Quelle: DEUTSCHE ROCKWOOL

Ecofys-Studie schlägt konkrete Sofortmaßnahmen vor

Oettinger fordert höhere Sanierungsquote

Günther Oettinger will die Sanierungsquote bei öffentlichen Gebäuden erhöhen. © EU

EU-Energiekommissar Oettinger fordert für die öffentliche Hand eine Sanierungsquote von drei Prozent. Bisher war nur von zwei Prozent die Rede. Derzeit beträgt die Quote 1,5 Prozent.

EU-Energiekommissar Günther Oettinger will die öffentliche Hand zwingen, mit gutem Beispiel voran zu gehen und jährlich drei Prozent ihres Gebäudebestandes zu sanieren, um den Energieverbrauch zu senken. In bisherigen Vorschlägen der EU-Kommission zu Maßnahmen zur Erreichung der Energieeinsparziele der Europäischen Union war nur von zwei Prozent die Rede. Derzeit beträgt die Sanierungsquote bei der öffentlichen Hand etwa 1,5 Prozent. 

Oettingers Vorschlag ist Teil eines Aktionsplans, der zu Beginn der Woche von der Europäischen Union angenommen worden ist. Zudem verabschiedete die Kommission einen neuen "Fahrplan für eine kohlenstoffarme Wirtschaft bis 2050". Dieser sieht vor, dass der CO2-Ausstoss bis 2020 um 25 statt wie bisher geplant um 20 Prozent gegenüber dem Ausstoß des Jahres 1990 gesenkt wird. Mit dieser Erhöhung hat sich Klimakommissarin Connie Hedegaard gegen Oettinger und Kritiker aus der Industrie durchgesetzt. Zudem wurde das Einsparziel bis 2030 auf 40 Prozent und bis 2040 auf 60 Prozent festgelegt.

Oettinger wollte zunächst am 20-Prozent-Ziel festhalten, das allerdings schon fast erreicht ist. 2009 lag Europas Treibhausgasausstoß 16 Prozent unter dem Wert von 1990. Zwar sind die Emissionen im vergangenen Jahr wieder gestiegen, doch die Erreichung des Minus-20-Prozent-Ziels steht außer Frage. 

Einig sind sich Oettinger und Hedegaard darin, dass zunächst vor allem die Bemühungen zur Energieeinsparung verstärkt werden müssen. Denn anders als bei der Verringerung des CO2-Ausstosses sind die Mitgliedsstaaten der EU hier weit von dem ebenfalls 2007 beschlossenen Ziel entfernt, bis 2020 20 Prozent weniger Energie zu verbrauchen. "Nach heutigem Stand würden wir eher bei neun als bei 20 Prozent ankommen", sagte Oettinger bei der Vorstellung des neuen CO2-Fahrplans und seines Aktionsplans.

Neben der höheren Sanierungsquote bei öffentlichen Gebäuden sieht letzterer unter anderem vor, "intelligente Netze und Zähler" zu fördern – sehr zur Freude des Verbandes der europäischen Hersteller von Gebäudeautomation und Mess-, Steuer- und Regeltechnik eu.bac. Der Energieeffizienzplan der Europäischen Kommision untermauere die Bedeutung der intelligenten Gebäudetechnik und des Energiemanagements. "Das ist eine große Chance für öffentliche und private Eigentümer, von unseren Errungenschaften zu profitieren", so eu.bac-Präsident Jean-Yves Blanc.

eu.bac sieht durch den Plan auch zum systematischen Energiespar-Contracting ermutigt. Das Contracting ermögliche es, ohne vorhergehende Kapitalkosten auszukommen. Die öffentliche Hand nutze es bereits seit 20 Jahren. Um dem wachsenden Bedarf nach Energiespar-Contracting und Energiedienstleistungen Rechnung zu tragen habe eu.bac die Vereinigung europäischer Energiedienstleister eu.ESCO gegründet, die Behörden unter anderem durch eine spezielle Kalkulations- und Messmethode dabei unterstütze, die Einsparziele des Energieeffizienzplans zu erfüllen.

Derzeit sind diese Ziele allerdings nach wie vor nicht bindend. Rechtsverbindliche Zielvorgaben für die EU-Mitgliedsländer wird es frühestens 2013 geben - wenn diese bis dahin nicht freiwillig genug getan haben. Bis Mitte 2011 will Oettinger außerdem Investitionsanreize und Finanzierungsinstrumente vorschlagen, um private Hauseigentümer zur energetischen Sanierung zu bewegen. Zudem müssten Mieter zum Energiesparen animiert werden.

Ecofys schlägt Mehrwertsteuersenkung vor

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ist bereits einen Schritt weiter: Er hat bereits sieben politische Maßnahmen für mehr Energieeffizienz identifiziert, die sich sofort umsetzen ließen. Dazu gehört eine Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent für Handwerksleistungen, die zur energetischen Sanierung dienen, die Förderung von Energiesparcontracting, wenn Hausbesitzer ihre Energieversorgung an Dritte abgeben, sowie ein Fonds für Gebäudeeffizienz, dessen Mittel nicht mehr von Haushaltsplanungen abhängen.

Sowohl die niedrigere Mehrwertsteuer als auch das Fonds-Modell werden in der EU und in Deutschland bereits seit längerem diskutiert. So erklärte Melanie Haas, damals stellvertretende Pressesprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bereits im Wahlkampf 2009 gegenüber EnBauSa.de: "Mit einem Energiesparfonds, der jährlich mit mindestens zwei Milliarden Euro ausgestattet wird, wollen wir besonders finanziell Schwächeren helfen, Strom und Wärme einzusparen und so die Energiekosten zu senken."

Laut dem Beratungsunternehmen Ecofys, das die Maßnahmen im Auftrag des VCI in einer Studie im Hinblick auf die Klimaziele Deutschlands und der EU entwickelt hat, ließen sich allein durch diese drei Maßnahmen bei ambitionierter Umsetzung bis 2020 rund 18 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Für die weiteren vier vorgeschlagenen Maßnahmen wurde das Einsparpotenzial nicht berechnet. Die sind ein ökologischer Mietspiegel, die Kopplung der Architektenhonorare an Kriterien für die Energieeffizienz, ein Energiekataster sowie die Gründung von Energieeffizienzzentren, damit Sanierer alle Informationen aus einer Hand bekommen können.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Maßnahmen teilweise selbst finanzieren. So sollen laut Ecofys beispielsweise die Mindereinnahmen bei der Mehrwertsteuer durch mehr Beschäftigung und Produktnachfrage ausgeglichen werden. VCI-Präsident Klaus Engel stellt jedoch klar: "Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht kostenlos, denn Klimaschutz kostet immer Geld."

Das sehen auch die EU-Kommissare Oettinger und Hedegaard so. Nach jüngsten Berechnungen der EU-Kommission müssen bis 2050 jährlich 270 Milliarden Euro investiert werden, um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 wie beabsichtigt zu senken. Der Betrag entspreche rund 1,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der EU-Staaten, heißt es in dem Strategiepapier von EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard. 

Von unserer Redakteurin Silke Thole

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