Forschungsprojekt UrbanTurn schafft Grundlagen für Digitalisierung der Wärmenetze

Grafik zweier Wärmenetze in grau und bunt, mit Einbindung von SonnenkollektorenGrafik: AGFW
Im District Lab wird getestet, wie sich mehr erneuerbare Energien in die Wärmenetze einbinden lassen.
Nicht nur die Stromnetze, sondern auch Wärmenetze müssen im Zuge der Energiewende dezentrale erneuerbare Energieträger und Abwärme integrieren. Im Labor erproben die Projektpartner neue Regelstrategien.

Die Forschenden gehen davon aus, dass sich ein hoher Anteil erneuerbarer Energien nur mit mehr Digitalisierung in die Wärmenetze integrieren lässt – und wollen nun zeigen, wie das gehen kann. An dem vom BMWK-geförderten Projekt „UrbanTurn“ sind der Wärmenetzverband AGFW, das Fraunhofer IEE, die HafenCity Universität Hamburg (HCU), die Brugg Rohrsysteme GmbH und die GEF Ingenieur AG beteiligt. Eine erste Studie bildet eine Bestandsaufnahme und beschreibt die Herausforderungen für die Zukunft. Auf dieser Grundlage sollen nun Simulationen und Versuche im „District LAB“ des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) stattfinden. Dort gibt es ein flexibles Testnetz mit angeschlossenen Versuchs- und Prüfständen für Wärmeerzeuger und -verbraucher im Quartiersmaßstab sowie eine Teststrecke für Rohrleitungstests. Durch ein digitales Leit- und Regelungssystem lassen sich die Betriebszustände exakt einstellen und messen.

Bis zu 45 Prozent erneuerbarer Energien in Wärmenetzen bis 2030

Das Projekt soll Anforderungen an die künftige leitungsgebundene Wärmeversorgung näher spezifizieren. Fernwärmeversorgern soll dieses Wissen helfen, Transformationspläne für den Aus- und Umbau ihrer Wärmenetze zu erarbeiten. „Das Potenzial der grünen Fernwärme aus einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien ist immens“, sagt Stefan Hay, der das Projekt seitens der AGFW betreut. Studien hätten gezeigt, dass der Anteil der Fernwärme an der Wärmeversorgung bis 2030 auf 30 Prozent steigen könne. Im gleichen Zeitraum lasse sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Fernwärmeerzeugung auf bis zu 45 Prozent gesteigert werden kann.“

Dezentraliserung der Wärmenetze geht nur gemeinsam mit Digitalisierung

Der hohe Anteil dezentraler Wärmequellen bringe allerdings neue Anforderungen an die Infrastruktur der Fernwärme mit sich. Diese sind grundsätzlich nicht so verschieden von denen in den Stromnetzen. Da die Einspeisung von Wärme aus erneuerbaren Quellen stärker dezentral erfolgt, könnten sich Strömungsrichtung und Temperatur in den Netzen verändern, heißt es in der Studie. Auch Druckspitzen könnten so entstehen. Da dies zu einer schnelleren Ermüdung der Leitungen führen könne, müsse man die Berechnungsmethoden dafür überprüfen. Das müsse sich auch in künftigen Normen wiederfinden.

Ein Aspekt kommt im Vergleich zum Strom noch dazu: Die Einspeisung erneuerbarer Energien erfolgt oft auf geringerem Temperaturniveau. Daher müssten auch die Netztemperaturen sinken. „Um diese komplexeren Strukturen gut managen zu können, ist die digitale Erfassung von Betriebspunkten innerhalb der Wärmenetze zwingend erforderlich“, sagt Hay.

Während „intelligente Netze“ bei der Stromversorgung schon lange ein Thema sind, gibt es bei Wärmenetzen bisher nur erste Ansätze.

Transformation der Wärmenetze braucht Förderung

Das Projekt UrbanTurn läuft bis 2025. Klar ist aber schon jetzt, dass die Herausforderungen beim Umbau und der Digitalisierung der Wärmenetze groß sind. Heiko Huther, der beim AGFW den Bereich Forschung und Entwicklung leitet, betont, dass für eine solche Veränderungen auch Fördergeld nötig ist. „Nach mehr als zwei Jahren Wartezeit muss endlich die Bundesförderung effiziente Wärmenetze in Kraft treten“, sagt Huther.

Die geopolitische Lage setze die Energieversorger stark unter Druck. Sie alle setzten sich dafür ein, die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, damit im Winter niemand im Kalten sitzt. „Um das Ziel der Klimaneutralität im Wärmesektor bis 2045 vor diesem Hintergrund einhalten zu können, brauchen wir dringend das BEW“, so Huther.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden.

28.7.2022 | Quelle: AGFW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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