© Hans-Martin Berg/ Grauammer
© Hans-Martin Berg/ Grauammer

Österreichs Feld- und Wiesenvögel sind in großer Gefahr

Aus für die Grauammer?! BirdLife Österreich meldet einschneidenden Biodiversitätsverlust auf Feld und Wiese

Wien - Österreichs Feld- und Wiesenvögel sind in großer Gefahr. Das zeigt der aktuell von BirdLife Österreich veröffentlichte Farmland Bird Index 2021: 40 Prozent der Vögel sind seit 1998 von den heimischen Feldern und Wiesen verschwunden, nach wie vor haben sich die Bestände trotz umfangreichem Agrarumweltprogramm nicht erholt. Drei Viertel der untersuchten heimischen Brutvögel zeigen einen negativen Bestandstrend, unter ihnen die Grauammer mit einem alarmierenden Minus von 94 Prozent. Intensive Landwirtschaft, fehlende Brachen und Feldraine sowie der massive Einsatz von Pestiziden bedrohen ihr Dasein. Die Freigabe jener wertvollen, zuvor der Biodiversität gewidmeten Brachen für den konventionellen Anbau durch die EU im vergangenen März dürfte das Aussterben der Grauammer beschleunigen. Eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes für die Artenvielfalt unseres Kulturlandes.

Die aktuelle im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums durchgeführte Auswertung der Daten des Brutvogel-Monitorings durch die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich zeigt: Der Bestand der heimischen Feld- und Wiesenvögel – gemessen anhand von 23 Indikator-Vogelarten – stagniert seit nunmehr acht Jahren auf sehr niedrigem Niveau, wobei der Indikator innerhalb des letzten Jahres nochmals leicht abnahm und nun bei 60,5 Prozent liegt (siehe Abbildung 1). Das bedeutet, dass seit 1998 etwa 40 Prozent der heimischen Kulturlandschaftsvögel verschwunden sind. Besonders hart hat es die unauffällig grau und braun gestrichelte Grauammer getroffen. Mit einem alarmierenden Minus von 94 Prozent seit 1998 und einer Bestandshalbierung innerhalb der letzten sechs Jahre steht sie quasi vor dem Aus (siehe Tabelle 1).

Unheimliche Stille liegt über der Landschaft

Das metallisch und eher monoton klingende „tück tück-zick-zik-zkzkzkzrississss“ der Grauammer ist beinahe für immer verstummt. Es ist allgemein unheimlich still geworden in unserer Landschaft. Die Grauammer braucht für ihr Überleben sogenannte Brachflächen, die (vorübergehend) aus der wirtschaftlichen Nutzung entnommen werden. Sie gelten als wichtiger Rückzugsraum für Pflanzen und Tiere sowie als Nahrungsquelle. Für viele Vogelarten sind sie überlebenswichtiger Nistplatz in der strukturellen Wüste, unserer „Kulturlandschaft“. Der Verlust von Brachen sowie der massive Einsatz von Pestiziden und die intensive Landwirtschaft machen den Vögeln das Überleben schwer.

Brachen als letzte Bastion

Zum Erhalt der Biodiversität nehmen Brachen eine Schlüsselposition ein. Wo sie früher automatisch durch die wenig maschinelle Bearbeitung an Feldrainen, Grabenrändern oder Grundstücksgrenzen entstanden, werden sie heute nur noch durch staatliche Förderauflagen erhalten. Ein Teil dieser wertvollen Brachen laufen in den Agrarförderungen unter „ökologische Vorrangflächen“. Diese wurden im Frühjahr von der Europäischen Kommission unter dem Beifall der Agrarminister:innen für den konventionellen Anbau freigegeben. „Es hängt ein Damoklesschwert über uns, denn diese Freigabe unter dem Vorwand der Versorgungssicherheit ist eine Katastrophe für die Artenvielfalt!“, so der Ornithologe Norbert Teufelbauer und bringt es auf den Punkt: „Ohne Brachen keine Biodiversität!“ Für den Farmland Bird Index (FBI) bedeute dies, dass eine Trendumkehr in der Bestandsentwicklung unserer heimischen Kulturlandschaftsvögel in weite Ferne gerückt ist! Die Auswirkungen für die Biodiversität scheinen kaum mehr reversibel. Am härtesten trifft es die, deren Ruf bereits verstummt.

Details zum Farmland Bird Index 2021

Seit 1998 erfasst die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich alljährlich den Bestand häufiger heimischer Vogelarten und berechnet daraus den sogenannten Farmland Bird Index (FBI). In Österreich wird der FBI jährlich im Auftrag des BMLRT aus den Daten des Brutvogel-Monitorings erstellt, das mit Unterstützung von Freiwilligen (Citizen Science) ausgeführt und von Experten validiert und ausgewertet wird. Der FBI wird seit 2007 von der EU zur Evaluierung der Maßnahmen für die Entwicklung des ländlichen Raumes verwendet. Er stellt die Bestandssituation von Vögeln der Agrarlandschaft (vor allem Ackerland, Grünland, Obstbau, Weinbau) dar. Der Farmland Bird Index setzt sich aus den Bestandstrends 23 typischer, überwiegend auf Feld und Wiese vorkommender Vogelarten zusammen. Bei 15 Arten (75 %) sind die Bestände seit 1998 statistisch signifikant kleiner geworden. Vier der Indikatorarten (20 %) zeigten in diesem Zeitraum einen stabilen Bestand, und nur bei einer Vogelart (5 %) stieg der Bestand signifikant an. Jene drei Indikatorarten, deren Bestandsentwicklung beginnend mit dem Jahr 2008 berechnet werden, sind Bergarten, deren Entwicklungen derzeit in Summe positiver verlaufen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /