© Christoph Glanzl Global 2000 /Das AKW Krsko steht in einer Erdbebenzone
© Christoph Glanzl Global 2000 /Das AKW Krsko steht in einer Erdbebenzone

AKW Krsko: Ball jetzt bei der Bundesregierung

Unabhängige Erdbebenrisiko-Prüfung von GLOBAL 2000-Petition und Fachstellungnahme des Umweltbundesamts gefordert

Graz – Das slowenische Atomkraftwerk Kr¨ko ist das einzige AKW in Europa in einer hochaktiven „roten“ Erdbebenzone. Derzeit läuft eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die geplante Verlängerung des 40 Jahre alten Reaktors um zwei weitere Jahrzehnte. Bei der gestrigen öffentlichen Anhörung mit dem Atomkonzern in Graz wurden trotz aktueller Forschungsergebnisse nur bis zu 18 Jahre alte Daten vorgelegt. Mit diesen alten Daten untermauert der Atomkonzern die Behauptung, dass das Erdbeben-Risiko des Reaktors beherrschbar sei, selbst im Falle eines Super-GAUs. Als wirklich neue Erkenntnis der Anhörung kam heraus, dass gerade eine neue Erdbebenwahrscheinlichkeits-Analyse erstellt wird, die jedoch erst Ende des Jahres fertig sein soll – die Ergebnisse stehen für Betreiber und Regierungsvertreter aber schon vorab fest: „Wir erwarten keine wesentlichen Unterschiede“.

„Dieses Vorgehen ist unseriös: Wir wünschen uns wissenschaftsbasierte, seriöse Ergebnisse, bevor über eine Laufzeitverlängerung des Uralt-Reaktors im Erdbebengebiet überhaupt entschieden werden kann. Der Ball liegt nun bei der österreichischen Bundesregierung: Bundeskanzler Nehammer und Energieministerin Gewessler müssen jetzt eine wirklich unabhängige Erdbebenrisiko-Prüfung durch internationale Experten und Expert:innen durchsetzen, die die GLOBAL 2000-Petition und eine Fachstellungnahme des Umweltbundesamts fordern“, sagt Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Sprecher von GLOBAL 2000 zur weiteren Vorgehensweise.

Nach Anhörung: Sicherheitsfragen bleiben ungeklärt

Mobile Pumpen zur Kühlung des Reaktorkerns und zur Verhinderung einer katastrophalen Kernschmelze sollen selbst in diesem schwersten angenommenen Unfall-Szenario zum Einsatz kommen – vollkommen unrealistisch, wie Univ.-Lektor Dr. Otto Widetschek, Ehrenlandesfeuerwehrrat des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark und Branddirektor der Stadt Graz a.D. als Fragesteller bei der Anhörung bestätigte: Die Frage, wie viele Feuerwehr-Einsatzkräfte im Falle eines schweren Erdbebens überhaupt noch verfügbar wären und wie die Zufahrt mit mobilen Pumpen über zerstörte Straßen und mit zerstörten Wasserleitungen erfolgen soll, blieb bei der Anhörung ungeklärt. Nur 85 Kilometer vom Reaktor Kr¨ko entfernt, ereignete sich am 29. Dezember 2020 ein schweres Beben der Stärke 6.4. Das nahe gelegene Zagreb wurde stark zerstört.

Fachstellungnahme in Auftrag der Republik Österreich bestätigt GLOBAL 2000-Forderung

Auch die Fachstellungnahme der österreichischen Experten und Expertinnen der Geologie und Reaktorsicherheit weist auf die unzureichenden Unterlagen des Atomkonzerns hin: „In Bezug auf Erdbeben können die UVP-Unterlagen daher nicht nachweisen, dass sich aus der Verlängerung des Anlagenbetriebs keine zusätzlichen Gefährdungen und Risiken ergeben können.“ Die Experten und Expertinnen fordern die österreichische Bundesregierung auf, eine aktualisierte unabhängige Risiko-Prüfung von der slowenischen Regierung zu verlangen – genau das Ziel der GLOBAL 2000-Petition.
„Nach der Arbeit von uns Umweltschützer:innen in Slowenien, Kroatien, Italien und Österreich und der Mobilisierung von über 61.000 Menschen gegen die geplante Risiko-Verlängerung liegt der Ball jetzt bei der österreichischen Bundesregierung unter Kanzler Nehammer und Energieministerin Gewessler“, so Uhrig abschließend. „Sie können in Gesprächen mit dem neuen slowenischen Premierminister Robert Golob darauf hinweisen, das der aktuelle Stand der Wissenschaft beim AKW Kr¨ko natürlich auch im Interesse aller Slowenen und Sloweninnen ist – und erst danach eine Entscheidung über die Laufzeitverlängerung getroffen werden kann.“

Falls bis zum 31.12.2023 nicht sämtliche formalen Schritte der UVP abgeschlossen sind oder die im Zuge der UVP verordneten baulichen Sicherheits-Upgrades nicht fertig sind, muss der Reaktor abgeschaltet werden – vorübergehend oder dauerhaft. Solche Fälle hat es in Europa schon mehrmals gegeben: In der Schweiz (AKW Mühleberg) und in Schweden (AKW Ringhals), wo der Betreiberkonzern jeweils alte Reaktoren lieber verschrottet hat, als nochmals hunderte Millionen mit ungewissem Erfolg in Atom-Oldtimer zu stecken.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /