Tiefe Geothermie für Papierfabrik in Hagen ist einen Schritt weiter

Schwere Fahrzeuge für geothermische Erkundungen.Foto: Fraunhofer IEG/Born
Um tiefe Gesteinsschichten zu erkunden, nutzen Geologen auch unter Fahrzeugen montierte Rüttelplatten, die akustische Signale in den Untergrund schicken.
Eine Hagener Papierfabrik will Tiefengeothermie für Trocknungsprozesse nutzen. Erstmals seit Jahrzehnten wurde der Untergrund in NRW für ein Geothermieprojekt untersucht. Die Zwischenergebnisse lassen auf einen Erfolg hoffen.

Beteiligt sind an dem Projekt die Kabel Premium Pulp & Paper GmbH, die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie IEG und das Fraunhofer Institut für Umwelt Sicherheits- und Energietechnik Umsicht.

Der Geologische Dienst des Bundeslandes hatte vermutet, dass unter dem Ortsteil Hagen-Kabel in 3.000 bis 4.000 Metern Tiefe eine für Geothermie geeignete Kalksteinschicht liegt. Im Februar untersuchte das Projektteam daraufhin den Untergrund. Schallwellen wurden an über 400 Anregungspunkten in den Boden gesandt und mit mehr als 2000 Geophonen aufgefangen. Dabei handelte es sich nach Angaben des Fraunhofer Umsicht um die erste seismische Messkampagne für die Geothermie in NRW seit Jahrzehnten.

Weitgehend unbekannte Tiefen in NRW

Anhand dieser Daten haben die Fachleute des Fraunhofer IEG erste Modelle des geologischen Aufbaus im Untergrund entwickelt. Eine Herausforderung ist, dass es in weiten Teilen NRWs an Referenzpunkten für die Modelle fehlt. Anders als in der Umgebung von München, dem Oberrheingraben oder dem Norddeutschen Becken gab hier kaum kilometertiefe Erkundungen und Probenahmen der Öl- und Gasindustrie. Der Kohlebergbau in der Region drang selten mehr als einen Kilometer in die Tiefe. Wir leisten hier Pionierarbeit für die Exploration des südlichen Ruhrgebietes in bis zu 4000 Metern Tiefe“, sagt Oliver Ritzmann, Geologe am Fraunhofer IEG. „Daher sind die Arbeiten an Gesteinsproben aus dem südlichen Hagen auch wichtig für die Beurteilung des ganzen unterirdischen Systems.“

Die Modelle, die Ritzmann und sein Team aus den Daten entwickelten, bestätigen die bisherigen Annahmen. In verschiedenen Szenarien haben die Wissenschaftler den Verlauf und die Dicke der Kalksteinformation modelliert. Je nach konkretem Standort zeigen die Modelle die gesuchte Kalksteinschicht in knapp 3000 Metern bis gut 4000 Metern Tiefe mit einer Dicke von bis zu 700 Metern. Das Modell soll sukzessive weiter entwickelt werden.

Nächste Schritte über und unter der Erde

Bis Ende 2022 wollen die Wissenschaftler von Fraunhofer IEG weiterhin die Geologie untersuchen. Sie wollen die Situation bestmöglich bewerten und ein Bohr- und Erschließungskonzept entwickeln. Ein Glücksfall für die Erkundung ist, dass die selbe Kalksteinschicht an einem anderen Standort auf 300 Meter an die Oberfläche herankommt. So kann man mit vergleichsweise wenig Aufwand Gesteinsproben nehmen und auf Wasserdurchlässigkeit und Porosität untersuchen. Diese Eigenschaften sind zentral, da die Tiefe Geothermie mit offenen Kreisläufen arbeiten. Das heißt, das Wasser muss zwischen den Bohrungen durch das Gestein zirkulieren.

Das Fraunhofer Umsicht befasst sich währenddessen mit einer Machbarkeitsstudie für die Anlagen- und Verfahrenstechnik. Dabei geht es um die Frage, wie sich die Wärme, aus der Tiefe in die Prozesse der Papiertrocknung einbinden lässt.

Mit den vielen Daten soll die Investitionsentscheidung so gut wie möglich abgesichert werden. Final wird sich dennoch erst bei der ersten Bohrung in die Tiefe klären lassen, ob der Standort geeignet ist.

Das Forschungsprojekt und die seismische Untersuchung werden mit Mitteln des Landes NRW und der Europäischen Union gefördert und von der EnergieAgentur.NRW unterstützt.

Die Papierherstellung ist eine der energieintensivsten Branchen in Deutschland. Die Papierfabrik in Hagen ist daher nicht die einzige, das auf Tiefenthermie setzt. In Düren und Kreuzau soll ein Wärmenetz entstehen, dass Wärme aus der Tiefe vor allem an die Papierindustrie liefert. Dafür fördert das Land NRW eine Machbarkeitsstudie.

12.7.2021 | Quelle: Fraunhofer Umsicht | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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