Stadtrat Ludwig stellt Techniknovelle 2007 für Wien vor

Wiener Bauordnung wird um OIB-Richtlinien und Energieausweis erweitert

"Die Techniknovelle 2007 umfasst zwei wesentliche Neuerungen: Zum einen werden die neuen bautechnischen Vorschriften, wie sie in den Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) definiert wurden, in die Wiener Bauordnungübernommen, zum anderen setzen wir damit die sogenannte EU-Gebäuderichtlinie um", erklärte Wohnbaustadtrat Dr. Michael Ludwig am Montag. Zentrales Element der Techniknovelle 2007 ist daher neben der Definition von energetischen Mindestanforderungen an Gebäude auch die Erstellung eines Energieausweises sowie der verpflichtende Nachweis über die Einsetzbarkeit alternativer Systeme bei allen Neubauten mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 1000m2, wie etwa Energieversorgungssysteme auf der Grundlage von erneuerbaren Energieträgern.

Derzeit weisen die technischen Bauvorschriften der einzelnen Bundesländer teils erhebliche Unterschiede auf, die insbesondere für die Bauwirtschaft ein Hindernis und höhere Kosten bedeuten. Laut Berechnungen, die die Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen (FGW) im Auftrag der Vereinigung industrieller BauunternehmenÖsterreichs (VIBÖ) angestellt hat, würde eine österreichweite Harmonisierung eine Einsparung in der Höhe von etwa zwei bis vier Prozent der Baukosten bewirken. "Durch die Übernahme aller sechs OIB-Richtlinien in die Bauordnung, schafft das Land Wien nun die Voraussetzungen für eine mögliche bundesweite Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften", unterstrich der Stadtrat.

Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Themen 'Energieeinsparung und Wärmeschutz' gelegt. So legt die OIB-Richtlinie 6 in einem ersten Schritt für Mehrwohnungsneubauten einen maximalen Heizwärmebedarf von 52 kWh pro Quadratmeter und Jahr fest. "Im Bereich des geförderten Wohnungsneubaus liegt Wien bereits heute deutlich unter diesen Anforderungen. So werden seit rund zehn Jahren in Wien ausschließlich Wohngebäude gefördert errichtet, die zumindest den Niedrigenergiestandard - das heißt einen Heizwärmebedarf von weniger als 40 kWh/m2/a - erreichen. Mit der Forcierung von Passivhäusern, die einen durchschnittlichen Heizwärmebedarf von 15kWh/m2 und pro Jahr haben, setzen wir darüber hinaus einen weiteren Meilenstein im ökologischen Wohnbau. Dadurch leistet die Stadt Wien einen weiteren, wichtigen Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen und damit zum Klimaschutz", betonte Ludwig.

Höhere Energieeffizienz durch Gebäuderichtlinie und Energieausweis

Ziel der Gebäuderichtlinie ist es, die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse sowie der Anforderungen an die Gebäudenutzung und der Kostenwirksamkeit zu verbessern. Daher legt die Techniknovelle 2007 Mindestanforderungen an den Heizwärme- und Kühlbedarf von Gebäuden fest. Diese Anforderungen sind spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Techniknovelle und in der Folge im Abstand von höchstens fünf Jahren zu überprüfen. Im Falle einer Änderung des Standes der technischen Wissenschaften wird eine Anpassung notwendig. Generell müssen Bauwerke und all ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass bei der Nutzung gewisse Grenzwerte nicht überschritten werden. Die Beurteilung darüber basiert auf der jeweiligen Verwendung des Bauwerks und den damit verbundenen Bedürfnissen. Dies betrifft insbesondere Heizung, Warmwasserbereitung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung. Einige Gebäude, wie etwa solche, die unter Denkmalschutz stehen oder bestehende Gebäude in Schutzzonen, sind gemäß §118 Abs. 4 von diesen Anforderungen ausgenommen.

