© Emilian Robert Vicol aud pixabay
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Öko-soziale Steuerreform: Grundsätzlich positive Ansätze, aber es fehlt der große Wurf

CO2-Bepreisung zu niedrig, rascher Abbauplan für umweltschädliche Subventionen notwendig, großzügige Ausnahmen als größte Probleme

Anlässlich der heute, Montag, endenden Begutachtungsfrist für die ökologische Steuerreform meinen die Umweltschutzorganisationen WWF und Global 2000, dass es erheblichen Nachbesserungsbedarf gibt. "Um den CO2-Ausstoß und den Bodenverbrauch wirksam einzubremsen, müsste das Steuersystem sehr viel stärker reformiert werden. Die Einführung einer eigenen CO2-Bepreisung ist zwar richtig, fällt aber noch zu zaghaft aus. Geradezu fahrlässig ist der derzeit komplett fehlende Abbau umweltschädlicher Subventionen", sagt Hanna Simons, Programmleiterin des WWF Österreich. In seiner Stellungnahme sieht der WWF vor allem den neuen Finanzminister gefordert, einen "verbindlichen Abbau- und Reformplan" für alle klima- und biodiversitätsschädlichen Subventionen in die Steuerreform einzubauen.

Laut WIFO-Angaben werden allein in den Bereichen Energie und Verkehr bis zu 4,7 Milliarden Euro pro Jahr mit potenziell negativen Umwelteffekten ausgegeben. Dazu kommen noch etliche weitere kontraproduktive Förderungen. "Anstatt indirekt Umweltzerstörung zu finanzieren, sollten diese Mittel rasch in den Schutz des Klimas und der Natur umgeleitet werden", so Hanna Simons vom WWF. Zum Beispiel sollten fossile Relikte wie das "Dieselprivileg" rasch gestrichen werden, während die Pendelförderung umfassend ökologisiert wird.

Ebenfalls ambitionierter werden muss die geplante CO2-Bepreisung. "Die Bundesregierung sollte auf die Wirtschafts- und Klimawissenschaft hören und ihre Instrumente deutlich verstärken. Sowohl der CO2-Preis als auch der damit verbundene Öko-Bonus fallen im Entwurf zu niedrig aus, um in der Praxis die notwendigen Lenkungseffekte auszulösen. Um die Klimaneutralität zu schaffen, braucht es einen deutlich steileren Preispfad", fordert Hanna Simons, Programmleiterin des WWF Österreich.

Sinnvolle Ansätze enthalten, aber Reform greift insgesamt zu kurz

GLOBAL 2000 sieht ebenfalls erheblichen Nachbesserungsbedarf: "Zwar sind viele positive Ansätze enthalten, der große Wurf fehlt aber. In Summe wird die vorgestellte Reform unseren Klimazielen in keiner Weise gerecht. Der Weg in eine klimafreundliche Zukunft braucht insgesamt ein viel stärkeres und mutigeres Signal. Es gilt jetzt die Chance zu nützen, das Paket im Begutachtungsverfahren noch deutlich aufzupolieren", meint Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Grundsätzlich sieht GLOBAL 2000 viele der enthaltenen Schritte positiv. Die Einführung einer CO2-Bepreisung bedeutet, dass die Verursachung von Klimaschäden nicht länger völlig kostenfrei bleibt. Es ist auch sinnvoll, Maßnahmen für thermische Sanierung und Heizkesseltausch steuerlich absetzbar zu machen und eine Investitionsprämie mit einem Bonus für ökologische Maßnahmen einzuführen. In Summe wird aber lediglich eine Einsparung von 1,5 Mio. Tonnen CO2 bis 2025 erwartet. Die neuen EU-Klimaziele bedeuten aber eine notwendige Einsparung von etwa 21 Mio. Tonnen CO2 bis zum Jahr 2030. Damit eine höhere Einsparung erreicht werden kann, sieht GLOBAL 2000 einen CO2-Preis von 150 Euro pro Tonne CO2 bis 2025 als notwendig an, statt der jetzt enthaltenen 55 Euro. Der CO2-Preispfad sollte zudem an die Erreichung der Klimaziele gebunden werden, und nicht an die Entwicklung der Energiepreise. Insgesamt bleibt die Steuerreform ein viel zu kleiner Schritt.

Fehlende Ökologisierungsschritte rasch ergänzen

Kritisch sieht GLOBAL 2000, dass viele im Regierungsprogramm enthaltenen Ökologisierungsschritte fehlen. Die Ökologisierung der Pendlerpauschale, des Dienstwagenprivilegs, der LKW-Maut und ein Paket gegen den Tanktourismus sind nicht enthalten. Fehlanzeige auch beim bereits mehrfach angekündigten Abbau von etwa 4,7 Mrd. Euro an umweltschädlichen Subventionen oder der Abschaffung des Dieselprivilegs. "Es braucht hier viel stärkere Anreize für den Umstieg auf den öffentlichen Verkehr und dafür, den Güterverkehr auf die Bahn zu verlagern. Viele Bewohner:innen von transitgeplagten Regionen leiden unter der Verkehrslawine und brauchen dringend Entlastung", sagt Wahlmüller.

Die ohnehin zu geringe Wirkung der Steuerreform wird durch großzügige Ausnahmeregelungen für Unternehmen noch weiter abgeschwächt. Gesamteinnahmen von 1,7 Mrd. Euro aus der CO2-Bepreisung stehen Ausnahmebestimmungen (Carbon Leakage-Regelung, Härtefallregelung, Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft) in Höhe von 295 Mio. Euro gegenüber. Nach einer vorsichtigen Schätzung kann man davon ausgehen, dass Unternehmen etwa zur Hälfte zu Einnahmen aus dem CO2-Preis beitragen werden. Bei voller Ausschöpfung des Rahmens wird etwa ein Drittel des Beitrags von Unternehmen wieder an Unternehmen refundiert, was eine äußerst großzügige Regelung darstellt. Dass der CO2-Preis ohnehin vielfach an Kund:innen weiterverrechnet wird, ist dabei noch nicht berücksichtigt. GLOBAL 2000 sieht Handlungsbedarf: "Wir brauchen hier passgenauere Lösungen, sonst geht ein großer Teil der ohnehin viel zu geringen Lenkungswirkung wieder verloren. Die Ausnahmeregelungen sollen auf maximal fünf Prozent des Aufkommens aus der CO2-Bepreisung begrenzt werden. Bei der Ausrichtung in Richtung einer klimafreundlichen Wirtschaft brauchen wir insgesamt viel stärkere und mutigere Schritte", so Johannes Wahlmüller abschließend.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /