Fraunhofer mit Meta-Studie zur Wasserstoff-Zukunft

Im Vordergrnd Stahlseile, im Hintergrund das Stahlwerk mit einem Windrad. Hier soll auch Wasserstoff zum Einsatz kommen.Foto: Oliver Ristau
Wasserstoff aus Windenergie soll wie hier bei Arcelor in Hamburg künftig klimafreundlichen Stahl erzeugen helfen.
In einer Meta-Studie gehen Forschende rund um das Fraunhofer ISI dem Zukunftspotenzial von Wasserstoff nach. Besonders im Verkehr und in Europa wird er eine Rolle spielen.

Mehere Institute von Fraunhofer und Partner haben eine Meta-Studie zu Wasserstoff vorgestellt. Wie das Fraunhofer ISI mitteilte, gelten Wasserstoff und seine Syntheseprodukte gelten global als wichtige zukünftige Energieträger. Allerdings gebe es kontroverse Diskussionen darüber, welche Rolle Wasserstoff künftig im Verkehrsbereich spielen wird. Aber auch andere Bereiche wie der Industrie- und Gebäudesektor könnten potenzielle Einsatzgebiete mit Wasserstoffbedarf sein.

Im Hinblick auf die künftige globale Rolle von Wasserstoff besteht bislang aber eine hohe Unsicherheit, da verschiedene Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das Fraunhofer ISI ging deshalb zusammen mit den Fraunhofer-Instituten IEG und ISE, der Ruhr-Universität Bochum, Energy Systems Analysis Associates – ESA² GmbH, dem German Institute of Development and Sustainability IDOS, IASS Potsdam, der GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit sowie der dena Deutsche Energie-Agentur in einer neuen Meta-Analyse der Frage nach, wie sich der globale Wasserstoffbedarf künftig entwickeln könnte. Dabei haben sie mehr als 40 aktuelle Energiesystem- und Wasserstoffszenarien neu ausgewertet. Zugleich legten sie einen besonderer Fokus auf Szenarien mit ambitionierten Reduktionszielen für Treibhausgasemissionen.

2050: Wasserstoff sichert bis zu elf Prozent der Weltenergie

Die Mehrheit der Studien prognostiziert einen deutlichen Anstieg der globalen Wasserstoffnachfrage. Dieser falle zudem besonders stark aus, wenn Regionen oder Länder ehrgeizige Treibhausgasminderungsziele haben. Die globale Wasserstoffnachfrage hänge also stark von der jeweiligen regionalen Klimapolitik ab und wie ambitioniert diese sei. Die Bandbreite des gesamten Wasserstoffbedarfs im Jahr 2050 liegt global zwischen 4 und 11 Prozent des weltweiten Endenergiebedarfs. Es gebe jedoch starke regionale Unterschiede. Denn für die EU könnte der Anteil bei bis zu 14 Prozent liegen. Für China hingegen weist die Mehrheit der Szenarien nur einen Wasserstoffanteil von maximal 4 Prozent an der Endenergie aus. Die Projektionen des Wasserstoffbedarfs in den ausgewerteten Studien variieren zum Teil erheblich. Deshalb bestünden bedeutsame Unterschiede bei der Einordnung der Rolle von Wasserstoff in zukünftigen Energiesystemen.

Was konkrete Einsatzgebiete anbelangt, ist der Studie zufolge im Verkehrsbereich die größte Nachfrage für den Wasserstoff zu erwarten. So berechnet die Meta-Studie für den EU-Verkehrssektor im Jahr 2050 einen mittleren Wasserstoffanteil von 28 Prozent – bezogen auf den Gesamtenergiebedarf des EU-Verkehrssektors – gegenüber 14 Prozent in China bzw. 16 Prozent weltweit. Der Verkehr ist aber auch der Sektor mit der größten Bandbreite und damit der größten Unsicherheit hinsichtlich des künftigen Wasserstoffeinsatzes. In Bereichen wie im internationalen Schiffs- und Flugverkehr sind H2-Syntheseprodukte gesetzt. In anderen großen Anwendungsfeldern wie bei Pkw und Lkw sei ein möglicher zukünftiger Wasserstoffeinsatz weniger klar.

Kaum Relevanz für Gebäude

In anderen Bereichen wie dem Industriesektor dürfte Wasserstoff in Summe in kleineren Mengen nachgefragt werden als im Verkehrssektor. Wasserstoff gilt dort aber als »no regret«-Option, da für etliche industrielle Anwendungen keine Dekarbonisierungs-Alternativen existieren, wie zum Beispiel in der Eisen- und Stahlindustrie oder in der Grundstoffchemie. Im Bereich der industriellen Wärmeerzeugung gilt der Wasserstoffeinsatz als sehr unsicher, aufgrund potenzieller Alternativen auch für die Niedertemperaturwärme. Die Meta-Studie deutet hier zudem auf größere regionale Unterschiede hin. Während der Wasserstoffanteil bezogen auf den weltweiten Gesamtenergiebedarf in der Industrie im Jahr 2050 zwischen 2-9 Prozent rangiert, prognostiziert die Mehrheit der ausgewerteten Studien für Europa eine Bandbreite zwischen 3-16 Prozent, mit Maximalanteilen von bis zu 38 Prozent. Für China liegt der prognostizierte Wasserstoffanteil bei 1-4 Prozent, mit Maximalwerten von 7 Prozent.

Im Vergleich zu allen anderen Bereichen spielt Wasserstoff im Gebäudesektor in allen betrachteten Regionen die geringste Rolle: Der Mediananteil wird hier in den meisten Studien auf weniger als 2 Prozent der Gebäudeenergie in 2050 geschätzt. Dabei existieren sehr kleine Bandbreiten, was eine relativ robuste Aussage bezüglich einer geringen zukünftigen Bedeutung von Wasserstoff zulässt. Auch in absoluten Werten bleibt die Nachfrage im Gebäudebereich in allen Regionen deutlich hinter den anderen Sektoren zurück.

Prof. Dr. Martin Wietschel, der die Forschungsarbeiten des HyPat-Konsortiums leitet, schätzt die künftige globale Bedeutung von Wasserstoff wie folgt ein: »Unsere Auswertungen unterstreichen, dass Wasserstoff in der künftigen globalen Klimapolitik eine wichtige Rolle spielt – er wird aber nicht der dominierende Endenergieträger der Zukunft sein. Um die Treibhausgasemissionen global zu senken, werden Maßnahmen zum Energieeinsparen und die direkte Elektrifizierung auf Basis von erneuerbarem Strom zum Beispiel durch Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge oder in Wärmenetzen als wichtigste Hebel gesehen. Wasserstoff spielt hingegen in bestimmten Anwendungsbereichen eine relevante Rolle, in denen andere Technologien technisch oder wirtschaftlich nicht umsetzbar sind.«

19.9.2022 | Quelle: Fraunhofer ISI | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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