© IGL Marchfeldkanal
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Small Ziesel, Big Business

Schluss mit Ziesel-Schlussverkauf. Einige Randflächen des Wiener Heeresspitals, die wie berichtet zum Verkauf standen, sind nun veräußert.

Laut Auskunft der SIVBEG wurde das Geschäft planmäßig abgewickelt. Dass die verkauften Flächen zumindest teilweise von den streng geschützten Zieseln besiedelt sein dürften, war dabei offenbar nicht von Relevanz.

Es stellt sich daher die Frage nach den Hintergründen, denn der umfassende Lebensraumschutz, den die Tiere laut Wiener Naturschutzgesetz genießen, lässt das beabsichtigte Großbauprojekt nördlich des Heeresspitals nicht zu. Ist der nunmehr erfolgte Verkauf letztlich ein weiteres klares Indiz dafür, dass dort die riskante Absiedlung der Ziesel längst ausgemachte Sache ist?

Die Ziesel beim Wiener Heeresspital

Ziesel gelten nach dem Wiener Naturschutzgesetz als prioritär bedeutend und sind am gesamten Wiener Stadtgebiet streng geschützt. Zudem stehen die Tiere in Österreich an erster Stelle der Roten Liste, was zeigt, wie überaus ernst ihre Situation hierzulande ist.

Die Existenz der großen Ziesel-Population am Heeresspital-Gelände und am Feld nördlich des Heeresspitals, wo bekanntlich ein großes Bauprojekt mit rund 1.000 Wohnungen realisiert werden soll, ist nun schon länger kein Geheimnis mehr. Die Käufer der abgetretenen Heeresspital-Randflächen, die Wohnbau-Genossenschaften Kabelwerk und Donaucity, besitzen bereits großteils das Feld nördlich davon. Schon in der ersten Jahreshälfte wurden sie von der Wiener Umweltschutzabteilung MA 22 offiziell davon in Kenntnis gesetzt, dass dort die streng geschützten Tiere vorkommen.

Ziesel auch auf den verkauften Randflächen?

Auch die kürzlich verkauften Flächen liegen zum Teil im Bereich nördlich des Heeresspitals. Dokumentierte Beobachtungen legen nahe, dass dort ebenso Ziesel leben.



Bemerkenswerterweise fand sich jedoch im öffentlich einsehbaren Kaufvertragsentwurf kein Hinweis auf das mögliche Vorkommen einer streng geschützten Art. So ihr dieses signifikante Faktum bekannt war, hätten wir uns der guten Ordnung halber von der Verkäuferin SIVBEG, sie befindet sich indirekt zu 100 Prozent im Besitz der Republik Österreich, einen entsprechenden Vermerk erwartet.

Das Geschäft kam also zustande, obwohl die Käufer davon ausgehen konnten, dass die erworbenen Flächen gleichfalls im Lebensraum einer Ziesel-Kolonie liegen und somit die Realisierung eines Bauprojekts dort in hohem Maße fraglich ist. Die laut Vertragsentwurf bezahlte Summe von 683.500 Euro hätte wohl in anderen Projekten mit weniger Risiko investiert werden können.

Absiedlung eine beschlossene Sache?

Beobachter vermuten daher, dass die Absiedlung der Ziesel längst fixiert ist und den Genossenschaften grünes Licht für weitere Grundstückskäufe zur Errichtung der ca. 1.000 Wohnungen am Marchfeldkanal signalisiert wurde.

Bekräftigt wird dies durch die Vermutung, dass unmittelbar angrenzend bereits eine ‘Ausgleichsfläche’ in Vorbereitung sein könnte. Über das ebenfalls von der SIVBEG offerierte Grundstück, haben wir bereits in einer unserer letzten Aussendungen berichtet.

Stresstest für den Artenschutz

Es ist also zu befürchten, dass dem Wiener Naturschutzgesetz ein ernster Stresstest bevorsteht, denn die absehbare Absiedlung steht im krassen Widerspruch zum Habitatsschutz, den die Ziesel im gesamten Stadtgebiet genießen. Dieser untersagt Störungen im Lebensraum oder Beschädigungen des Lebensraums der Tiere und verbietet deren Fangen und Transportieren.

Der Erfolg von Ausgleichsmaßnahmen für nach Anhang IV der EU-FFH-Richtlinie geschützte Arten, so diese überhaupt durch die zuständigen EU-Organe genehmigt werden, muss im Vorhinein zweifelsfrei feststehen. Für die Absiedlung von Zieseln kann dies in der Praxis jedoch nicht gewährleistet werden.

So wurde von einer Verbauung der ehemaligen Radio Austria Gründe, wo ein Ziesel-Reservat durch ein Wohnbau-Projekt bedroht war, per Gemeinderatsbeschluss zum Schutz der Tiere Abstand genommen. Der Ausgang der Ausgleichsmaßnahmen galt als ungewiss.

Auch die renommierte Expertin Dr. Friederike Spitzenberger kritisiert in der vom Umweltministerium herausgegebenen Roten Liste der österreichischen Säugetiere die Absiedelungspraxis von Zieseln eindringlich:

‘Obwohl das Ziesel in Anhang II der Flora-Fauna-Habitats-Richtlinie steht, wird es beispielsweise im Bundesland Wien, in dem die Art naturschutzrechtlich als ‚prioritär bedeutend‘ geschützt ist, von Flächen auf denen es ‚stört‘, auf andere ,transloziert‘. Derartige Umsiedlungen führten bisher immer zu großen Verlusten.’


Den Zieseln beim Heeresspital drohen also harte Zeiten. Sie können übrigens ein Zeichen für nachhaltigen Artenschutz setzen und Ihre Unterschrift für eine Umwidmung des Ziesel-Lebensraums beim Heeresspital in ein Naturschutzgebiet setzen.

GastautorIn: IGL-Marchfeldkanal für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /