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Gemeinsame Entschließung des Nationalrates soll die Klärung der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens herbeiführen

Laut Beschluss des Anti-Atom-Gipfels hängt die weitere Teilnahme des Landes Oberösterreich an der Temelin-Kommission von der Klärung dieser Grundsatzfrage ab

Im Rahmen des Anti-Atom-Gipfels am 20. Dezember 2007 wurde beschlossen, eine fraktionsübergreifende Entschließung des Nationalrates zu initiieren, um die Klärung der Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens herbeizuführen. Die weitere Teilnahme des Landes Oberösterreich an der Tätigkeit der bilateralen parlamentarischen Temelin-Kommission wurde von der einwandfreien Klärung dieser wichtigen Grundsatzfrage abhängig gemacht.

Ein Entwurf des gemeinsamen Entschließungsantrags wurde heute Vormittag an die oberösterreichischen Nationalratsabgeordneten mit der Bitte um Unterstützung übermittelt. Der Antrag sieht vor, die Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit auf der Ebene der Regierungschefs zu erörtern und einen Meinungsaustausch von Völkerrechtsexperten der beiden Länder zu ermöglichen. Zur endgültigen Klärung soll ein anerkannter Völkerrechtsexperte aus einem Drittstaat mit der Ausarbeitung eines Gutachtens beauftragt werden.

Die Klärung des völkerrechtlichen Status ist dringend erforderlich, da der tschechische Minister Cyril Svoboda die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Melk-Abkommens entschieden zurückgewiesen hat. Der Tätigkeit der bilateralen parlamentarischen Temelin-Kommission wurde dadurch die rechtliche Basis entzogen. ‘Ich hoffe auf die fraktionsübergreifende Unterstützung des Antrages’, erklärt Radko Pavlovec. ‘Von der einwandfreien Klärung dieser Grundsatzfrage hängen alle anderen Schritte ab’.

Der vorgeschlagene Entschließungsantrag

Entschließungsantrag
der Abgeordneten ……………….
und Kollegen

betreffend die Klärung des völkerrechtlichen Status des Melk-Abkommens sowie die weiteren Schritte zu seiner Umsetzung

Am 14.12.2006 wurde mit Zustimmung aller Parteien eine Entschließung verabschiedet, wonach die Bundesregierung an die Regierung der Tschechischen Republik als Vertragspartnerin des Melker Protokolls herantreten und mit der erfolgten Kollaudierung des AKW Temelin umgehend den Nachweis der Umsetzung

aller offenen Sicherheitsmaßnahmen wie im Anhang I des Melk-Abkommens (BGBl. 2001/266) festgelegt einfordern sollte. Für den Fall, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht werden sollte, wurden internationale Rechtsschritte verlangt.

Die Bundesregierung kam der Entschließung am 4.6.2007 nach, indem sie die tschechische Vertragsseite in einem Schreiben offiziell auf die Verletzung des Melk-Abkommens aufmerksam machte und seine Einhaltung einforderte. In anschließenden Verhandlungen der Regierungschefs wurde die weitere Behandlung der Problematik der Umsetzung des Melk-Abkommens im Rahmen einer bilateralen parlamentarischen Kommission angeregt.

Die Kommission nahm im Juli 2007 ihre Tätigkeit auf. Auf Expertenebene konnten einige der weniger relevanten Sicherheitspunkte des Anhang I des Melk-Abkommens einer abschließenden Klärung zugeführt werden. Die wichtigsten Sicherheitspunkte, welche auch wiederholt Eingang in internationale Berichte gefunden haben, bleiben hingegen nach wie vor ungelöst.

Die österreichische Seite geht, gestützt durch mehrere Gutachten, von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens aus. Die tschechische Seite äußerte hingegen bereits im Vorfeld und auch im Rahmen der ersten Sitzung der bilateralen parlamentarischen Kommission Zweifel an der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens. Von der tschechischen Seite wurden bisher keine völkerrechtlichen Gutachten zu diesem Thema präsentiert.

Aufgrund terminlicher Probleme auf der tschechischen Seite konnte diese grundlegende Frage erst im Rahmen der dritten Sitzung der bilateralen Kommission am 17. Dezember 2007 behandelt werden. Die Position der tschechischen Seite wurde von Minister Cyril Svoboda präsentiert. Nach seinen Aussagen sieht die tschechische Regierung das Melk-Abkommen nicht als völkerrechtlich verbindlich an. Eine Voraussetzung für die völkerrechtliche Verbindlichkeit wäre die von Anfang an bekundete diesbezügliche Absicht beider Vertragsparteien. Eine solche Absicht wäre jedoch von der tschechischen Seite angeblich niemals vorhanden gewesen.

Diese Darstellung steht im Widerspruch zu den bekannten Fakten aus den Verhandlungen des Melk-Abkommens. Von beiden Vertragsseiten wurde von Anfang an die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Abkommens angestrebt, welche durch die Verankerung im Beitrittsvertrag und der damit verbundenen Einklagbarkeit vor dem Europäischen Gerichtshof abgesichert werden sollte. Dieses Vorhaben scheiterte schließlich am Widerstand einiger EU-Länder.

Angesichts der Tatsache, dass die Suche nach einem Streitbeilegungsmechanismus die zentrale Aufgabe der bilateralen Kommission Temelin darstellt, entzieht die Position der tschechischen Seite zur völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens der weiteren Tätigkeit der Kommission ihre rechtliche Basis.

Die einwandfreie Klärung der Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens stellt daher eine Voraussetzung für die weiteren Schritte zu seiner Umsetzung sowie auch für die Einleitung in der Entschließung vom 14. Dezember 2006 genannten internationalen Rechtsschritte.

Aus den oben genannten Gründen sowie in Kenntnis der Notwendigkeit einer raschen Umsetzung des Melk-Abkommens im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung stellen die unterfertigten Abgeordneten den nachstehenden

Entschließungsantrag

Die österreichische Bundesregierung wird ersucht,

* die Regierung der Tschechischen Republik auf der Ebene der Regierungschefs über die Auffassung Österreichs zu unterrichten, wonach das Melk-Abkommen als ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen anzusehen ist und dies durch die offizielle Übermittlung der vorliegenden völkerrechtlichen Expertisen zu untermauern,

* die Regierung der Tschechischen Republik um die Übermittlung von völkerrechtlichen Gutachten zu ersuchen, auf deren Basis die im Rahmen der Sitzung der bilateralen parlamentarischen Kommission ‘Temelin’ am 17. Dezember 2007 von Herrn Minister Cyril Svoboda vorgetragene Rechtsmeinung beruht,

* der Regierung der Tschechischen Republik unter Hinweis auf die Dringlichkeit des Anliegens ein Treffen der Völkerrechtsexperten beider Länder, in dessen Rahmen die unterschiedlichen Positionen diskutiert werden können, sowie die gemeinsame Beauftragung eines anerkannten Experten aus einem Drittstaat zur endgültigen Klärung allfälliger anhaltender Differenzen vorzuschlagen,

* im Falle einer ablehnenden Reaktion der tschechischen Vertragsseite umgehend einen anerkannten Völkerrechtsexperten aus einem Drittstaat mit einem Gutachten zur Klärung der Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens zu beauftragen und dieses Gutachten zu veröffentlichen.

Die Tätigkeit der bilateralen parlamentarischen Kommission ‘Temelin’ soll bis zur endgültigen Klärung der Frage der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Melk-Abkommens ruhend gestellt werden. Die laufenden Kontakte auf Expertenebene sollen in diesem Zeitraum fortgesetzt werden.

In formeller Hinsicht verlangen die Unterfertigten die Zuweisung dieses Antrages an den Umweltausschuss.



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