© Gerd Maier
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Wiener und Westösterreicher bekommen das kleinste Stück vom Pendelpauschale-Kuchen

Jährlich 2,6 Millionen Tonnen CO2 durch Autopendelfahrten - VCÖ fordert grundlegende Reform der Arbeitsweg-Förderung

Wien - Knapp zwei Millionen Beschäftigte in Österreich arbeiten in einer anderen Gemeinde als sie wohnen. Der VCÖ weist darauf hin, dass sich die Zahl der Pendlerinnen und Pendler seit dem Jahr 1981 fast verdoppelt hat. Fehler in der Siedlungspolitik und bei der Betriebsansiedelung haben die Zahl der Autopendler explodieren lassen. Wiener und Westösterreicher erhalten die kleinsten Stücke vom Pendlerpauschale Kuchen, so die Analyse des VCÖ. Der VCÖ fordert eine grundlegende Reform der Arbeitsweg-Förderung.

"Ohne grundlegende Reform der Arbeitswegförderung wird das Pendelpauschale ein Fass ohne Boden", warnt VCÖ-Experte Mag. Markus Gansterer. Die Pendelpauschale wurde seit dem Jahr 2006 um mehr als ein Drittel erhöht, die Kosten für den Staat betragen bereits 380 Millionen Euro pro Jahr und sollen nun auf 480 Millionen Euro erhöht werden. Der VCÖ weist darauf hin, dass bereits 52,5 Prozent der Beschäftigten in einer anderen Gemeinde arbeiten als sie wohnen. Seit dem Jahr 1981 hat sich die Anzahl von rund 1,17 Millionen auf heute rund 2,06 Millionen fast verdoppelt, wie eine Analyse des VCÖ zeigt. In den letzten zehn Jahren nahm die Zahl der Pendlerinnen und Pendler um fast eine Viertel Million zu.

"Der Grund für die Zunahme liegt weniger daran, dass die Arbeitsplätze in der Nähe der Menschen verschwinden, sondern dass viele vom Arbeitsort in der Stadt weg ins Umland gezogen sind. Die Speckgürtel um die Städte sind dicker geworden", weist VCÖ-Experte Gansterer auf die Fehler in der Siedlungs- und Raumordnungspolitik hin. Siedlungen und Betriebsansiedelungen auf der grünen Wiese abseits von öffentlichen Verkehrsverbindungen haben die Autofahrten massiv erhöht. Diese Fehler kommen der Umwelt sowie den privaten und öffentlichen Budgets teuer zu stehen, betont der VCÖ. Im Jahr 2006 verursachten die Autopendelfahrten rund 2,6 Millionen Tonnen CO2.

Das derzeitige System der Pendelpauschale belohnt Fehlentscheidungen in der Siedlungs- und Verkehrspolitik. Die Folge: Jene Bundesländer, die kompakte Siedlungsstrukturen, kurze Arbeitswege und den Ausbau des Öffentlichen Verkehrs forcieren, erhalten das kleinste Stück vom Pendelpauschale-Kuchen. Die VCÖ-Analyse zeigt, dass nur rund 14 Prozent der Pendelpauschale Förderung nach Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien gehen, obwohl diese vier Bundesländer einen Bevölkerungsanteil von fast 40 Prozent haben.

Der VCÖ fordert daher eine grundlegende Reform der Arbeitsweg-Förderung. Der Anreiz, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu kommen oder Fahrgemeinschaften zu bilden, ist zu erhöhen. "Das geht nur, wenn die Unternehmen und Betriebe mehr Verantwortung für die Mobilität ihrer Beschäftigten übernehmen bzw. übernehmen können. Die öffentliche Hand kann durch Anreize dieses Übernehmen von Verantwortung fördern", fordert VCÖ-Experte Gansterer ein lohnsteuerbefreites Jobticket für alle Beschäftigten und verpflichtendes Mobilitätsmanagement für Betriebe.

Der VCÖ fordert, dass die Politik Rahmenbedingungen setzt, die zu kürzeren und damit billigeren Arbeitswegen führen. So soll es mehr Investitionen für die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region geben. Eine Arbeitsweg-Förderung sollen in Zukunft jene Beschäftigten erhalten, die sie wirklich benötigen. Allein eine Einkommensobergrenze von 45.000 Euro würde die Kosten der Pendlerförderung um mehr als 120 Millionen Euro reduzieren, macht der VCÖ aufmerksam.

Reformen in der Raumordnungspolitik sollen sicherstellen, dass Siedlungen und neue Betriebe dort entstehen, wo es eine Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel gibt. Der VCÖ weist darauf hin, dass in allen Bundesländern die CO2-Emissionen des Verkehrs seit dem Jahr 1990 massiv gestiegen sind und die Ziele des Klimaschutzgesetzes im Verkehrssektor klar verfehlen.


VCÖ: Massiver Anstieg der Anzahl der Auspendler in Österreich

(Anzahl Personen, die in anderer Gemeinde arbeiten als wohnen - in Klammer Anteil an Beschäftigten insgesamt)

Jahr 2011 (Berechnung VCÖ): 2.060.000
Jahr 2009: 2.025.700 (52,4 Prozent)
Jahr 2001: 1.822.900 (50,3 Prozent)
Jahr 1991: 1.469.300 (43,3 Prozent)
Jahr 1981: 1.176.200 (36,2 Prozent)
Jahr 1971: 784.300 (25,5 Prozent)
Quelle: Statistik Austria, VCÖ 2012


VCÖ: Wiener und Westösterreicher bekommen kleinste Stücke vom Pendlerpauschale-Kuchen

(Anteil der Pendelpauschal-Beträge nach Bundesländern im Jahr 2011, in Klammer Anteil an Bevölkerung)

1. Vorarlberg: 1,2 Prozent (4,4 Prozent)
2. Wien: 3,8 Prozent (20,4 Prozent)
3. Salzburg: 4,5 Prozent (6,3 Prozent)
4. Tirol: 4,9 Prozent (8,4 Prozent)
5. Burgenland: 7,5 Prozent (3,4 Prozent)
6. Kärnten: 7,4 Prozent (6,6 Prozent)
7. Steiermark: 15,6 Prozent (14,4 Prozent)
8. Oberösterreich: 21,5 Prozent (16,8 Prozent)
9. Niederösterreich: 32,4 Prozent (19,2 Prozent)
Quelle: BMF, VCÖ 2012

GastautorIn: Mag. Christian Gratzer für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /