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Keine Lizenz zur Willkür für das ENSI in der Schweiz

AKW-Aufsicht verweigert Bürgern rechtliche Klärung von Sicherheitsfragen

Zürich/Bern - Nach mehreren Monaten Bedenkzeit hat die Atomaufsichts-
behörde ENSI besorgten Bürgern mitgeteilt, sie trete nicht auf ihr Gesuch ein.
Anwohner des AKW Mühleberg hatten den Hochwassernachweis des ENSI kritisiert und verlangt, es müsse diesen nach geltenden Vorschriften beurteilen. Inhaltlich nahm das ENSI nicht Stellung. Die Anwohner ziehen den Nichteintretens-Entscheid nun ans Bundesverwaltungsgericht weiter.

Zur Vorgeschichte: Nach der Atomkatastrophe in Fukushima musste die Sicherheit der Schweizer Atomkraftwerke überprüft werden. Der Nachweis, dass Atomkraftwerke ein Hochwasser oder Erdbeben ohne schädigende Freisetzung von radioaktiven Stoffen überstehen können, unterliegt gesetzlichen Vorschriften nach internationalen Sicherheitsprinzipien. Diese Vorschriften wurden vom ENSI im Fall Mühleberg nicht beachtet: Die Sicherheitsbehörde rechnete unerlaubterweise den Einsatz von mobilen Feuerwehrpumpen zur Notkühlung an. Es klingt nach einem Detail. Aber nur dank diesem Verstoss konnte das ENSI dem Berner AKW weiter grünes Licht für den Betrieb
geben.

Nach vergeblichem Briefwechsel ersuchten zwei Anwohner der Alarmzonen 1 und 2 das ENSI im März 2012 rechtsverbindlich um Korrektur. Nach mehr als sechs Monaten beschied das ENSI nun den Anwohnern, es trete nicht auf ihr Gesuch ein. Die Bürger hätten gar kein Recht, die Handlungen des ENSI durch ein Gericht überprüfen zu lassen – es handle sich um eine Sache zwischen Aufsichtsbehörde und AKW-Betreibern.

‘Das ENSI verweigert den Gesuchstellern den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Rechtsschutz – solche Behördenentscheide in sicherheitsrelevanten Atomfragen müssen vor Gericht überprüft werden können’, sagt ihr Anwalt Martin Pestalozzi. ‘Kommt das ENSI mit seiner Auffassung durch, dann besitzt es faktisch eine Lizenz zur Willkür.’

Die Kläger nutzen nun die einzige Möglichkeit, die ihnen noch zur Verfügung steht: In ihrer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht verlangen sie, die Nichteintretensverfügung des ENSI sei aufzuheben und zur Behandlung an das ENSI zurück zu weisen. ‘Statt die Sicherheitsfrage zu klären, spielt das ENSI auf Zeit. Das ist für mich persönlich eine weitere Bestätigung, dass wir in der Sache Recht haben und dem ENSI die sachlichen Argumente fehlen’, sagt Markus Kühni, Ingenieur und einer der Kläger.

Das rechtliche Vorgehen wird unterstützt von Greenpeace. ‘Offensichtlich will das ENSI ein Auge zudrücken, um das AKW Mühleberg weiter am Netz zu lassen. Wenn für die Aufsichtsbehörde Sicherheit wirklich das oberste Gebot ist, dann muss sie die Anliegen der Kläger ernsthaft prüfen’, sagt Florian Kasser, Atomcampaigner von Greenpeace Schweiz.

Weitere Informationen und Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht:
1708.cleverreach.de


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /