©  Gerd Altmann auf Pixabay
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Wie der Staat Anreize für Klimaschutz im Privathaushalt setzen kann

Studie beleuchtet Effekt diverser Politikinstrumente auf den Alltag. Es geht um Einsparungen von jährlich 350 Millionen Tonnen CO2 weltweit.

Berlin. Zu Hause Strom sparen, vernünftig heizen und lüften – dass Menschen beim Wohnen umweltbewusst mit Energie umgehen, ist ein wichtiges Handlungsfeld für die Klimapolitik. Bisher steigt der damit verbundene CO2-Ausstoß im globalen Maßstab immer weiter an, trotz aller Investitionen in effizientere Haushaltsgeräte, bessere Gebäudedämmung und grünere Stromerzeugung. Doch wie und mit welchen Erfolgsaussichten kann der Staat das individuelle Verhalten beeinflussen? Das beleuchtet jetzt die bislang umfassendste Metastudie zu diesem Thema. Sie wurde erstellt unter Leitung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und in der renommierten Fachzeitschrift Nature Energy veröffentlicht.



Mit Methoden des maschinellen Lernens scannte das Autorenteam 122 einschlägige Forschungsarbeiten, mit Bezug zu 25 Ländern der Erde, nach geeigneten Politikinstrumenten. Dabei ging es um Anreize für das Alltagsverhaltens der Bürgerinnen und Bürger auf Basis ihrer jeweils verfügbaren Gerätschaften. „Nach unserer Wirkungsanalyse können entsprechende Instrumente, flächendeckend angewendet, weltweit und auf kurze Sicht rund 350 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr verhindern“, berichtet Tarun Khanna, Postdoc in der MCC-Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung und Leitautor der Studie. Dieses Potenzial entspricht zwar nur rund 6 Prozent der dem Wohnen zurechenbaren Emissionen, doch es ist bedeutsam: „Die globale Klimapolitik muss den Energiebedarf in Gebäuden schnell in Richtung Null drücken“, betont Khanna. „Deshalb brauchen wir beides – sowohl die Energiewende auf der Angebotsseite als auch den verantwortungsvollen Energieverbrauch auf der Nachfrageseite.“



Die größte Wirkung auf das Energiesparverhalten entfalten der Studie zufolge monetäre Anreize. So helfen zum Beispiel uhrzeitabhängige Stromtarife nicht nur, das Hochfahren fossiler Energiequellen für Spitzenlast zu vermeiden, sondern senken auch den Gesamtenergieverbrauch. Ebenfalls recht gut funktionieren Maßnahmen zur besseren Information der Bevölkerung sowie Feedback-Instrumente – etwa ein bereitgestelltes häusliches Display, das den laufenden Stromverbrauch anzeigt. Eine vergleichsweise geringere, aber gleichwohl signifikante Wirkung haben eher spielerische Aktionen zur Motivation, etwa über spezielle Apps oder Wettbewerbe, sowie Anreize auf Basis vergleichbarer Haushalte („Persönliche Energiereports“).



Aufschlussreich sind auch die Erkenntnisse zum Policy-Mix: also inwieweit der Staat die Wirkung von Instrumenten verstärken kann, wenn er sie in bestimmter Weise kombiniert. Dank der großen Zahl von Einzelstudien kann die Meta-Analyse hierzu empirisch gestützte Hinweise liefern. Demnach bringt es besonders viel für das Energiesparen im privaten Haushalt, wenn der Staat finanzielle Anreize mit Feedback-Tools und sozialem Vergleich kombiniert.



„Solche Maßnahmen sind wichtig, um eine klimaverträgliche Entwicklung abzusichern“, erklärt Jan Minx, Arbeitsgruppenleiter am MCC und ein Co-Autor der Studie. „In vielen wissenschaftlichen Zukunftsszenarien werden die Temperaturziele des Paris-Abkommens durch schnelle Dekarbonisierung der globalen Energieversorgung erreicht. Die Perspektive stark sinkender CO2-Emissionen im Energiebereich wird robuster, wenn sich die Klimapolitik zugleich auch in den Bereich der Verhaltenssteuerung vorwagt. Wir beleuchten hier die Wirkung von Anreizen für private Haushalte zum Energiesparen im Alltag, ins größere Bild gehören dann auch Anreize zu energiesparenden Investitionen.“

Weitere Informationen:

Khanna, T., Baiocchi, G., Callaghan, M., Creutzig, F., Guias, H., Haddaway, N., Hirth, L., Javaid, A., Koch, N., Laukemper, S., Löschel, A., Zamora, M., Minx, J., 2021, A multi-country meta-analysis on the role of behavioral change in reducing energy consumption and CO2 emissions in residential buildings

www.nature.com/articles/s41560-021-00866-x


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /