Österreichs Autobahnbauprojekte basieren auf überhöhten Verkehrsprognosen

Zahl der Pendler stagniert, Verkehr wächst nur mehr langsam -160 Meter Westring kosten so viel wie Einsparungen im Pflegebereich

Wien - Österreichs Autobahn- und Schnellstraßenprojekte basieren auf stark überhöhten Verkehrsprognosen, macht der VCÖ aufmerksam. Seit dem Jahr 2005 nimmt der Straßenverkehr in Österreich nur mehr langsam zu. Die Zahl der Pendler stagniert. Schon heute hat Österreich das drittdichteste Autobahnnetz in der EU. Die budgetierten Kosten der geplanten Projekte belaufen sich auf mehr als sieben Milliarden Euro. Der VCÖ fordert die Erstellung eines Gesamtverkehrskonzepts bevor weitere Autobahnen und Schnellstraßen gebaut werden.

Österreich hat ein ausgezeichnet ausgebautes hochrangiges Straßennetz. Ingesamt gibt es bereits 2.175 Kilometer Autobahnen und Schnellstraßen, um 176 Kilometer mehr als im Jahr 2002. Mit 262 Kilometer pro Million Einwohner hat Österreich das drittdichteste Autobahnnetz in der EU, so eine VCÖ-Untersuchung. Weitere 350 Kilometer Autobahnen und Schnellstraßen sind geplant.

"Viele dieser Projekte waren bereits im Generalverkehrsplan des Jahres 2002 enthalten. Damals erwartete man, dass der Straßenverkehr weiter so stark zunimmt wie in den 90er Jahren und deshalb der Bau dieser Straßen notwendig wäre. Doch das Verkehrswachstum hat sich seit dem Jahr 2005 deutlich verringert. Der Autoverkehr stagniert, ebenso der Motorisierungsgrad und die Zahl der Pendler. Aus Verkehrssicht ist der Bau der geplanten Autobahn- und Schnellstraßenprojekte nicht mehr zu rechtfertigen", stellt VCÖ-Experte DI Martin Blum fest.

Der VCÖ weist darauf hin, dass allein die budgetierten Kosten der von der Asfinag geplanten Projekte mehr als sieben Milliarden Euro betragen. Die Erfahrung zeigt, dass die tatsächlichen Kosten die budgetierten Kosten deutlich übersteigen. Schon heute betragen die Schulden der Asfinag rund 12 Milliarden Euro. Ein weiteres Anwachsen der Schulden bringt Österreichs Budgetfahrplan in Gefahr. Bis zum Jahr 2014 sind auf EU-Ebene Änderungen geplant, die dazu führen können, dass der Schuldenberg der Asfinag den Staatsschulden Österreichs zugerechnet wird und Österreichs Budgetdefizit damit stark steigt.

"In Frankreich gibt es bereits einen Autobahnbaustopp. Auch in Österreich sollte bei den Ausgaben für den Straßenbau auf die Bremse gestiegen werden. Bevor weitere Milliarden Euro verbaut werden, ist genau zu prüfen, ob diese Autobahnen und Schnellstraßen in Zukunft überhaupt noch notwendig sind. Grundlage für diese Entscheidung sollte ein Gesamtverkehrskonzept sein mit klaren Zielvorgaben zur zukünftigen Entwicklung des Verkehrs in Österreich", so Blum.

Beispielsweise kosten 160 Meter des Westrings in Linz so viel, wie im Pflegebereich im Jahr 2011 eingespart wird. Die jährliche Einsparung bei der Familienbeihilfe von Studierenden macht so viel aus wie ein halber Kilometer der geplanten Lobau-Autobahn kostet. Auch die Beschäftigungswirkung des Autobahnbaus ist vergleichsweise gering. Eine Milliarde Euro in den Bau einer Autobahn investiert, bringt pro Jahr nur 10.190 Arbeitsplätze. Eine Milliarde Euro in die Radfahrinfrastruktur schafft hingegen 15.935 Jobs und der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs bringt sogar rund 16.500 Arbeitsplätze.

Hohe Kosten bei den geplanten Autobahn und Schnellstraßenprojekten

A 3 Südost Autobahn Knoten Eisenstadt - Klingenbach
Kosten: Noch keine Kosten bekannt

A 5 Nord Autobahn Schrick - Staatsgrenze bei Drasenhofen
Kosten: 400 Millionen Euro
Kosten / km: 11,94 Mio. Euro

A 9 Pyhrn Autobahn Tunnelkette Klaus - Vollausbau
Kosten: 192 Millionen Euro
Kosten / km: 24,0 Mio. Euro

A 12 Inntal Autobahn Abschnitt Haiming - Tschirganttunnel - Nassereith
Kosten: 204 Millionen Euro
Kosten: 29,14 Mio. Euro

A 23 Südosttangente Wien Spange Flugfeld Aspern
Kosten: 428 Millionen Euro
Kosten / km: 53,5 Millionen Euro

A 23 Südosttangente Wien Anschlussstelle Landstrasse
Kosten: 107 Millionen Euro
Kosten / km: 123,95 Millionen Euro

A 26 Linzer Autobahn Westring Linz
Kosten: 527 Millionen Euro
Kosten / Km: 122,56 Mio. Euro

S 1 Wiener Außenring Schnellstraße Schwechat - Süßenbrunn
Kosten: 1,7 Milliarden Euro
Kosten / km: 89,5 Mio. Euro

S 3 Weinviertler Schnellstraße Hollabrunn Süd - Staatsgrenze bei Kleinhaugsdorf
Kosten: 154 Millionen Euro
Kosten / km: 10,85 Mio. Euro

S 7 Fürstenfelder Schnellstraße Riegersdorf (A 2) - Staatsgrenze bei Heiligenkreuz
Kosten: 549 Millionen Euro
Kosten / km: 18,93 Mio. Euro

S 8 Marchfeld Schnellstraße S1 - Staatsgrenze bei Marchegg
Kosten: 608 Millionen Euro
Kosten / km: 17,88 Mio. Euro

S 31 Burgenland Schnellstraße Oberpullendorf - B 61 - Staatsgrenze
Kosten: 25 Millionen Euro
Kosten / km: 4,17 Mio. Euro

S 34 Traisental Schnellstraße St. Pölten / Hafing (B 1) -Kn. St. Pölten / West (A 1) -Wilhelmsburg Nord (B 20)
Kosten: 169 Millionen Euro
Kosten / km: 18,78 Mio. Euro

S36 Murtal Schnellstraße Teilabschnitt 2: St. Georgen - Scheifling
Kosten: 174 Millionen Euro
Kosten / km: 19,33 Mio. Euro

S36 Murtal Schnellstraße Teilabschnitt 1: Judenburg - St. Georgen ob Judenburg
Kosten: 323 Millionen Euro
Kosten / km: 26,92 Mio. Euro

S 37 Klagenfurter Schnellstraße Scheifling (S 36) - Klagenfurt Nord (A 2)
Kosten: 1,4 Milliarden Euro
Kosten / km: 21,21 Millionen Euro

Quelle: Asfinag, VCÖ 2010


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /