Zustimmung und Kritik an Plänen zur EU-Übergewinnsteuer

Flagge der EU im WindFoto: Aintschie / stock.adobe.com
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßt grundsätzlich die Vorschläge der EU-Kommission zur Strompreisdeckelung. Anders das Hauptstadtbüro Bioenergie. Es befürchtet, dass der EU-Preisdeckel zur Stilllegung von Bioenergie-Stromanlagen führen werde. Die Marktoffensive Erneuerbare Energien sorgt sich um PPAs.

Die EU-Kommission hat Maßnahmen gegen steigende Strompreise vorgestellt. Darin ist auch eine EU-Übergewinnsteuer vorgesehen. „Wir begrüßen grundsätzlich die europäische Initiative für eine Dämpfung der fossilen Kostenkrise. Eine abgestimmte EU-Maßnahme ist allemal besser als nationale Alleingänge im europäischen Binnenmarkt. Bei der Umsetzung der Beschlüsse kommt es jetzt aufs Detail an, um kurzfristige Entlastungswirkungen einerseits zu erzielen und die Energiewende gleichermaßen voranzubringen. Kostentreibendes Erdgas muss eingespart, Investitionen in erneuerbare Energien müssen gesichert werden. Nur so beugen wir weiteren Krisensituationen in den kommenden Jahren vor“, so BEE-Präsidentin Simone Peter.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte in ihrer Rede vor dem EU-Parlament, dass die günstigen Preise der erneuerbaren Energien bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen müssten. „Es ist richtig, die strompreissenkende Wirkung der günstigen Erneuerbaren auszuweiten. Dafür muss jetzt der Ausbau von Wind und Solar in Deutschland gemäß den ambitionierten Zielen der Bundesregierung entfesselt werden. Zudem muss ein flexibles, dezentrales Back-up aus Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Speichern und Grünem Wasserstoff aus- und aufgebaut werden. Dafür brauchen all diese Technologien Investitionsfreiheit, die durch eine Erlösobergrenze nicht eingeschränkt werden darf. Auch sollte das Instrument zeitlich befristet sein und auch die Konsequenzen auf Langfristkontrakte, gerade auch mit Blick auf erneuerbare PPA, berücksichtigen. Es gibt hier eine Reihe offener Fragen, die in den weiteren Beratungen gründlich erörtert werden müssen”, so Peter.

Der BEE plädiert zudem für eine zeitnahe Reform des Strommarktes und hat detaillierte Vorschläge gemacht, wie ein neues Strommarktdesign aussehen könnte. „Die fossilen Energien sind die Verursacher der Preis- und Kostenkrise. Der marode französische Atomkraftwerkspark kommt belastend hinzu“, sagt Peter.

EU-Übergewinnsteuer gefährdet Biomasseverstromung

Kritik an der geplanten EU-Übergewinnsteuer kommt vom Hauptstadtbüro Bioenergie. Denn es sollen unter anderem europäische Stromerzeuger alle Strommarkterlöse von mehr als 180 Euro je Megawattstunde an den Staat abtreten. Auch bei der Bioenergie sollen mit Ausnahme von Biomethan Einnahmen jenseits dieser Preisgrenze abgeschöpft werden. „In der aktuellen Situation muss es das oberste Gebot sein, dass in Kraft-Wärme-Kopplung betriebene Holzheizkraftwerke und Biogasanlagen jede mögliche Kilowattstunde (kWh) Strom einspeisen. Mit dem Vorschlag der EU-Kommission, alle Einnahmen oberhalb von 18 Cent pro kWh Strom abzuschöpfen, ist jedoch das genaue Gegenteil zu befürchten“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie.

Biomasseanlagen wiesen vergleichsweise hohe Betriebskosten auf. Seit Jahren seien sie darüber hinaus mit steigenden technischen Anforderungen und entsprechendem Investitionsbedarf sowie allgemein steigenden Preisen für Reparaturen, Wartung und Anlagentechnik konfrontiert. Zudem hättenen die Betreiber von Biogasanlagen in die verstärkte Flexibilisierung der Energieproduktion investiert. Somit wollen sie zukünftige Energiemärkte bedienen können.

„Deshalb lag schon vor einigen Jahren die zugrundeliegende Kostenstruktur vieler Anlagen nahe an der von der Kommission vorgeschlagenen Kappungsgrenze. Seit der aktuellen Energiekrise sind die Preise für landwirtschaftliche Ressourcen und Kraftstoffe bekanntermaßen sehr stark angestiegen, so dass die Anlagen nun auch mit sehr hohen Brennstoffkosten zu kämpfen haben. Den Anlagen die grundsätzliche Möglichkeit zu nehmen, die durch die Krise verursachten höheren Brennstoffkosten durch zusätzliche Erlöse auf dem Strommarkt zumindest teilweise zu kompensieren, würde zu einem starken Rückgang der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse führen“, sagt Rostek. Dies konterkariere die bekräftigte Absicht der Bundesregierung, mehr Biogas in den Markt zu bringen. Sowie die im Koalitionsvertrag festgelegten Ausbauziele für erneuerbare Wärme.

Ausnahmen für Bioenergie gefordert

Das Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB) sieht aber ein Hoffnung machendes Zeichen darin, dass die EU-Kommission Biomethan von der Kappung in der EU-Übergewinnsteuer ausnehmen will. Denn Biomethan stellt Flexibilität bereit und steht als Erdgassubstitut zur Verfügung. Aber man sollte auch andere Bioenergieanlagen wie Holzheizkraftwerke und Biogasanlagen mit direkter Verstromung ausnehmen. Biomasselager und die Gasspeicher an Biogasanlagen sind ebenso Energiespeicher und können flexibel und saisonal Energie zur Verfügung.

Folglich leisten auch sie einen unverzichtbaren Beitrag zu Substitution von fossilem Erdgas und dämpfen so die Energiepreise. „Der Anreiz in die Bereitstellung eben dieser Flexibilität zu investieren ist der mögliche Mehrgewinn am Spotmarkt in Zeiten, wo weniger Strom aus Wind- und Solaranlagen eingespeist wird und Preise über dem Durchschnitt liegen. Mit einer Obergrenze von 18 ct/kWh verlieren die Anlagen damit den finanziellen Anreiz für eine flexible Fahrweise. Das kann nicht im Sinne der Energiesicherheit sein und muss bei der nationalen Umsetzung der Vorschläge der EU unbedingt berücksichtigt werden“, sagt Rostek.

Marktoffensive Erneuerbare Energien um PPAs besorgt

Der geplante Mechanismus zur Abschöpfung der Erlöse muss in der Ausgestaltung berücksichtigen, dass er dem aufstrebenden PPA-Markt in Deutschland und Europa nicht nachhaltig schadet. Aus Sicht der Marktoffensive Erneuerbare Energien muss die Kommission die geplanten Regelungen so ausgestalten, dass sie Ausnahmen sowohl für physische als auch für finanzielle Green PPAs, Fixpreisabsicherungen sowie andere Termingeschäfte zur Risikoabsicherung schaffen. Anlagenbetreiber sind von der Rückzahlung auszunehmen, sofern sie nachweisen können, dass aufgrund des langfristig festlegten Vertragspreises keine erheblichen Mehrerlöse entstehen. Ausgenommen wären Weiterverkäufe außerhalb solcher Verträge. Darüber hinaus sollte der Abschöpfungsmechanismus den Unternehmen ausreichend Zeit lassen, um die notwendigen Nachweise zu erbringen.

15.9.2022 | Quelle: BEE, HBB, Dena | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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