Diesel zu Wasserstoff: Clean Logistics rüstet Brummis um

Der Clean-Logistic-CEO Dirk Graszt vor einer Brennstoffzellen-Zugmaschine.Foto: Oliver Ristau
Dirk Graszt vor einem Sattelzug mit der Brennstoffzelle (grün) und den Elektromotoren in den Achsnaben.
Für den Schwerverkehr ist grüne Mobilität bisher kaum umzusetzen. Es mangelt an Fahrzeugen. Die Winsener Firma Clean Logistics will das ändern und macht aus Dieselbussen und -brummis Wasserstofffahrzeuge.

In der großen Fahrzeughalle steht die Zugmaschine. Sie ist sechs Jahre alt und bisher immer mit einem Dieselmotor gefahren. Jetzt nicht mehr: Der fossile Motor liegt samt Getriebe und weiteren Alt-Komponenten auf dem Hallenboden.

Stattdessen besitzt der Sattelschlepper nun hinter dem Fahrerhaus eine 240 Kilowatt (kW) starke Brennstoffzelle und zwei Elektromotoren, die in den Naben der Hinterachsen sitzen. So kann der LKW künftig Güter emissionsfrei transportieren.

Die Schwesterfirmen ecap Mobility und Clean Logistics aus Winsen an der Luhe beschäftigen sich seit 2015 damit, fossile Antriebe in PkW, LKW und Schiffen durch Batterien und Wasserstoff zu ersetzen. „Die Logistikbranche sucht händeringend nach emissionsfreien Alternativen. Doch die gibt es bisher am Markt nicht“, sagt Clean Logistics-CEO Dirk Graszt. Daimler Truck etwa wolle einen kommerziellen Wasserstoff-LKW Ende des Jahrzehnts anbieten.

Schwerverkehr soll Emissionen um 48 Prozent mindern – keine Modelle

„Das ist viel zu spät.  Um eine Emissionsminderung von 48 Prozent bis 2030 zu erreichen, wie es das Bundesverkehrsministerium plant, müsste ein Drittel der Sattelzugmaschinen im deutschen Straßenverkehr emissionsfrei sein. Das wären etwa 145.000 Stück. Aktuell sind wir in Deutschland bei vier“, rechnet er vor. 

Ein großer Markt tut sich auf, den die Winsener unter dem Modellnamen HyBatt nun selbst erschließen wollen. Der erste umgerüstete HyBatt-Bus mit einer 60-kW-Brennstoffzelle ist gerade für die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft ausgeliefert worden. Die Reichweite liegt bei mehr als 330 Kilometer.

Die HyBatt Trucks kommen mit einer Tankfüllung etwa 400 bis 500 Kilometer weit. Für den Anfang sei das ausreichend, schätzt Graszt. Wichtiger sei, ein Netz an Wasserstofftankstellen für den Schwerverkehr aufzubauen. Clean Logistics kooperiert in dieser Frage unter anderem mit GP Joule.

80 Prozent Förderung

Für die Spediteure lohne sich der Wechsel auf lange Sicht ökonomisch, sagt Graszt. Zwar koste die Umrüstung etwa 500.000 Euro pro Sattelzug. Doch zum einen fördere das Bundesverkehrsministerium dies mit bis zu 80 Prozent. Zum anderen verlängere sich der Lebenszyklus, weil die Technologie weniger Verschleiß mit sich bringe. Außerdem sind Wasserstoff-LKW von der Maut befreit. Das erspare den Spediteuren 20.000 Euro pro Fahrzeug.

Und die Not der Logistikbranche sei groß. „Wir haben selbst Anfragen von Audi, die auf grüne Logistik umstellen wollen. Dabei gibt es ja im Volkswagen-Konzern eigene LKW-Hersteller.“ Doch die böten halt keine emissionsfreien Technologien auf Sicht an.

1.000 Fahrzeuge jährlich

Mit dem Ausbau der Kapazitäten will das Unternehmen ab 2023 rund 1.000 Fahrzeuge jährlich umrüsten. Finanzieren kann sich Clean Logistics für seine Aktivitäten rund um Wasserstoff künftig über den Kapitalmarkt, nachdem der Logistiker in den Börsenmantel des einstigen Medienunternehmens SendR geschlüpft ist.

Brennstoffzellen kaufen die Winsener übrigens in China ein. Ecap Mobility unterhält dort auch eine Zweigstelle. „Bei Wasserstoff ist China viele Jahre voraus“, sagt Geschäftsführerin Leonie Behrens. Brennstoffzellen wie die vom Partner Refire seien dort in kommerziellen Größen zu kaufen.

26.8.2021 | Autor: Oliver Ristau
© Solarthemen Media GmbH

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