Die Gebäuderichtlinie ist zugleich die Basis für die Erstellung und Vorlage eines Energieausweises, also einem Nachweis über die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes. Ab Inkrafttreten der Techniknovelle ist die Vorlage eines Energieausweises bei Einreichung um eine Baubewilligung für Neubau oder Zubau verpflichtend. Entspricht dieser den gültigen Richtlinien nicht und werden die Mängel nicht korrigiert, so weist die Baupolizei das Projekt zurück. Ebenso muss der Energieausweis bei Verpachtung, Vermietung oder Verkauf vorgelegt werden. In jedem Fall ist laut dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz das Zustandekommen eines neuen Miet- oder Kaufvertrags verpflichtend, bei bestehenden Verträgen besteht keine Vorlagepflicht.

Details zum Energieausweis

Der Energieausweis gibt Auskunft über den Heizwärmebedarf des Gebäudes, den Heiztechnik-Energiebedarf und den Endenergiebedarf des Gebäudes. Zudem werden Maßnahmen empfohlen - außer bei Neubauten -, deren Umsetzung für die Reduktion des Endenergiebedarfs des Gebäudes förderlich und technisch sowie wirtschaftlich zweckmäßig sind. Im Falle von Nicht-Wohngebäuden werden die erforderlichen Angaben durch den Kühlbedarf des Gebäudes und den Energiebedarf der haustechnischen Anlagen - getrennt für Heizung, Kühlung, mechanischer Belüftung sowie Beleuchtung des Gebäudes - ergänzt. Ausgestellt wird der Energieausweis von einem, durch einschlägige Ausbildung berechtigten Sachverständigen, einer akkreditierten Prüfstelle oder zertifizierten Personen wie beispielsweise Baumeistern oder Ziviltechnikern. "Der Energieausweis macht Immobilien vergleichbar und gibt den künftigen Mieterinnen und Mietern oder Eigentümerinnen und Eigentümern Auskunftüber den zu erwartenden Energieverbrauch", erklärte Ludwig. Gebäude mit einem geringeren Heizwärmebedarf werden im Wert steigen, während Gebäude, die einen hohen Heizwärmebedarf haben, in ihrem Wert eher sinken werden. Durch die Regeln des Marktes sollen private Hauseigentümer noch stärker zu Sanierungsmaßnahmen motiviert werden.

Der Energieausweis, der ab seiner Ausstellung maximal zehn Jahre gültig ist, besteht aus einer Effizienzskala sowie Angaben zu detaillierten Ergebnisdaten. Die Einstufung der Effizienzskala erfolgt in einer, von dem "Kühlschrank-Pickerl" bekannten grafischen Einteilung und berechnet sich aus dem jährlichen Heizwärmebedarf pro m2 Brutto-Grundfläche und bezogen auf das Referenzklima gemäß OIB-Leitfaden von Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden.

Für die Klassengrenzen werden folgende Werte festgelegt:

o Klasse A++: HWB _ 10 kWh/m2/a o Klasse A+: HWB _ 15 kWh/m2/a o Klasse A: HWB _ 25 kWh/m2/a o Klasse B: HWB _ 50 kWh/m2/a o Klasse C: HWB _ 100 kWh/m2/a o Klasse D: HWB _ 150 kWh/m2/a o Klasse E: HWB _ 200 kWh/m2/a o Klasse F: HWB _ 250 kWh/m2/a o Klasse G: HWB > 250 kWh/m2/a

Zwtl.: Kubatur von Kleingartenhäusern erhöht

Im Zuge der Techniknovelle 2007 wird auch die maximal zulässige Kubatur von Kleingartenhäusern von 250m3 auf 265m3 erhöht. Mit dieser Ausweitung des Gesamtvolumens wird eine Verbesserung der Wärmedämmung auch bei Kleingartenhäusern möglich, die die maximal zulässige Grundfläche von 50m2 bereits ausreizen. Diese Volumen-Obergrenze darf jedoch auch nach erfolgter Wärmedämmung nicht überschritten werden. Generell sind Kleingartenhäuser zwar von den festgeschriebenen Mindestanforderungen der OIB-Richtlinie 6 ausgenommen, sie müssen aber dennoch den, für neuerrichtete Kleingartenhäuser definierten Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,35 Watt pro Quadratmeter Kelvin erfüllen. Diesbezüglich genügt der Nachweis eines berechtigten Sachverständigen über den Wärme- und Schallschutz.

Quelle: PID-Rathauskorrespondenz:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /