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Windenergie: Ausbau weiter auf der Kriechspur

An der Ostseeküste wird Deutschlands letztes Werk für Rotorblätter geschlossen. Aufbau neuer Windkraftanlagen weiter viel zu langsam.

In Rostock wurde Mitte der Woche Deutschlands letztes Werk für die Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen geschlossen, berichtet unter anderem der Norddeutsche Rundfunk. 600 Menschen verlieren in der ökonomisch eher strukturschwachen Küstenregion ihren Arbeitsplatz, werden aber zunächst in einer Transfergesellschaft aufgefangen. Die Blätter sollen künftig in Indien hergestellt werden.

Nordex hatte zuletzt Nordex hatte zuletzt hohe Verluste gemacht. Als Grund werden unter anderem gestiegene Rohstoffkosten und eine geringere Nachfrage und Umstellungskosten bei der Rotorblattfertigung angegeben. Die Aktie des Unternehmens hat gegenüber ihrem bisherigen Höchststand im April 2021 inzwischen gut zwei Drittel an Wert verloren.

Mit zu Nordex Schwierigkeiten haben offensichtlich Probleme auf dem Heimatmarkt beigetragen, der seit Jahren schwächelt. 2016 hatte die Koalition aus SPD und Unionsparteien unter Angela Merkel (CDU) – Vizekanzler war seinerzeit der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – eine Ausschreibungspflicht für Windkraftanlagen eingeführt.

Seit dem reicht es nicht mehr, dass Interessen ein Grundstück pachten und alle notwendigen Genehmigungen der Gemeinde und der Umwelt- und Landschaftsschutzbehörden einholen. Nun müssen sie zusätzlich auch noch bundesweit an einem langwierigen Bieterverfahren teilnehmen, wenn sie in den Genuss der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz kommen wollen.

Formal konnte sich die Bundesregierung auf Umsetzung von EU-Recht berufen. Allerdings hatte sie zuvor in der Union mit für die Einführung dieser Regeln gesorgt. Außerdem hätte es nach EU-Recht die Möglichkeit gegeben, kleinere Windkraftprojekte von bis zu 18 Megawatt von der Ausschreibungspflicht auszunehmen, um mehr Flexibilität zu er möglichen. Die schwarz-rote Koalition schmetterte seinerzeit allerdings alle entsprechenden Forderungen aus der Opposition und den Verbänden der Anlagenbetreiber und -hersteller ab.

Ausbauflaute

Im Ergebnis ist die Errichtung neuer Windkraftanlagen stark rückläufig. Waren 2016 nach Abgaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme noch Anlagen mit einer Leistung von vier Gigawatt (GW) ans Netz gegangen und 2017 sogar aufgrund einer Übergangsregelung für alte Projekte gar 4,9 GW, so waren es 2018 nur 2,1 und 2019 0,9 GW.

Auch in den Jahren nach blieb der jährliche Zuwachs bisher immer deutlich unter zwei GW. Auf See ist der Ausbau wegen der Deckelung der Ausschreibungsmenge sogar fast vollständig zum Erliegen gekommen. Zum Vergleich: Die noch laufenden AKW bringen je etwa 1,3 GW ans Netz, laufen allerdings im Gegensatz zu Windkraftanlagen rund um die Uhr, wenn sie nicht gerade gewartet werden.

Im Bundestag wird zurzeit ein Paket verhandelt, das den Ausbau der Windenergie erheblich beschleunigen soll. Beim Bundesverband Windenergie befürchtet man allerdings, dass weiter wertvolle Zeit vertan werde. Zum Beispiel durch das Formulieren von Zwischenzielen und da diverse Detailfragen im Planungsprozess nicht hinreichend geklärt werden. So wie der angestrebte Zubau von jährlich mindestens zehn Gigawatt Windenergieleistung nicht zu erreichen.

Außerdem fordert der Verband, dass das sogenannte Repowering, das heißt, der Ersatz von Altanlagen, erleichtert wird. Derzeit würden in diesem Bereich Antragsunterlagen für Projekte mit einer Gesamtleistung von zehn GW auf Behördenschreibtischen verstauben.

Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „TELEPOLIS“ (Wolfgang Pomrehn) 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung von Wolfgang Pomrehn 2022 weiterverbreitet werden! 

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