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Atomkraft: Gundremminger Leistungserhöhung?

Geht es nach RWE und EON, soll der größte Ausbau der Atomenergie in Deutschland seit fast 20 Jahren soll erfolgen

"Durch die von Deutschlands größtem Kernkraftwerk, dem AKW Gundremmingen, beantragte Leistungserhöhung beider Reaktoren wächst die Wahrschein­lichkeit von Brennelementschäden und erhöhten radioaktiven Emissionen, sinken die Sicherheitsreserven und verlängert sich die Dauer der erforderlichen Zwischenlagerung. Aus allen drei Gründen muß zum Schutz von Gesundheit und Umwelt die beantragte Leistungserhöhung abgelehnt werden!

Das bisherige Genehmigungsverfahren verlief besorgniserregend undurchsichtig: Ende der 1990er Jahre wurde mehrere Jahre mit den Behörden heimlich eine Leistungserhöhung der Gundremminger Reaktoren diskutiert. Auch bei den jährlichen Kraftwerksgesprächen ist dies dem Vernehmen nach den Landräten, Parlamentariern, Bürgermeistern usw. nicht mitgeteilt worden. Sogar der Genehmigungsantrag im September 1999 wurde den Bürgerinnen und Bürgern verheimlicht. Erst die Bürgerinitiative informierte die Menschen.

Daraufhin verkündeten der das AKW führende Stromkonzern RWE sowie das Bayerische Umweltministerium als Genehmigungsbehörde, man wolle die Öffentlichkeit beim Genehmigungsverfahren nicht beteiligen, da dies vom Atomgesetz nicht zwingend vorgeschrieben sei, wenn keine nachteiligen Auswirkungen auf die Menschen und die Umwelt zu befürchten seien. Die Genehmigung sei eigentlich ein Routinevorgang, mit dessen Abschluss in etwa eineinhalb Jahren zu rechnen sei.
Das wäre Frühjahr 2001 gewesen.

Im Laufe der Zeit wurde der Genehmigungsantrag wieder zurückgezogen, ein neuer eingereicht und einige Jahre ruhte das Verfahren. So wurde offensichtlich: Die erforderlichen Sicherheitsnachweise konnten nicht erbracht werden. Aber weder RWE noch die Genehmigungsbehörde informierten die Öffentlichkeit darüber, welche Sicherheitsfragen denn jahrelang nicht beantwortet werden konnten. Das Versprechen ‘gläserne Kraftwerk’ wurde von RWE somit erneut gebrochen.

Und das Bayerische Umweltministerium glaubte offenbar, die kritischen Nachfragen der Bürgerinitiative aussitzen zu können. Den einstimmig gefassten Beschluss des Dillinger Kreistags, dass die Leistungserhöhung wegen der ungeklärten Häufung von Krebserkrankungen sowie der ungelösten Atommüllprobleme unterbleiben solle, hielt man für bedeutungslos und ignorierbar." meint das FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager in einer aktuellen Aussendung.

Wie wird die Leistungserhöhung gemacht?

Die Brennstäbe (in den zwei Gundremminger Reaktoren besteht ein Brennelement aus 10 x 10 und somit 100 Brennstäben) werden mit mehr Spaltstoff versehen und ‘man gibt mehr Gas’. Die Reaktoren werden also durch schneller Laufenlassen der Umwälzpumpe und leichtes Herausziehen der Steuerstäbe so geregelt, dass mehr Atome des Spaltstoffes gespalten werden. So wird mehr Wärme freigesetzt und mehr Dampf produziert. Dies belastet aber die Hüllrohre der Brennstäbe sowohl durch höhere Temperaturen als auch durch die stärkere Neutronenstrahlung. Dadurch sind mehr Risse sind zu befürchten. Daraus entweichen dann radioaktive Gase und eventuell sogar extrem strahlende Partikel in den Wasserkreislauf. Dort versucht man diese auch den Betrieb störende Radioaktivität wieder aufzufangen und dann ‘kontrolliert’ und gefiltert über den Kamin in die Luft abzulassen.

Das schärfere Fahren der Reaktoren verringert aber auch die Sicherheitsreserven eines Atomkraftwerks. Es ist wie bei einem Auto, wenn der Motor frisiert wird, aber Getriebe und insbesondere Bremsen nicht angepasst werden. Im Jahr 2007 kam sogar der Verdacht auf, dass die Leistungserhöhungen mittels eigentlich als unproblematisch angesehenen Turbinenoptimierungen mehrere schwere Ausfälle von Generatoren und Transformatoren in Deutschland verursacht haben. So hatte das AKW Krümmel wenige Monate nach einer Leistungserhöhung im Juni 2007 den Unfall mit Totalschaden des Transformators. Das AKW ist seitdem abgeschaltet.

Die höhere Spaltstoffanreicherung, also mehr Uran 235, und der damit von vier auf sechs bis sogar sieben Jahre verlängerte Einsatz der Brennelemente im Reaktor spart zwar Brenn­stoffmasse, verringert jedoch nicht die im Reaktor entstehende Radioaktivität. Im Gegenteil: Es werden mehr Transurane erzeugt, die noch stärker und länger strahlen. So entsteht der ‘Sachzwang’, die Zwischenlagerung sogar über die bisher genehmigten 40 Jahre hinaus zu verlängern.

Die Sicherheitsreserven des AKW werden kleiner und die Wahrscheinlichkeit eines Großunfalls größer, die bisher ungelöste Beseitigung des Atommülls wird noch schwerer lösbar. Die Steigerung der elektrischen Nennleistung um 112 Megawatt wäre zudem der größte Ausbau der Atomenergie in Deutschland seit fast 20 Jahren.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /