Großes Schweigen

„Ich kann nix sagen, ich darf nix sagen, ich will nix sagen.“ TEIL 3 der Reportage (Teil 1 und 2 ist am Ende der Seite verlinkt)

Was darf ein von der Polizei in eine NGO eingeschleuster „Spitzel“?

Ich wende mich telefonisch direkt an Oberstleutnant Josef Böck, der von April 2007 bis Oktober 2008 operativer Leiter der ‘SOKO Kleider’ war. Böck leitete am 21. Mai 2008 den WEGA-Einsatz, bei dem maskierte, bewaffnete Einsatzkräfte zeitig in der Früh mittels Rammbock in die Wohnungen der Tierschützer stürmten. Der Rammbock sei verwendet worden, damit keine Beweismittel vernichtet werden konnten, sagte Böck als Zeuge vor Gericht am 28.7.2010 (www.tierschutzprozess.at). Computerchips würden nämlich gerne blitzartig in Uhren versteckt, begründete Böck sinngemäß die Verwendung des Rammbocks.

Operativer SOKO-Chef Josef Böck

Mit einem freundlichen ‘Pronto’ meldet sich Böck am Telefon. Ich frage ihn, ob es stimmt, dass die Einschleusung der Polizistin, also die angebliche ‘Frau Durand’, nicht nach Strafprozessordnung §133 (1), sondern nach dem Sicherheitspolizeigesetz erfolgt sei.

‘Was wolln´s denn von mir’, fragt Böck. ‘Ich bin Journalist und versuche den juristischen Hintergrund dieser verdeckten Ermittlung zu verstehen’, sage ich. ‘Schauen´S, Sie können überall ermitteln, nur nicht bei mir’, sagt Böck. ‘Das Gericht bekam von Ihnen, von der SOKO, keinerlei Polizeiakten zu dieser verdeckten Ermittlung. Daher muss ich mich wohl an Sie wenden’, erwidere ich. ‘In dieser Causa sag ich sicher generell nichts’, blockt Böck ab.

‘An wen soll ich mich sonst wenden’, frage ich ihn ‘das Gericht weiß nix, die SOKO sagt nix... Wer wäre kompetenter als Sie, der operative SOKO-Leiter!?’ ‘Tschuldige, ich kann nix sagen, ich darf nix sagen, ich will nix sagen. Es ist gerichtsanhängig, okay?’, beendet Böck das Gespräch.

SOKO-Chefermittlerin Bettina Bogner

Ich rufe also Chefinspektorin Bettina Bogner an, die als ‘Chefermittlerin’ in der SOKO eine führende Rolle innehatte. Am 28.8.2010 sagte sie übrigens laut www.tierschutzprozess.at als Zeugin vor Gericht, es sei den verdeckten ErmittlerInnen nicht (!) gelungen, zu den Beschuldigten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, daher sei die Operation eingestellt worden. Eine merkwürdige Aussage, angesichts jener Medienberichte, denen zufolge ‘Frau Durand’ 14 Monate lang im innersten Kreis des VGT aktiv war.

Bogner meldet sich mit einem knappen ‘Bogner’. Ich sage, dass ich Autor und Journalist sei und frage, ob sie kurz Zeit hätte. ‘Was für Fragen?’, erwidert sie in relativ unwirschem Ton. Ich frage, wie ganz generell die rechtliche Situation für das Installieren einer verdeckten Ermittlung aussehe. ‘Sie wissen, dass ich der Amtsverschwiegenheit unterliege und telefonisch, auf einen Anruf hin, keine Auskünfte erteilen kann’, sagt Bettina Bogner. ‘Telefonisch nicht? Also nur bei einem persönlichen Treffen?’, frage ich, vielleicht etwas naiv. ‘Nein. Überhaupt nicht’, sagt Bogner.

Ich versuche zu erklären, dass ich gerade vom Pontius zum Pilatus geschickt werde, als Bettina Bogner grußlos auflegt. Ich wähle ihre Nummer erneut und frage sie, an wen ich mich denn wenden solle. ‘Sie sind ein freier Autor? Oder in welcher Funktion rufen Sie eigentlich an??’ fragt sie scharf. ‘Als Journalist.’ Sie verweist mich an diverse Pressestellen und wirkt nun freundlicher. Ich kritisiere, dass die Pressestellen entweder nichts zum Thema wissen (Landesgericht) oder nichts sagen wollen.

‘Ich weiß’, sagt sie nun, ‘das ist ein Verhängnis, unter dem wir leiden. Ich finde diese Medienpolitik auch nicht immer sehr glücklich.’ Ich erwähne eine österreichische Tageszeitung, wo die rechtliche Grundlage der verdeckten Ermittlung angezweifelt wurde. ‘Die Medienberichterstattung der letzten Tage hat mir eigentlich nicht unbedingt Freude bereitet. Aber als involvierter Ermittler darf ich mich dazu überhaupt nicht äußern. Ich bin nicht befugt dazu. Ich würde gerne reden, aber ich darf nicht.

Nationalratsabgeordneter Rudolf Plessl

Ein drittes ehemaliges SOKO-Mitglied ist per Handy trotz mehrmaliger Versuche nicht erreichbar und ruft trotz Bitte nicht zurück: Der 43-jährige Rudolf Plessl ist seit 1993 am Landeskriminalamt Wien tätig. Er war wesentlich an den Verhören beteiligt, die im Mai 2008 nach der Erstürmung der Tierschützer-Wohnungen mittels Rammbock erfolgten. Seit 2006 ist Rudolf Plessl SPÖ-Bürgermeister von Untersiebenbrunn im Marchfeld. Im Oktober 2008, nach dem Ende der SOKO-Tätigkeit, wurde Plessl von der SPÖ als Abgeordneter in den Nationalrat entsandt.

Im Parlamentsbüro von Plessl meldet sich ein Mitarbeiter von ihm, der mir mitteilt, Plessl sei gerade ‘im Bezirk’ unterwegs. Er verspricht mir binnen weniger Tage die gewünschten Informationen zur verdeckten Ermittlung. Nach rund einer Woche erhalte ich eine Auflistung der relevanten Paragraphen in Strafgesetzbuch, Sicherheitspolizeigesetz und Strafprozessordnung.

Eine rechtliche Grundlage für ‘Frau Durand’ ist aus diesen Paragraphen nicht eindeutig erkennbar. Ich begebe mich daher in den Dschungel diverser Pressestellen. Siehe Fortsetzung.



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Weitere Infos: Linktipp: Gerd Maiers Homepage - www.gerdmaier.com
GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /