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Offener Brief an den deutschen BM Rösler zum Bahnverkauf

Das World Future Council erhebt seine Stimme

World Future Council | Mexikoring 29 | 22297 Hamburg

Herrn Dr. Philipp Rösler
Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
Scharnhorststr. 34-37
10115 Berlin

Offener Brief anlässlich Ihrer Pläne, Staatsunternehmen wie die Bahn zu verkaufen

Sehr geehrter Herr Dr. Rösler,

über Ihre Pläne, die Deutsche Bahn AG und weitere Staatsunternehmen verkaufen zu wollen, sind wir sehr verwundert. Der World Future Council unterstützt als Stimme zukünftiger Generationen politische Entscheidungen, die einer nachhaltigen Wirtschaft dienen. Ihr Vorhaben hingegen geht zu Lasten zukünftiger und gegenwärtiger Generationen.

Ein Verkauf von Staatsunternehmen wie der Bahn führt ausschließlich dazu, die Staatseinnahmen kurzfristig zu erhöhen. Zugleich wird eine zukunftsgerechte -ökologisch, sozial und gesamtwirtschaftlich verantwortliche - Politik blockiert. Die bisherige Privatisierungspraxis der Deutschen Bahn hat dies, als ein repräsentatives Beispiel von vielen, eindrucksvoll belegt.

Bereits mit der Umwandlung der Bahn in eine AG 1994 ging eine betriebswirtschaftliche Gewinnorientierung einher, die massive Einsparungen und Verschlechterungen zur Folge hatte: Tausende Bahnhöfe wurden geschlossen, tausende Kilometer Schienennetz stillgelegt; drastische Preiserhöhungen haben die Bahn für viele Menschen unerschwinglich gemacht. Sparmaßnahmen an der Wartung haben die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Bahn verschlechtert. Ihr Parteikollege Patrick Döring formulierte dies mit den treffenden Worten, es könne nicht sein, dass der mitteleuropäische Winter zu kalt für die Bahn und der mitteleuropäische Sommer zu heiß sei. Doch genau das ist der Fall.

Die Bahn ist eines der klimafreundlichsten Verkehrsmittel. Die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene ist daher dringend geboten. Dazu zählt der gute Anschluss auch dünn besiedelter ländlicher Gebiete unabhängig davon, ob dies einzelwirtschaftlich lukrativ ist.

Die ‘Bahn der Zukunft’ muss für alle Bürgerinnen und Bürger erreichbar, sicher, attraktiv und erschwinglich sein. Der Verkauf öffentlichen Eigentums darf nicht immer wieder unter dem Vorwand der Haushaltskonsolidierung durchgedrückt werden. Die Bundesregierung muss ihren Auftrag nach Artikel 87e des Grundgesetzes, die Bahn am Wohl der Allgemeinheit zu orientieren, konsequent erfüllen. Dazu muss sie ihre Rolle im Aufsichtsrat der Bahn mutig wahrnehmen.

Wir fragen Sie, Herr Dr. Rösler:

* Welchen konkreten Vorteil für die Bevölkerung versprechen Sie sich davon, den für 2016 vorgesehenen ausgeglichenen Bundeshaushalt noch früher zu erreichen?

* Wie wollen Sie eine für alle Bürgerinnen und Bürger erreichbare, sichere, attraktive und erschwingliche Bahn gewährleisten?

* Wirtschaftswissenschaftler/innen und Vermögende setzen sich für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer ein. Maßgeblich wäre die deutsche Staatsangehörigkeit unabhängig vom Wohnort. Eine Steuer von nur einem Prozent bei einem Freibetrag von einer halben Million könnte jährlich 20 Milliarden Euro erbringen. Warum erhöhen Sie nicht auf diesem Weg die Staatseinnahmen – und somit dauerhaft statt durch den einmaligen Verkauf von Staatsbeteiligungen?

* Sie haben zudem vorgeschlagen, über eine Gewinnausschüttung der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an den Bundeshaushalt die Wettbewerbsgleichheit im Bankensektor stärken. Wie aber können Förderbanken bei zunehmender Wettbewerbsgleichheit ihrem speziellen Förderauftrag gerecht werden?

* Insbesondere in einer Rezession und für dringend notwendige Investitionen in einen sozial-ökologischen Umbau ist es sinnvoll, auch neues Geld zu schöpfen. Unter diesen Umständen ist keine Inflation zu befürchten. Warum sollte die EZB nicht, in Kooperation mit Förderbanken wie der KfW, zur Finanzierung einer ökologischen und sozial gerechten Umgestaltung der Wirtschaft beitragen?

Mit freundlichen Grüßen

Suleika Reiners Jakob von Uexküll
Policy Officer Future Finance Vorstandsvorsitzender


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /