© OÖ. Akademie für Umwelt und Natur
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Auswirkungen und Folgen der Gletscherschmelze am Dachstein

Forschungsergebnis: Der Dachsteingletscher verliert Gletschermasse im Ausmaß von rund 2,7 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr.

Seit vier Jahren unterstützt die Energie AG die wissenschaftliche Untersuchung der Dachsteingletscher. Nun liegt ein erstes Zwischenergebnis vor: Oberösterreichs höchster Berg verliert Gletschermasse - und zwar im Ausmaß von mehr als zwei Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Im Vergleich mit den ersten Untersuchungen von Friedrich Simony um 1840 und den ersten Studien der Energie AG aus den 1950-er Jahren wird ein deutlicher Rückgang des Gletschers ersichtlich.

Generaldirektor Leo Windtner: "Das Schmelzen des Gletschers reduziert dramatisch das Wasservolumen, das hier gespeichert wird. Das hat auch Auswirkungen auf die Wasserführung der Traun."

Energie AG und Land Oberösterreich unterstützen seit 2006 das wissenschaftliche Forschungsprojekt "Untersuchung von Klima und Massenhaushalt der Dachsteingletscher". Das Engagement der Energie AG hat einen konkreten Hintergrund: Der Dachstein als höchster Berg Oberösterreichs ist nicht nur der einzige Gletscher des Landes, er liegt mit seinem Einzugsgebiet auch am Beginn der Kraftwerkskette der Energie AG entlang der Traun. Die Stromerzeugung in diesem Einzugsbereich mit durchschnittlich 675 GWh pro Jahr ist ein wesentlicher Bestandteil der Wasserkrafterzeugung des Unternehmens.

Die Wasserkraft nimmt auch in Oberösterreich die zentrale Rolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien ein und gewinnt aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit immer mehr an Bedeutung. "Die Wasserkraft ist der Champion der erneuerbaren Energien", stellt Windtner fest. Denn sie ist die nachhaltigste und auch umweltfreundlichste Form der Energiegewinnung.

Der Gletscher ist mit einem natürlichen Speichersee vergleichbar

"Der Dachsteingletscher ist vergleichbar mit einem natürlichen Speichersee, der vor allem in den Sommermonaten durch die natürliche Eisschmelze die Wasserführung der Traun wesentlich beeinflusst", sagt Energie AG-Generaldirektor Leo Windtner.

Entlang der Traun nutzen insgesamt 12 Lauf- und 6 Speicherkraftwerke die Energie des Wassers. Mit einer Gesamtleistung von 125.600 kW kann die Energie AG daraus jährlich rund 675 GWh Strom erzeugen und rund 600.000 Menschen in Oberösterreich mit sauberer Energie aus Wasserkraft versorgen.

Den größten Anteil an der Stromproduktion hat der Hallstätter Gletscher aber an der Erzeugung aus der Kraftwerkskette Gosau. Am Fuße des Dachsteinmassivs gelegen ist der Gosausee heute wegen seiner landschaftlichen Schönheit ein beliebtes Ausflugsziel. Das Naturschauspiel ist jedoch nicht ausschließlich Natur: Der See in seiner heutigen Form entstand erst durch den Bau der Stauanlage, die 1911 fertiggestellt wurde. Durch den Staudamm wird der Wasserspiegel des Sees um rund 15 Meter angehoben - das bedeutet, dass der See zusätzlich 8,5 Millionen Kubikmeter Wasser mehr aufnehmen kann. Mit diesem Fassungsvermögen fängt er einen Teil der Niederschlags- und Schmelzwässer aus dem Dachstein-Gebiet und dient der Energie AG damit als Jahresspeicher für die Kraftwerkskette Gosau.

Windtner: "Wasserkraft ist Energie für Generationen und gelebter Klimaschutz"

Die Kraftwerkskette ist heute - 100 Jahre nach Inbetriebnahme - eine wesentliche Stütze für die Stromversorgung der Gemeinden im inneren Salzkammergut. In Summe werden im Jahresdurchschnitt 71 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt - das entspricht dem Jahresbedarf von rund 70.000 Menschen. Im Kraftwerk Steeg wird auch ein Teil des Stroms für den Betrieb der Eisenbahnstrecke zwischen Attnang-Puchheim und Selzthal erzeugt.

Von diesem generationenübergreifenden Denken bei der Wasserkraftnutzung profitiert heute ganz Oberösterreich. "Wasserkraft ist Energie für Generationen und gelebter Klimaschutz", sagt Windtner. Die Leistungen von damals haben noch heute Bestand und sind mit ihrem Nutzen noch lange nicht am Ende. Eine Parallele zu diesem Denken und Handeln über Generationen sieht Windtner auch beim Engagement der Energie AG im Bereich der Gletscherforschung, die man aus eigenem Antrieb schon in den 1950-er Jahren betrieben und jetzt wieder aufgenommen hat.

Gletscherschmelze: Bis zu 2,7 Millionen Kubikmeter Wasserverlust pro Jahr

Da das geänderte Klima auch eine andere Verteilung der Niederschläge mit sich bringt, führt das immer stärker zu einer Veränderung des Gletscher-Massenhaushaltes - in den Wintermonaten kann der Verlust durch die Eisschmelze im Sommerhalbjahr nicht mehr kompensiert werden. Die steigenden Temperaturen bewirken seit 30 Jahren ein stetigen, in den letzten 10 Jahren aber sogar einen rasanten Rückgang der Gletscher.

Unter dieser Entwicklung verändert sich auch die Dotierung der Zuflüsse durch das Schmelzwasser des Gletschereises, das speziell in niederschlagsarmen, trockenen Sommern einen merkbaren Anteil am Wasserstand der Traun hat. "Jeder Kubikmeter Wasser, den wir über die Turbinen im Verlauf der Traun abarbeiten können, hilft uns die Stromerzeugung aus umweltfreundlicher, sauberer Wasserkraft zu sichern", sagt Windtner. Diese Wasserreserve in den Hochlagen des Dachsteingletschers ist somit sowohl für die Energiewirtschaft von großer Bedeutung.

Jahrelange Forschung: Unterstützung für Uni-Projekt am Hallstätter Gletscher

Seit Herbst 2006 laufen intensive Forschungen auf dem Dachsteingletscher. Das Forschungsprojekt ist eine Zusammenarbeit der Universität Innsbruck und "Bluesky Wetteranalysen" mit Sitz in Attnang-Puchheim. Ein eigens installiertes Monitoringsystem ermöglicht detaillierte Massenbilanzmessungen zudem werden auch dieÄnderungen des Klimas und dessen Auswirkungen auf dem Hallstätter Gletscher untersucht. Von Anfang an unterstützte die Energie AG diese Untersuchungen und sorgte damit für eine Fortsetzung der beinahe 200-jährigen Forschungstradition am Dachsteingletscher.

Der erste Zwischenbericht bestätigt Vermutungen der Wissenschaftler: "Im Gletscherjahr 2009 sind auf dem Hallstätter Gletscher rund 2,7 Millionen Kubikmeter Wasser abgeschmolzen", erklärt Projektleiter Klaus Reingruber und fügt hinzu: "Das entspricht einem durchschnittlichem Eisverlust über die ganze Gletscherfläche von rund 90 Zentimetern." Im oberen Gletscherbereich gibt es zwar noch Flächen auf denen das ganze Jahr über Schnee liegt, in den unteren Bereichen, wo der Gletscher bereits ab Mitte Juni eisfrei ist, betrug der Eisverlust immerhin schon bis zu 5 Meter in einem Jahr.

"Die kontinuierliche Abnahme der Gletschermasse - so das bisherige Messergebnis - hängt nachweislich mit den veränderten klimatischen Bedingungen zusammen. Zu klären wäre eigentlich nur noch die Frage, inwiefern und in welchem Ausmaß der Mensch daran beteiligt ist", kommentiert Reingruber das Zwischenergebnis der Massenmessungen. Besonders seit den 1990-iger Jahren sei es zum dramatischen Rückgang der Eismasse gekommen, was unmittelbar mit der kontinuierlichen Temperaturzunahme zusammenhänge.

Die gemessene Massenbilanz am Hallstatt-Gletscher gibt Aufschlussüber das Verhalten eines Gletschers - ob dieser an Volumen zulegt oder verliert. So sind die Gletscher auf den höchsten Gipfeln Oberösterreichs mit rund fünf Quadratkilometern Fläche zwar noch immer der größte Gletscher der nördlichen Kalkalpen, dennoch haben die Dachsteingletscher insgesamt seit Beginn der Aufzeichnungen um 1840 mehr als die Hälfte ihrer Fläche verloren. Pro Jahr macht das im Fall des Hallstätter Gletschers eine Gesamtmasse von 2 bis 2,5 Millionen Kubikmeter Wasser aus. "Dieser Verlust ist ungleichmäßig verteilt, das heißt: in den tiefer gelegenen Teilen ist der Massenverlust deutlich höher, in den Regionen oberhalb von 2700 Meter derzeit noch kaum feststellbar", erklärt Reingruber die derzeitige Dynamik der Gletscherschmelze.

Anschober: Der Sommer 2010 war ein Sommer der Naturkatastrophen

Von Pakistan bis Russland, von Bolivien bis zu Niger und Nigeria erlebten 13 Regionen verheerende Naturkatastrophen - mit einem Gesamtschaden von 100 Milliarden Dollar und 50 Millionen Obdachlosen.

"Diese verheerenden Daten zeigen, dass wir uns bereits mitten in der Klimakrise befinden. Die Daten vom Dachsteingletscher sind ein weiteres, regionales alarmierendes Signal. Dass Oberösterreich das Weltklima natürlich nicht alleine retten kann ist klar. Aber wir können zeigen, dass die Klimawende möglich ist und eine große Chance für viele neue grüne Jobs darstellt", ist Umwelt- und Energielandesrat Rudi Anschober überzeugt.

In den vergangenen Jahren machte Umweltlandesrat Rudi Anschober beinahe jährlich einen Lokalaugenschein am Hallstätter Gletscher.

Die Gletscherschmelze wird immer dramatischer. Die ökologisch besonders sensiblen Gletscher reagieren als Frühwarnsystem besonders dramatisch auf den Klimawandel und schmelzen immer rascher ab. Sie bestätigen damit die Warnungen des Weltklimarates der Vereinten Nationen, des IPCC, der uns ein Zeitfenster von nicht mehr als 10 Jahren gibt, in dem wir die CO2-Emissionen verringern müssen, um die Erderwärmung mit 2 Grad Celsius noch begrenzen zu können. Ein Großteil der Politik handelte über Jahrzehnte hinweg jedoch so, als hätten wir noch 100 Jahre Zeit. Wie verantwortungslos dies gegenüber unseren Kindern und Kindeskindern ist, zeigt das immer raschere Sterben der Gletscher, der Indikator des Klimawandels, dem Fieberthermometer unserer Erde".

Dr. Herbert Formayer, Universität für Bodenkultur prognostizierte für Oberösterreich im Zuge des OÖ. Umweltkongresses in der Vorwoche:

* Schmelzende Schneedecken * wesentlich ergiebigere Regengüsse (vermehrter Niederschlag in den Wintermonaten, deutlicher Rückgang im Sommer) * tropische Sommer

"Der prognostizierte Temperaturanstieg mit längeren Trockenperioden und einer Verschiebung der Niederschlagsereignisse kann in unseren Breiten nach Expertenaussage sogar noch deutlich drastischer ausfallen als andernorts, was auf unsere Klimaverhältnisse in Alpenraum zurückzuführen ist", so Anschober.

Jede Region und jeder Staat ist gefordert endlich aktiv zu werden

Anschober: "Wir alle, jede Region und jeder Staat muss in seinem Bereich die Trendwende für Klimaschutz erreichen. Wir in Oberösterreich arbeiten mit aller Kraft daran - vor allem mit der Umsetzung der Energiewende. Nur dann haben wir die Chance, das Zeitfenster von 10 Jahre für unser Kinder und Kindeskinder zu nützen. Aus diesem Grund werden morgen auch Bund und Länder über das längst fällige Bundesklimaschutzgesetz in Endverhandlung treten, um die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Auch bei der diesjährigen Weltklimakonferenz in Mexiko werden wir im Dezember versuchen in einem starken Bündnis von Klimaschutzmodell-Regionen weitere Initiativen zu setzen, um dem Klimawandel Herr zu werden und das 2-Grad-Ziel zu erreichen und so der Verantwortung unseren Kindern und Kindeskindern gegenüber gerecht zu werden."

QuelL: Energie AG


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /