IRENA: Ein Pfeiler einer sauberen Energieversorgung

Heute wird der Grundstein gelegt - eine Rede von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel anlässlich der Gründungskonferenz der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) in Bonn am 26.1.2009

Exzellenzen,
Sehr geehrte Gäste,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich freue mich, dass wir heute hier zusammengekommen sind, um feierlich einen Grundstein für eine nachhaltige Energieversorgung zu legen.

Vor fünf Jahren sind wir schon einmal in diesem Raum zum Thema erneuerbare Energien zusammengekommen: Deutschland hatte Sie zur Internationalen Konferenz für erneuerbare Energien, der "renewables 2004", eingeladen. Diese Konferenz hat einen immensen politischen Innovationsschub und einen Wettlauf um neue und effizientere Technologien ausgelöst; sie hat Netzwerke entstehen lassen und die internationale Zusammenarbeit gefördert.

Nun ist der Zeitpunkt gekommen, mit der Gründung einer eigenen Agentur, der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien, kurz: IRENA, den Ausbau erneuerbaren Energien noch umfassender und zielgerichteter voranzutreiben. IRENA ist deshalb:

* Ausdruck unserer Überzeugung, dass wir zukünftig den Hauptanteil unseres Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien decken.
* Ausdruck unserer Erkenntnis, dass das Potenzial der erneuerbaren Energien groß und die Technologien für ihre Nutzung verfügbar ist. Dass es aber Hindernisse gibt, die den schnellen Ausbau der regenerativen Energien behindern - und dass es unserer gemeinsamen Anstrengungen bedarf, diese zu beseitigen.
* Ausdruck unseres gemeinsamen Engagements für internationale Kooperation und unseres Willens, Prozesse gemeinsam zu entwickeln und zu steuern.

Die Internationale Energieagentur hat uns im November 2008 erneut belegt, dass wir mit unserer derzeitigen Energieverschwendung geradewegs in die Katastrophe steuern. Wenn wir so weiter machen, wird sich die Erde wegen der Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen um 5 bis 6°C erwärmen. Ein so hohes Fieber würde unsere Erde – wie wir sie kennen - zerstören. Der Weltklimarat hat die zu erwartenden Folgen beschrieben: Dürren werden Nahrungsmittel weiter verknappen, Extreme Wetterlagen, wie häufigere Hurrikans, werden Schneisen der Verwüstung schlagen, und der Anstieg des Meeresspiegels wird knapp 700 Millionen Menschen bedrohen, die weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel leben.

Sir Nicholas Stern hat eindrücklich belegt: Ein "weiter so" schädigt unsere Wirtschaft und Gesellschaft massiv. Ein ‘weiter so’ ist weitaus teurer als jetzt forciert in klimafreundliche Technologien - wie die Erneuerbaren – zu investieren.

Aber das Wissen um die Bedrohung für Umwelt, Wirtschaft und Frieden allein reicht nicht aus. Die Staatengemeinschaft muss handeln. Wir müssen die politischen und wirtschaftlichen Chancen erkennen. Wir müssen in Kopenhagen ein anspruchsvolles Kyoto-Nachfolgeabkommen beschließen. Es geht darum, ambitionierte Minderungsziele festzulegen, um damit weltweit die Energiewende hin zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft einzuleiten.

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um weitere 40% zu reduzieren. Zur Umsetzung dieses Ziels setzen wir auf eine Doppelstrategie: Einsatz von Erneuerbaren und Reduktion des Energieverbrauchs durch Energieeffizienzmaßnahmen. So wollen wir z.B. den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung von heute 15 auf mehr als 30% im Jahr 2020 verdoppeln.

Das Potenzial von Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme und Biomasse ist so groß, dass damit der Energiebedarf einer auf über 9 Milliarden Menschen anwachsenden Bevölkerung gedeckt werden kann. Zudem können sie dezentral eingesetzt werden, um damit Energie und Entwicklungschancen in entlegene Regionen zu bringen.

Durch den technischen Fortschritt stellen erneuerbare Energien häufig bereits eine wettbewerbsfähige Alternative zu konventionellen Energieträgern dar. Und vor allem: Der technologische Fortschritt macht sie von Jahr zu Jahr billiger. Sie entwickeln sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Im Jahr 2008 wurden weltweit über 150 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert. Allein in Deutschland sind in dieser Branche bereits 250.000 Menschen beschäftigt.

Mit der Gründung von IRENA wollen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien international vorantreiben. Mit Ihrer Anwesenheit am heutigen Tag zeigen Sie Ihre Entschlossenheit bzw. Ihre Bereitschaft mitzumachen, denn zusammen sind wir stärker und schneller. Für Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung bei der Gründung von IRENA möchte ich mich ganz ausdrücklich bedanken.

IRENA wird helfen die zahlreichen Hindernisse, die den schnellen Ausbau der Erneuerbaren bisher verzögern, zu beseitigen. Noch immer wird der Markt durch Subventionierung konventioneller Energien verzerrt; das technische Know-how ist unzureichend und Fehlinformationen machen die Runde.

IRENA wird Industrie- und Entwicklungsländer bei der Einführung von politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen konkret beraten. Es geht darum, die richtigen Anreize und Sicherheiten für Investition zu schaffen. An dieser Stelle ist staatliche Lenkung erforderlich, denn ein verzerrter Markt ist unfähig, die Energiewende einzuleiten.

IRENA wird den Technologie- und Wissenstransfer sowie den Kompetenzaufbau katalytisch unterstützen. Sie wird mit positiven Beispielen hartnäckige Vorbehalte gegenüber regenerativen Energien ausräumen. Wenn in Dänemark mehr als 20% des Stroms aus Windkraft erzeugt wird, warum sollen nicht auch in anderen Ländern große wechselnde Strommengen mit intelligenten Systemen in die Netze eingespeist werden können? Wenn in Spanien große solarthermische Kraftwerke gebaut werden, warum nicht auch in den Ländern Nordafrikas? Und warum soll es nicht gelingen, den erneuerbaren Strom von Nordafrika als ein Exportgut neben vielen anderen nach Nordeuropa, wo die Sonne knapp ist, zu verkaufen? Wenn Kenia das größte Erdwärmekraftwerk Afrikas betreibt und damit bereits 12 % des Stroms aus Erdwärme gewinnt, warum soll diese grundlastfähige Energie nicht auch an anderen geologisch günstigen Standorten ein Rückgrat in der Energieversorgung bilden können? Hierauf gibt es nur eine Antwort: Yes, we can!

IRENA wird das internationale Sprachrohr der erneuerbaren Energien. Sie wird mehr Ressourcen als alle anderen bisherigen Organisationen auf erneuerbare Energien konzentrieren. Aber niemand muss sich sorgen; es bleibt mehr als genug Arbeit für alle. IRENA wird mit den Organisationen und Institutionen zusammenarbeiten, um Synergien zu nutzen.

Mit IRENA legen wir heute einen Grundstein für eine Energieversorgung, die den drei Prinzipien der Nachhaltigkeit – sozial, ökologisch, wirtschaftlich – gleichermaßen gerecht wird. Mit dem heutigen Tag schließen wir den Vorbereitungsprozess ab und beginnen den Aufbau der Agentur. IRENA wird gegründet!

Herzlichen Dank.

Quelle: BMU


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /