© IG Passivhaus
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Grenzüberschreitende Kooperation fördert energieeffizientes Sanieren

200 Teilnehmer aus Vorarlberg, dem Allgäu und Baden-Württemberg beim 2. GRIPS-Jahreskongress in Dornbirn

Dornbirn - Jede Gebäudesanierung bietet die Chance nicht nur den Wohnkomfort und die Gestaltung eines Hauses zu verbessern, sondern auch den Energieverbrauch und damit die Folgekosten erheblich zu reduzieren. Das grenzüberschreitende Initiativprogramm ‘Sanieren mit GRIPS" hat es sich zur Aufgabe gemacht, in Vorarlberg, dem Allgäu und im Bodenseeraum energieeffizientes Sanieren zu fördern und die Sanierungsqualität zu verbessern. Die Bedeutung dieser länderübergreifenden Kooperation zeigt der 2. GRIPS-Jahreskongress: 200 Teilnehmer aus den Teilnehmerregionen tauschen am Freitag, den 26. November im Kulturhaus Dornbirn, neueste Erkenntnisse und Erfahrungen aus.

Spätestens seit dem letzten UN-Klimabericht nimmt auch die breite Öffentlichkeit die drohenden Auswirkungen des Klimawandels zur Kenntnis. 40 Prozent der europaweit verbrauchten Energie werden für den Betrieb und vor allem die Beheizung und Kühlung von Gebäuden verwendet. Ein Großteil der CO2-Emissionen von Wohngebäuden geht von Häusern aus, die Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts oder früher gebaut wurden.

So sind etwa 70 Prozent der Gebäude in Baden-Württemberg vor 1978 und damit vor dem Inkrafttreten erster energetischer Vorgaben gebaut. 90 Prozent der CO2-Emissionen aller Wohngebäude gehen auf ihre Kosten. Ähnlich sieht es auch in den anderen Regionen rund um den Bodensee aus. ‘Kein Wunder also, dass das Thema Sanieren eines der wichtigsten Themen im Umgang mit der Lösung des Raumwärmeproblems ist", betont der Geschäftsführer des Energieinstituts Vorarlberg DI Dr. Adi Groß.

Sanierungsoffensive - "Schaffa, schaffa, Haus sanieren"
Die Zahl der Wohnbausanierungen ist dank großzügiger Förderung durch das Land Vorarlberg bemerkenswert gestiegen, informiert Landesrat Mag. Karlheinz Rüdisser. Grundsätzlich werden in Vorarlberg für Sanierungen höhere Förderungen als für den Neubau vergeben. ‘Das Land Vorarlberg hat durch die in den Jahren 2009 und 2010 ausgerufene Sanierungsoffensive die Förderungszusagen im Bereich der Wohnhaussanierung gegenüber 2008 verdreifacht (3.010 Förderungszusagen im Jahre 2009) bzw. heuer bis zum Jahresende gegenüber 2008 fast verfünffacht. Das zugesagte Fördervolumen hat sich von 9,2 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 50,3 Millionen Euro im Jahr 2009 erhöht. Heuer werden wir wahrscheinlich die 90 Millionen Euro-Grenze erreichen."

Die Sanierung von Gebäuden bringt viele Vorteile mit sich, fasst Landesrat Rüdisser zusammen: sinkende Energiekosten, reduzierte Emissionen, höherer Gebäudewert, die Wohnqualität steigt und es werden keine zusätzlichen Flächen verbaut. Und nicht zuletzt erhält die Wirtschaft wichtige Impulse.

Insgesamt betrachtet ist die Wohnbauförderung ein wichtiges Steuerungsinstrument auf dem Weg zur Energieautonomie 2050, betont Landesrat Rüdisser. Neben der Sanierungsoffensive wird beispielsweise im Neubau der vor Jahren begonnene Weg der Reduktion des Heizwärmebedarfs fortgesetzt. Mit Hilfe von flankierenden Maßnahmen (zum Beispiel Förderung der kontrollierten Be- und Entlüftung sowie Passivhausverpflichtung für gemeinnützige Bauträger) wird der Trend hin zur Errichtung von Niedrigenergie- bzw Passivhäusern unterstützt.

Netzwerke garantieren hohe Qualität aus einer Hand


Das Energieinstitut Vorarlberg ist Veranstalter des 2. GRIPS-Jahreskongresses im Kulturhaus Dornbirn. ‘Sanieren mit GRIPS"(Grenzüberschreitendes InitiativProgramm für Sanieren) ist ein Interreg IV-Projekt, zu dem sich das Energieinstitut Vorarlberg, das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!) und die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) zusammengeschlossen haben. Ziel dieser grenzüberschreitenden Kooperation ist es, energieeffizientes Sanieren zu fördern und gleichzeitig die Qualität von Gebäudesanierungen zu verbessern.

‘Um diese Ziele zu erreichen, braucht es gut ausgebildete Planer, Handwerker und Energieberater, die ihren Kunden Dienstleistungen und Know-how qualitätsorientiert und in partnerschaftlicher Zusammenarbeit anbieten", betont eza!-Geschäftsführer DI Martin Sambale.

‘Vernetzt untereinander und über die Grenzen hinweg ergeben sich Vorteile für alle Beteiligten, nicht zuletzt der Aufbau eines Netzwerks, das ein qualitativ hochwertiges Angebot für Hausbesitzer und Bauherren garantiert", ergänzt KEA-Geschäftsführer Dr. Volker Kienzlen.

Partnerbetrieb Traumhaus Althaus seit 10 Jahren aktiv


Zu diesem Zweck hat das Energieinstitut Vorarlberg bereits vor 10 Jahren die Plattform Partnerbetrieb Traumhaus Althaus ins Leben gerufen. Die Plattform umfasst derzeit 65 Mitglieder, darunter Architekten, Ingenieure und Handwerksbetriebe. Alle Partnerbetriebe haben sich einem Ehrenkodex verschrieben, der laufende Weiterbildung, Erfahrungsaustausch und die Teilnahme an einem Kundenbewertungssystem vorsieht.

Ähnlich organisiert ist das Netzwerk eza!partner im Allgäu, das 2002 nach dem Konzept der Vorarlberger Partnerbetriebe gegründet wurde und derzeit 138 Mitglieder - Architekten, Ingenieure, Handwerksbetriebe, Bauunternehmen, Händler und Hersteller - umfasst. Ein weiteres Partnerbetriebsnetzwerk soll im kommenden Jahr unter Leitung der Energieagentur Ravensburg in Oberschwaben entstehen. ‘Die Erfahrungen unserer Partner sind uns dabei von großem Nutzen", so Volker Kienzlen.

Für eine qualitätsvolle kontinuierliche Weiterbildung sorgen alle drei Institutionen in ihren Regionen. Sämtliche Veranstaltungen stehen den Mitgliedern aller drei Organisationen offen. ‘Daraus ergibt sich eine Fülle an Weiterbildungsmöglichkeiten für die Mitgliedsbetriebe und Energieberater", freut sich Kurt Hämmerle, Programmleiter für GRIPS und Partnerbetrieb Traumhaus Althaus am Energieinstitut Vorarlberg.

Veranstaltungen sind für alle Mitglieder offen
Die Plattform Partnerbetrieb Traumhaus Althaus hat in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Veranstaltungen wie Plattformtage, Fachseminare, Informationsveranstaltungen oder Exkursionen durchgeführt. In Summe waren es 23.000 Teilnehmerstunden zum Thema energieeffizientes und ökologisches Sanieren. Innerhalb der Veranstaltungen gab es rund 170 Referate und 120 Workshops. Ähnlich im Allgäu und in Baden-Württemberg.

Gemeinsam haben die drei Organisationen in den vergangenen Monaten einen ersten Entwurf zu einem Beraterhandbuch entwickelt, das in allen drei Regionen Anwendung finden soll. Zugeschnitten auf den Endkunden werden in dem Buch detaillierte Fragen des Sanierens bildlich und einfach dargestellt und erklärt. Wie zum Beispiel das richtige Einbauen eines Fensters in die Fassade, die richtige Einbettung einer Solaranlage oder die Errichtung eines guten Wandaufbaus. Das Beraterhandbuch soll Energieberatern und Partnerbetrieben im Laufe des kommenden Jahres zur Verfügung stehen.

Stabile Sanierungsrate von drei Prozent ist möglich
‘Die Gebäudesanierung ist technisch, rechtlich, sozial und finanztechnisch wesentlich komplexer als der Neubau", betont Energieinstituts-Geschäftsführer Adi Groß. Jedes Gebäude bietet andere Voraussetzungen und verlangt eine sehr individuelle Sanierungslösung. Gerade vor dem Hintergrund der Energiezukunft Vorarlberg, die bis 2050 die Energieautonomie Vorarlbergsvorsieht, müsse es in den nächsten Jahrzehnten aber gelingen, den Energieverbrauch der Gebäude wesentlich zu reduzieren.

‘Das Ziel ist ambitioniert, aber machbar", betont Groß. Unter folgenden Voraussetzungen könne der Energieverbrauch bis 2050 um 75 Prozent reduziert werden: Passivhausstandard für alle Neubauten ab 2020, guter Niedrigenergiehausstandard in der Sanierung ab 2020, eine Erhöhung der Sanierungsrate auf drei Prozent, eine stabile Abbruchrate von einem Prozent und eine Anhebung des verdichteten Wohnbaus von derzeit etwa 60 Prozent auf 80 Prozent.

‘Die hervorragenden Bedingungen in der Wohnbauförderung für die Sanierung haben in den vergangenen zwei Jahren gezeigt, dass eine Sanierungsrate von drei Prozent durchaus möglich ist", so Groß. ‘Eine umfassende Sanierungsstrategie ist aber nicht ohne weiteres beziehungsweise von einzelnen Akteuren gestaltbar", ist Adi Groß überzeugt. ‘Es ist notwendig, das alle relevanten Akteure in einen Dialog treten und eine gemeinsame Umsetzungsstrategie entwickeln."

Sanierungen als wichtiger Beitrag zum Klimaschutz
Gebäudesanierungen bieten viele Vorteile. Wie kaum eine andere Maßnahme haben Sanierungen eine hohe und regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungswirkung. Das wiederum bewirkt eine hohe Auslastung heimischer Betriebe. Die Bewohner erhalten eine höhere Wohnqualität und geringere Energiekosten, die Eigentümer profitieren von höheren Immobilienwerten. Adi Groß: ‘Sozusagen nebenbei tritt in Summe eine enorme Energieeinsparung ein und somit ein ganz wesentlicher Beitrag für den Klimaschutz."

Der 2.GRIPS-Jahreskongress versteht sich als Forum der Informationsvermittlung und des Austauschs zwischen den Mitgliedern der drei Partnerorganisationen. Gelegenheit dazu gibt es heute, den 26. November, in zahlreichen Vorträgen und Workshops im Kulturhaus Dornbirn. Morgen Samstag haben die Teilnehmenden die Gelegenheit, in einer Exkursion drei gelungene Sanierungsbeispiele in Vorarlberg zu besichtigen.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /