Stadt Dundee forciert die E-Mobilität

Ladesäule im Solar-Carport mit Aufschrift "Drive Dundee Electric"Foto: Guido Bröer
Preisgekrönter Solar-Ladepark mit PV-Speicher an der Princess Street in Dundee.
Die schottische Großstadt Dundee hat sich die vollständige Elektrifizierung des Verkehrs auf die Fahnen geschrieben und gilt dank pfiffiger Ideen und konsequenter Umsetzung europa­weit als Vorreiter der E-Mobilität.

Mitten in der Stadt erhebt sich der 174 Meter hohe Vulkankegel Dundee Law. Von hier oben geht der Blick weit über die Stadt, den Meeresarm Firth of Tay und die kahlen Hügel des Hinterlandes. Fraser Crichton führt seine zahlreichen Besuchergrup­pen aus dem In- und Ausland gern nach hier oben. Nicht nur wegen des phänomenalen 360°-Panoramas. Hier kann der kommunale Flottenmanager der Stadt Dundee einfach am besten erklären, wie die Sache mit der E-Mobilität in seiner Stadt begann.

„Seht Euch diesen Talkessel an“, sagt Crichton mit einer weit ausholenden Armbewegung. „Obwohl unsere Stadt am Meer liegt, haben wir hier aufgrund der Kessellage ein riesiges Pro­blem mit Luftverschmutzung.“ Lag über der einst durch Walfang, Werften und Juteverarbeitung florierenden Hafenmetropole in früheren Zeitaltern eine Glocke von Kohlerauch und Industrieabgasen, so sind es in heutigen Tagen vor allem Stickoxide und Feinstaub, die den Stadtoberen Sorge bereiten. Unter dem Damoklesschwert von Fahrverboten legte Dundee schon vor Jahren den Schalter um und setzt nun konsequent auf die Elektrifizierung des Verkehrs.

Kommune Dundee geht bei E-Mobilität voran

„Natürlich gehen wir als Kommune voran“, sagt Crichton. Als Fleet Manager hat er mittlerweile einen Großteil des kommunalen Fuhrparks elektrifi­ziert. Weit über 200 Fahrzeuge vom Dienstwagen des Bürgermeisters über Teile der Omnibusflotte bis hin zum schwe­ren Müllfahrzeug laufen schon abgas- und lärmfrei. „Wir gehören damit weltweit zu den fünf oder sechs führenden Kommunen,“ meint Crichton nicht ohne Stolz. Er selbst ist der Mastermind der kommunalen E-Mobilitäts-Strategie.

Vom Aussichtspunkt aus zeigt Crichton hinunter zum ehemals industriellen Zentrum der Stadt. Ein riesiges Areal in Wassernähe war in den 1980er Jahren zur Industriebrache verkommen. Ganz Dundee galt damals als Sanierungsfall. Die Stadt, heutzutage ein Top Standort der IT-Branche, kaufte damals das gesamte Areal auf. Crichton sieht das als Glücksfall an: „Wir haben dadurch als Kommune den direkten Zugriff und können bestimmen, was dort passiert.“ Er zeigt hinunter auf einige der mehrstöckigen Parkhäuser im kommunalen Besitz.

Die Parkhäuser sind für die vielen Pendler ge­baut worden. Klar habe es zunächst skeptische Stimmen im Kommunalparlament gegeben, als er vorgeschlagen habe, jeweils das obere Open-Air-Parkdeck zu sperren, um anstelle der Autos Photovoltaikmodule darauf zu platzieren. Inzwi­schen refinanziert die Kom­mu­ne die Kosten der Parkhäuser auch durch den dort produzierten Solartrom. Und das, obwohl der saubere Strom über die Ladesäulen zurzeit deutlich unter dem Markt­preis für Haushaltsstrom abgegeben wird. „Ich habe für die nächsten zwei Jahre günstig Strom eingekauft“, freut sich Crichton. Danach müs­se man sehen, wie es weitergehe.

Preisgekrönte Mobilitäts-Strategie der Stadt

Fraser Chrichton Flottenmanager der Stadt Dundee hinter einer Popup-Ladesäule
Fraser Chrichton, Flottenmanager der Stadt Dundee, präsentiert eine der in der schottischen Stadt entwickelten Popup-Ladesäulen.

Keine Frage ist dies bei den ebenerdigen Solar-Ladeparks, mittlerweile vier an der Zahl verteilt übers Stadtgebiet. Etliche Preise heimste der Prototyp dieser Electric Vehicle Hubs an der Princess Street ein. Ausgestattet mit 18 Parkplätzen unter PV-Carports, drei 22-kW- und 50-kW-Ladesta­tio­­nen, zieht die Station unter anderem die fast 200 elektrischen Taxis magisch an, die hier in den Pausen günstig tanken. Um den Solarstrom zu speichern und die hohe Ladeleistung zu Spitzenzeiten abzupuf­fern, ist der Solarparkplatz mit einem 90-kW-Batteriespeicher ausgestattet.

Das gilt auch für eine weitere Sta­tion am östlichen Stadtrand, direkt ne­ben einer S-Bahn-Station gelegen. Die zeigt Crich­ton seinen Besuchern besonders gern. Hier gibt es nämlich neben dem Solar-Carport mit den Schnellladestationen noch einen wesentlich größeren Park-and-Ride-Platz. Das besondere daran ist bislang im Untergrund verborgen: Jeder der vielen Stellplätze ist bereits für den Anschluss einer einfa­chen 230-Volt-Steckdose vorgerüstet. Crichtons Vision: die Berufspendler hier abfangen, ihnen gün­stige, langsame Lademöglichkei­ten anbieten, damit sie ihr E-Auto stehen las­sen. Dann sollen sie mit der S-Bahn weiter in die Stadt fahren. Crich­ton erzählt, noch lieber stiegen einige der Autopendler aber für die letzten Kilometer bei schönem Wetter auf die E-Fahrräder um, die am P&R-Platz an einer Ausleih­sta­tion bereit stehen. Ein neuer Radweg führt am Wasser entlang von hier bis in die Innenstadt.

27.7.2022 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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