© Gerhard Loidl (Land OÖ)
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Vereinte Nationen: AKW Mochovce bricht internationales Recht!

GLOBAL 2000-Klage bei der UNO in Genf (UN-ECE) endgültig bestätigt, UmweltschützerInnen fordern Baustopp und neue Umweltverträglichkeitsprüfung

Das Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) hat in seiner abschließenden Entscheidung bestätigt, dass beim Bau des AKW Mochovce 3/4 die Aarhus-Konvention über Umweltinformation undÖffentlichkeitsbeteiligung missachtet wird. "Wir fordern einen Baustopp des unrechtmäßigen Projekts, korrekte Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, sowie eine neue, rechtlich korrekt durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung", sagt dieösterreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, die zusammen mit Friends of the Earth Europe, Greenpeace Slowakei und International sowie Za Matky Zem und VIA IURIS die Beschwerde bei der Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) eingereicht hat.

Die slowakische Regierung wollte sogar die Genfer Richter davonüberzeugen, dass die Richter die Aarhus-Konvention falsch auslegen, und schickte noch in der letzten Phase der Entscheidung lange Erklärungen ihres Standpunktes. Das zeigt, dass die slowakische Republik dieses Gerichtsverfahren ernst nimmt, jetzt muss sie sich dem Richterspruch aber auch beugen", berichtet Reinhard Uhrig, Anti-Atom-Experte von GLOBAL 2000

Das Komitee bestätigt in der Rechtsprechung, dass drei zentrale Abänderungen des ursprünglichen Bauplans im Jahr 2008 ohne Beteiligungsmöglichkeit der betroffenen BürgerInnen erfolgt sind und dass die erst im Nachhinein durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), bei welcher sich auch dieösterreichische Öffentlichkeit beteiligt hatte, nichts daran änderte, da sie Beteiligung "frühzeitig und effektiv" zu erfolgen habe.

ZTL: Die Slowakei begeht Rechtsbruch

"Die Slowakei bricht damit Artikel 6, Absatz 4 der Aarhus-Konvention, die die Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreibt. Das Komitee bestätigt klar unsere Sicht der Rechtslage", sagt Mag. Thomas Alge, der ÖKOBÜRO-Jurist, der die Umweltschutzorganisationen bei diesem Fall unterstützt.

"Die Slowakei redet wiederholt von 'kleineren Abänderungen' bei der Fertigstellung der alten Reaktoren aus den 1980ern, für die keineÖffentlichkeitsbeteiligung notwendig sei", so Uhrig, "gleichzeitig wird jedoch behauptet, dass durch die Änderungen beim Bau des sowjetischen Reaktordesigns aus den 1970ern der technische Stand des 21. Jahrhunderts erreicht würde. Dafür wurden unter anderem das 'Gehirn', die analoge Leittechnik des AKW ausgetauscht und 120 sicherheitstechnisch relevante Änderungen genehmigt. Das sind definitiv keine kleinen Änderungen und damit ist klar, dass die Slowakei rechtswidrig vorgeht!"

Das Bestreben der Slowakei, das Bauprojekt so schnell wie möglich fertig zu stellen und dabei die 'mühsame' Beteiligung der betroffenen BürgerInnen möglichst gering zu halten wird jetzt drastisch gebremst: Die Europäische Union hat die Aarhus-Konvention ebenfalls ratifiziert und die Europäische Kommission ist daher verpflichtet, die Einhaltung der Aarhus-Konvention durch die Mitgliedsstaaten zu überwachen und gegebenenfalls die Einhaltung des europäischen Rechts einzuklagen. "Die EU-Kommission sollte sofort ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof einleiten", so Alge, denn die unzureichende Bürgerbeteiligung stellt eine Verletzung der UVP-Richtlinie da. Die slowakischen Gerichte sind nun am Zug, diesen Spruch in der Slowakei durchzusetzen. Die slowakischen NGOs haben weitere rechtliche Maßnahmen wie etwa einstweilige Verfügungen angekündigt.

Entscheidung ist klares Signal für EU-Kommission

"Die AKW Mochovce-Entscheidung ist ein klares Signal an die Europäische Kommission", so Umweltminister Niki Berlakovich, "sie ist die Hüterin der Verträge." Und damit "ist es auch Aufgabe der Kommission dafür Sorge zu tragen, dass die Slowakei ihren Verpflichtungen nachkommt", so Berlakovich zur Bestätigung des Aarhus Implementierungsausschusses (Compliance Committee) der Vereinten Nationen, wonach beim Bau des AKW Mochovce 3/4 das Recht auf "Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltrelevanten Entscheidungen" verletzt wurde.

Die jetzt durchgeführte UVP ist überhaupt erst auf Druck von Österreich zustande gekommen. "Wir werden jedenfalls weiter bei der Europäischen Kommission die Klärung der offenen EU-Rechtsfragen einfordern", so Umweltminister Berlakovich, "Ich gehe davon aus, dass die Kommission diese Entscheidung ernst nimmt."

- Eine mehr als "peinliche Blamage" ist laut Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima die aktuelle Entscheidung des Aarhus Implementierungsausschusses für die Betreiber des slowakischen AKW Mochovce. . "Die EU-Kommission muss endlich einschreiten, der geplante Weiterbau von Block 3 und 4 und die Genehmigungsverfahren sind völlig inakzeptabel", so Sima. Über 200.000 Wienerinnen und Wiener haben bereits bei der grenzüberschreitenden UVP gegen den Weiterbau unterschrieben. Die
Stadt Wien hat daraufhin auch beim Europäischen Gerichtshof gegen Mochovce geklagt. "Nur 160 km von Wien entfernt will der italienische Energieversorger ENEL das AKW um zwei Blöcke weiterbauen, es handelt sich um einen Uralt-Reaktor mit gravierenden Baumängeln", warnt Sima.
"Die Kommission muss sich endlich ihrer Verantwortung zum Thema Sicherheit stellen, es ist unerträglich, wie sie bisher versucht, bei diesem Thema auf Tauchstation zu bleiben", kritisiert Sima abschließend scharf.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /