben dem Strom­ein­kauf auch die Amortisation der Ladestellen und eventuelle Serviceko­sten beinhal­ten sollten, motivieren zum Umstieg und als Korrektiv.
Für Kommunen oder Stadtwerke ist die Abrechnung der Kosten allerdings durchaus eine Herausforderung.

Ein­fach ist es, den Ladestrom zu verschenken. Und in der ersten Phase des Auf­baus der E-Mobilität kann das Kommunen unterm Strich sogar weniger kosten, als ein eigenes Abrechnungssystem zu betreiben. Doch diese Phase nähert sich dem Ende. Und für viele Kommunen wird sich die Frage stellen, wie lange sie ihre Kostenlos-Säulen noch betreiben. Da inzwischen auch bestimmte eichrecht­liche Anforderungen zu erfüllen sind, wenn der Ladestrom einen Preis haben soll, sind eventuell neue Ladestationen einzurichten – wenn man die schon aufgebaute Infrastruktur in Form von verlegten Kabeln nicht privaten Dritten überlassen möchte.

Doch welche Säule und vor allem welches Backend-System sollte es dann sein? Worauf sollte sich eine Ausschreibung richten? Was sollte ein Stadtwerk in die engere Auswahl nehmen?

Noch vor wenigen Jahren haben sich private Dienstleister dieses Feld der Abrech­nung durch attraktive Angebote erschlossen. In einigen Regionen hat daher zum Beispiel die Plugsurfing GmbH auch viele kommunale Partner gewonnen. Das Prozedere war dabei relativ einfach. Die Kommune oder das Stadtwerk ließen eine geeignete Säule errichten und über eine Schnittstelle mit Plugsurfing verbinden. Das Unternehmen kümmert sich anschließend um den Rest. Nur für die technische Wartung der Ladepunkte ist deren Betreiber weiterhin verantwort­lich. Plugsurfing rechnet den getankten Strom mit den Nutzern ab und übe­r­weist den Betrag an den Ladesäulenbetreiber. Anfänglich sah das Modell dabei vor, dass der Säulenbetreiber den Preis für den Strom selbst festlegen konnte. Plugsurfing finanzierte sich durch eine prozentuale Gebühr. Doch inzwischen hat Plug­sur­fing das System geändert und legt selbst den Preis für den Ladestrom fest. Das kann für Kommunen ärgerlich sein, wenn sie eigentlich E-Mobilität über modera­te Preise – etwa analog zu den Haushaltsstrompreisen – fördern wol­len.

Frage des Aufwands

Der Vorteil für Stadtwerke und Kommunen liegt bei Dienstleistern wie zum Beispiel Plugsurfing im geringen eige­nen Aufwand. Dafür können sich in der Kooperation mit anderen Anbietern von Backend-Systemen mehr Gestaltungsspielräume ergeben. Das ist etwa bei der smartlab Innovationsgesellschaft mbH der Fall, die von Stadtwerken gegründet wurde und unter der Bezeichnung ladenetz.de agiert. Sie bietet Kooperation, Know-how, die Abwicklung des Roamings und auch ein eigenes Back­end zur Abrechnung mit Kunden an. Um diese muss sich der Ladestellenbetreiber dann aber selbst kümmern. Dafür hat er seine Preisgestaltung selbst in der Hand und kann über Contracting-Angebote dies dann eventuell auch für Dritte, zum Beispiel Unternehmen in der eigenen Stadt, übernehmen.

Kommunen und Stadtwerke, die eigene Ladestationen für die E-Mobilität aufbauen wollen, sollten sich also zuerst überlegen, in welchem Maße sie selbst entscheiden und welche Arbeiten sie selbst übernehmen oder abgeben wollen. Dabei ist es sicherlich keine Option mehr, einen Zugang zu den Ladestationen lediglich über eine spezielle Karte oder einen Chip zu bieten. Auch die Abrechnung an einer Kasse zu fes­ten Öffnungszeiten ist nicht mehr zeitgemäß. Die Kunden erwarten in der Regel, dass sie mit dem bei ihnen verfügbaren System Strom tanken können. Und hier kommt das Roaming ins Spiel. Über gegenseitige Vereinbarungen erlauben die Betreiber von Ladestationen auch anderen den Zugang – dies kann im einzelnen Fall aber mit Preisnach­teilen verbunden sein, so dass mancher E-Mo­bilist dann doch noch mit einer ganzen Sammlung von Karten und Apps unterwegs ist.

Mit Partnern zusammenarbeiten

Durch diese Praxis sind die Betreiber von Ladestationen daher letztlich gezwungen, sich mit anderen Partnern zusammenzutun. Denn ein einzelnes Stadtwerk kann es kaum leisten, mit Dutzenden anderen Unternehmen gegenseitige Roamingverträge abzuschließen und diese auch abzuwickeln.

Allerdings gibt es seit wenigen Jah­ren eine Alternative, die das Roaming überflüssig und die Abrechnung deut­lich einfacher machen kann. Zudem steigt die Zahl der Hersteller, die die erforderliche Technik in ihre Säulen integrieren. Und letztlich ist diese Lösung zunächst verblüffend einfach: Sie heißt Girokarte. Fast jede:r hat sie in der Tasche. Fast überall kann man damit zahlen – doch nur an wenigen E-Lade-Säulen.

Giro-e als neue Option

Es war eine relativ kleine, ökologisch ausgerichtete Bank, die sich dieses Themas gemeinsam mit Partnern annahm: die GLS Bank. Warum sie? „Wir haben schon vor elf Jahren Elektrofahrzeuge genutzt”, sagt dazu Mirko Schulte, der Teil des Mobilitätsteams bei der GLS Bank ist. Und als Nutzer habe sich die Bank dieselben Fragen wie andere Nutzer gestellt. Warum kann es nicht einfacher sein? Und für eine Bank lag es auch nicht fern, die Lösung in der Girokarte zu suchen. „Wir haben dann aller­dings erfahren, dass die Integration ei­nes Kartenterminals in eine Ladesäule gar nicht so einfach ist”, erzählt Schulte. Außer­dem sei es relativ teuer und wei­tere technische und rechtliche Fragen seien zu klären gewesen.

Die Lösung des Problems hat sich für die GLS Bank letztlich mit dem Zahlsystem NFC (Near Field Communi­cat­ion), also dem kontaktlosen Bezahlen ergeben. Damit reichen ein relativ einfaches Display und die passende Soft­ware aus, um mit einer NFC-Girokarte Strom laden zu können. Die GLS Bank vermarktet es unter dem Titel Giro-e.

„Das Feedback ist gut”, sagt Schulte. Jeden Monat würden derzeit 200 Ladepunkte damit ausgestattet. Und auch andere Unternehmen würden nun einen änlichen Weg einschlagen. So hat auch die wallbe GmbH, ein Hersteller von Ladesäulen, inzwischen ein NFC-Giro-System entwickelt. Als Vorteil nennt Felix Blum, Chief of Back-End & Payment Solution bei wallbe, das anders als beim Roaming damit deut­lich geringere Kosten verbunden seien.

Geringere Kosten mit Giro-e

Der GLS Bank sei es vor allem ein Anliegen, die Elektromobilität voranzubrin­gen, betont Schulte. Wer als Be­trei­ber von Ladestationen das System nut­ze, habe lediglich sehr geringe Grund­kosten von wenigen Euro und die bei Banken üblichen Transaktionskos­ten zu tragen. Außerdem ermögliche das System auf Wunsch – ohne Zutun des Anlagenbetreibers – über eine Transaktionsnummer das Ausstellen einer korrekten Rechnung für den Strombezug an einer Ladestelle.

Auch Unternehmen, die die Errichtung von Ladesäulen sowie deren Betrieb als Dienstleistung anbieten, setzen sich für NFC-Verfahren ein – konkret für Giro-e. So ist Stefan Pagenkopf-Martin, Geschäftsführer der Parkstrom GmbH, ein starker Befürworter. Für ihn ist das direkte Zahlen elementar. Er sagt: „Meine These: künftig ist das Roaming tot.” Denn jeder habe mit der Girokarte schon ein passendes Zahlsystem in der Tasche. Und zugleich behalte der Betreiber der Ladesäule die Tarifhoheit. Außerdem, so Pagenkopf-Martin, weise Giro-e steuerrechtliche Vorteile auf. Für ihn ist es keine Frage, das sich das System durchsetzen wird.

Aus Sicht von Kommunen und Stadtwerken ist es sinnvoll, sich für die E-Mobilität eben­falls damit zu befassen. Sowohl für ihren eigenen Betrieb als auch für die E-Mobilisten ist das NFC-Verfahren deutlich einfacher.

29.5.2021 | Autor: Andreas Witt | Solarserver
© Solarthemen Media GmbH

Titelbild der Zeitschrift Energiekommune 4/2021

Dieser Artikel ist original in der Ausgabe 4/2021 der Zeitschrift Energiekommune erschienen. Energiekommune ist der Infodienst für die lokale Energiewende. Er erscheint monatlich. Bestellen Sie jetzt ein kostenloses Probeabonnement mit drei aktuellen Ausgaben!

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