© WWF Deutschland - wwf.de
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Zerstörung im Meer - Blinde Passagiere im Schiffsrumpf

Auch in Wien: Invasion fremder Tierarten in der Donau

Wien/London Die soeben vom WWF veröffentlichte Studie ‘Silent Invasion’ liefert erschreckende Ergebnisse: In den Ballastwassertanks von Schiffen werden unbeabsichtigt unzählige Meeresarten in andere Weltregionen transportiert. Beim Ablassen des Abwassers werden die fremden Arten ausgespült, siedeln sich in der fremden Umgebung an und zerstören dadurch das ökologische Gleichgewicht. Schäden in Milliardenhöhe für die Fischereiindustrie, die Küstenanrainer und die Infrastruktur sind die Folge. Um die 7000 Arten von Meeres- und Küstentieren reisen in den Wassertanks über die Ozeane der Welt. Bereits in 84 Prozent der weltweiten marinen Ökosysteme wurden invasive, dort nicht heimische, Arten gefunden. Dabei existiert bereits ein Abkommen, das die Einhaltung von Richtlinien zum Ablassen von Ballastwasser vorschreibt - dieses wird jedoch von den großen Schifffahrtsnationen seit Jahren beständig ignoriert.

Während eines Treffens von Delegierten der International Maritime Organisation (IMO), bei dem umweltpolitische Aspekte der Schifffahrt besprochen wurden, veröffentlichte der WWF den Bericht ‘Silent Invasion’. Er zeigt 24 Fälle innerhalb der letzten 5 Jahre auf, in denen unzählige Meeresarten durch Ballastwässer in fremde Gebiete eingeschleppt oder verbreitet wurden. Ballastwasser wird zur Beschwerung und somit zum Absenken des Schiffes benötigt. Das Wasser wird zum Anheben des Schiffes wieder ausgelassen, wodurch die mitgeschleppten Arten hinausgespült werden.

So breitete sich eine Nordamerikanische Rippenqualle, die in den 1990ern nahezu die gesamte Sardellen- und Sprottenpopulation im Schwarzen Meer ausgelöscht hat, beispielsweise auch ins Kaspische Meer, in die Nordsee und die Ostsee aus. Die Chinesische Wollhandkrabbe siedelte sich auf diesem Weg an beiden Seiten des Nordatlantiks an und zerstörte alleine in Deutschland Flussufer, Fischereiausrüstung und industrielle Infrastruktur im Schätzwert von 80 Millionen Euro. Auch in Österreich kam es in den letzten Jahren zur Ansiedlung von Schwarzmeergrundeln in der Donau, sogar im Entlastungsgerinne in Wien, die negative Auswirkungen auf die heimische Fischfauna hat.

’Die IMO Ballastwasser-Konvention bietet Richtlinien und Standards für die effektive Kontrolle von Ballastwässern. Bei minimalen Kosten für Schifffahrt und Handel könnte die Ausbreitung von invasiven Organismen reduziert werden’, sagt Georg Scattolin, Meeres- und Fischereiexperte des WWF Österreich. ‘Die verantwortlichen Staaten müssen die Konvention dringend anerkennen, um Invasionen effektiv zu verhindern und auf lange Sicht das Geld der Steuerzahler zu sparen, das für die Wiederherstellung der betroffenen Ökosysteme, Industrien und Infrastruktur aufgewendet werden muss.’

Ca. 90 Prozent der Welthandelsgüter werden per Schiff transportiert. Somit ist die internationale Schifffahrt einer der Hauptausbreitungswege für fremde Arten. Die große Mehrheit der ‘blinden Passagiere’ verendet unter den harten Bedingungen in den Wassertanks oder kurz nachdem sie in ihren neuen Lebensraum eintreten. Die weniger empfindlichen Arten jedoch gedeihen in der neuen Umgebung, weil sie dort keine an sie angepassten Feinde und Parasiten vorfinden. Der Ertrag von Fischereien und Aquakulturen, die Existenzgrundlage von Küstenbewohnern und die ökologische Gesundheit von Gewässern werden dadurch stark gefährdet. Die weltweiten wirtschaftlichen Verluste durch eingeschleppte Arten in den letzten 5 Jahren werden auf 50 Milliarden US Dollar geschätzt. ’Die Schifffahrtsindustrie muss mit Dringlichkeit auf diese Bedrohung reagieren”, sagt Arild Iversen, Geschäftsführer der Reederei Wallenius Wilhelmsen Logistics. ‘Was wir brauchen sind Rahmenbedingungen, um auf globalem Level Reeder zu unterstützen, damit sie jene Technologien einführen, die ohnehin zum großen Teil bereits verfügbar sind.’ ‘Die Schifffahrtsnationen müssen die Richtlinien zum Ablassen von Ballastwasser endlich strikt einhalten, sonst werden wir unsere Meere weiterhin systematisch zerstören’, mahnt Scattolin vom WWF.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /