Biogas support for Tanzania "BiogaST"

Studierende der Universität Hohenheim optimieren Kleinst-Biogasanlagen

Schon einmal haben Entwicklungshelfer versucht, die ländlichen Haushalte in der Region Kagera in Tansania mit Biogas zu versorgen. Doch die Technik war wenig ausgereift und nicht an die Bedingungen vor Ort angepasst. Nun versucht der Verein Ingenieure ohne Grenzen e.V. in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität Hohenheim die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

Fünf Personen, ein Rind und ca. 1,2 ha Bananenplantage - so sieht der Beispiel-Haushalt für das Forschungsprojekt aus. Einen Stromanschluss gibt es in Tansania nicht, gekocht wird traditionell mit Brennholz. Das Holz muss in langen Fußmärschen zusammengeklaubt werden. Beim Verfeuern entsteht gesundheitsschädliches Rauchgas. Lösung ist die Kleinst-Biogasanlage - die eigene Mini-Biogasfabrik für jeden Haushalt. Im Studiengang Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie an der Universität Hohenheim forschen Studierende unter Begleitung ihrer Professoren an neuen, angepassten Kleinst-Biogasanlagen. Initiiert wurde das Studienprojekt vom Verein Ingenieure ohne Grenzen e.V., der zeitversetzt zu den Hohenheimern in Berlin an der Optimierung der Biogasanlagen arbeitet. Gefördert wird das Projekt von der BayWa-Stiftung mit 5.000 €.

Anfang August beginnen die Studierenden und ihre Betreuer die Pilotanlage aufzubauen. Um das Klima in Tansania zu simulieren wird die Pilot-Biogasanlage in einem Gewächshaus auf dem Campus stehen. In einer Praxisphase wird die Anlage erprobt und getestet. Der Prototyp, den die Studenten und Professoren der Universität Hohenheim zusammen mit dem Verein Ingenieure ohne Grenzen e.V. entwickeln, wird dann voraussichtlich im Frühjahr 2010 in Tansania nachgebaut. Damit die Biogasanlagen dort auch funktionieren, kümmert sich der Verein Ingenieure ohne Grenzen e.V. zusammen mit der tansanischen Partnerorganisation MAVUNO Project um die Betreuung vor Ort und die Schulung der Bevölkerung hinsichtlich Aufbau und Wartung der Anlagen.

Anforderungen vor Ort geben den Takt vor

Ziel ist es, die Biogasanlage auf lange Sicht in Tansania funktionstüchtig zu halten. Hierfür wollen die Hohenheimer einen neuen Anlagentyp entwickeln und die Prozessführung optimieren. Diese Zielsetzung bringt neue Anforderungen an den Prototyp mit sich: Die Anlage muss mit den in der Region Kagera vorhandenen Baumaterialien errichtet werden können, der technische Aufwand soll einfach sein, der Wartungsaufwand und die Wartungskosten gering, und die Materialkosten für die Anlage dürfen insgesamt nicht mehr als 400 US$ betragen.

Hervorgegangen ist das Projekt Biogas support for Tanzania "BiogaST" aus einer Diplomarbeit. Der Berliner Diplom-Ingenieur (FH) Philipp Becker beschäftigte sich im Rahmen der Arbeit mit den Potenzialen und Realisierungsmöglichkeiten von Kleinst-Biogasanlagen in Tansania. Er stellte fest, dass die Akzeptanz für die Anlagen generell hoch ist. Probleme bereiten den Nutzern allerdings der Betrieb der Biogasanlagen und deren Instandhaltung.

Hierbei stellten sich als Hauptprobleme die Verwendung von metallischen Gegenständen sowie die unzureichende Schulung der Betreiber im Umgang mit den Anlagen dar. In Störfällen konnte weder eingegriffen noch ein Neustart der Anlage durchgeführt werden. Probleme bereiteten auch die ausschließliche Verwendung von tierischen Exkrementen und der hohe benötigte Wasseranteil - beides Verbesserungspunkte beim alten Anlagentyp. Gerade in der Trockenzeit haben die Betreiber oft nicht genügend Substrat und Wasser; um die Anlage in ausreichendem Maße zu befüllen. Diese Probleme führten dazu, dass neun der zehn besichtigten Kleinst-Biogasanlagen, die von Entwicklungsorganisationen in den 1990er Jahren in der Region Kagera westlich des Viktoriasees gebaut wurden, nicht mehr in Betrieb sind. Die Erkenntnisse von Philipp Beckers Diplomarbeit stellen die Planungsgrundlage für die Hohenheimer Studierenden und Professoren dar.

Biogasanlagen - einfach und effektiv

Das Funktionsprinzip der kleinen Biogasanlage ist einfach: In einem Gärbehälter gärt ein so genanntes Substrat, in diesem Fall Bananenblätter, Rinderdung und Küchenabfälle unter Luftabschluss. Je höher die Temperatur, desto schneller der mehrstufige mikrobielle Abbauprozess. Das organische Material ernährt die darin enthaltenen Bakterien. Deren finales Stoffwechselprodukt Biogas besteht hauptsächlich aus Methan und Kohlendioxid, ist speicherbar und kann rund um die Uhr produziert und abgerufen werden.

Das kostengünstig, sauber und technisch einfach gewonnene Gas bringt im gesamten Haushalt Gaskocher zum Kochen und Gaslampen zum Brennen. Der Mehrwert einer Biogasanlage: Die Überreste der vergorenen Materialien können als hochwertiger Dünger in der eigenen Plantage verwendet werden.

Um einen Haushalt einen Tag lang mit Gas zu versorgen werden etwa 60 Kilo Substrat aus Bananenblättern und Rinderdung benötigt. Die Verwendung von faserigem Substrat, also der Bananenblätter, macht die Anlagentechnik anspruchsvoller.

Biogasanlagen machen's leichter

Der Bevölkerung vor Ort machen Biogasanlagen in mehrerer Hinsicht das Leben leichter. Die Anlage ist eine einfache Methode mit täglich anfallenden Reststoffen und ohne hohe laufende Kosten Energie für den ganzen Haushalt zu gewinnen. Die Alternativen zum Biogas - Holz oder Kohle - sind schwer zu beschaffen und teuer. Der Brennstoff Holz muss aus immer größeren Entfernungen zusammengesucht werden und der Zukauf von Brennstoffen stellt eine finanzielle Belastung für die komplette Gemeinschaft dar. Biogas verbrennt zudem sauberer als Holz. In den Küchen mit offenen Feuerstellen wird dem gesundheitsschädlichen Rauch somit der Garaus gemacht.

Hintergrund

Die Unterstützung der Universität Hohenheim in dem Projekt Biogas support for Tanzania "BiogaST" ist kein gewöhnliches Forschungsprojekt, es ist vielmehr ein Studienprojekt. 14 Studierende im Bachelor-Studiengang Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie nehmen daran teil. Die Studierenden sind im vierten Semester und tüfteln gemeinsam mit den Lehrenden der Agrarwissenschaft und Agrartechnik an der Optimierung der Biogasanlagen. Ihre Leistungen werden benotet und zählen am Ende für ihren Bachelor-Abschluss. Die Studierenden zeigen sich begeistert über die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Forschen und anwendungsbezogenem Lernen.

GastautorIn: Florian Klebs, Universität Hohenheim für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /