© Andreas Morlok pixelio.de
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Atomstrom: Bald nicht mehr im Netz?

Ein Atomstromstopp kann vom Parlament unabhängig vom umstrittenen Energieeffizienzgesetz beschlossen werden

Der gestern im Ministerrat vorgestellte Textvorschlag für die Neuordnung des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes ElWOG sieht eine lückenlose Stromkennzeichnung für alle EndkundInnen in Österreich vor, so wie dies beim Atomstrom-Gipfel der Bundesregierung mit den Umweltorganisationen und Vertretern der E-Wirtschaft im April 2012 beschlossen wurde.

"Wir fordern eine rasche Verabschiedung des Anti-Atom-Teils des ElWOG ohne Koppelung an das Energieeffizienzpaket, wobei wir - wie in unserer Stellungnahme klar gestellt - weiterhin eine lückenlose Stromkennzeichnung auch für die Pumpspeicherung fordern, um hier kein noch so kleines Hintertürchen für versteckten Atomstrom offen zu lassen", sagt Reinhard Uhrig, Geschäftsführer von GLOBAL 2000.

"Wir gehen davon aus, dass in einem Land, das sogar ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich hat, alle Parteien einen Antrag zur Verabschiedung dieses Atom-Teils noch vor dem Jahrestag der historischen Einigung zwischen Bundesregierung, EVUs und Umweltschutzorganisationen am 16. April unterzeichnen können und damit das Thema versteckter Atomstrom in Österreich Geschichte wird", meint Uhrig.


Greenpeace ist erfreut über das eindeutige Bekenntnis von Bundeskanzler Werner Faymann am Rande des Ministerrates, dass die österreichische Atomstromkennzeichnung "außer Streit für uns steht" - und somit nötigenfalls unabhängig vom heftig umstrittenen Energieeffizienzgesetz im Parlament behandelt wird. "Kanzler Faymann legt sich damit gegen den Widerstand von Wirtschaftsminister Mittlerlehner fest und beweist, dass er beim österreichischen Anti-Atom-Kurs hart bleibt. Im Gegensatz zum Energieeffizienzgesetz wird der Atomstromstopp von einer überwältigenden Mehrheit im Nationalrat und der Bevölkerung unterstützt. Die Zusage des Kanzlers für die Entkoppelung der beiden Vorhaben im Parlament ist daher ein wichtiger Zwischenerfolg in Richtung atomstromfreies Österreich", ist Greenpeace Geschäftsführer Alexander Egit zuversichtlich.

Als das "Werfen von Nebelgranaten" bezeichnete Egit die Behauptung Mitterlehners, dass eine Verpflichtung der Netzbetreiber statt der Energielieferanten nur leitungsgebundene Energieträger umfassen würde. Selbstverständlich erstrecken sich die Einsparungsziele von 1,5 Prozent auf alle Energieträger. "Ein Blick auf das Modell Dänemark hätte hier geholfen", so Egit.

Energieeffizienzgesetz: Fundamentale Verbesserungen notwendig!

In einer ersten Reaktion auf das Energieeffizienzpaket, das gestern den Ministerrat passierte, sieht Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000, klare Schwächen im vorliegenden Entwurf: "Das Energieeffizienzpaket hat grobe Mängel, die das an sich gute Vorhaben der Energieeinsparung massiv gefährden könnten. Bleibt das Gesetz in diesem Zustand, wird es kein Erfolg für Umwelt und Menschen in Österreich."

Wahlmüller kritisiert insbesonders, dass nicht klar ist, ob das Verpflichtungssystem für Energielieferanten und Unternehmen auch funktioniert und tatsächlich zusätzliche Maßnahmen auf Schiene gebracht werden, da nur Anrechnungen erforderlich sind, die schwer überprüfbar sind. Weiters nimmt der Bund seine Vorbildwirkung nicht ernst und verpflichtet sich lediglich, nur etwa 5 Prozent seines Gebäudebestands zu sanieren. Gegen Energiearmut werden keine ernsthaften Anstrengungen ergriffen, obwohl die EU-Richtlinie große Spielräume schaffen würde.

In den Entwürfen ist sogar die Förderung von fossiler Energie wie Ölheizungen und Gaskraftwerken vorgesehen, die einen höheren CO2-Ausstoß zur Folge hätten - dafür sollen Haushalte und Unternehmen auch noch tief in die Tasche greifen. "Unterm Strich bleibt das Gesetzespaket weit entfernt von dem, was möglich und notwendig wäre. In einigen Bereichen ist es sogar kontraproduktiv und kann die Erreichung von Umweltzielen gefährden. Wenn das Gesetzespaket doch noch ein Erfolg werden soll, müssen in den nächsten Wochen noch fundamentale Verbesserungen erzielt werden", zieht Johannes Wahlmüller ein Resümee über mehr als ein Jahr Verhandlungen.

Auch aus der Sicht von Greenpeace hat das im Ministerrat beschlossene Energieeffizienzgesetz gravierende Systemschwächen: Es fehlen nicht nur rechtlich verbindliche Obergrenzen für den Energieverbrauch, auch der wichtige Verkehrssektor bleibt ausgeklammert. Eine verbindliche Quote von mindestens 5% zur Bekämpfung der Energiearmut fehlt. Fossile Energien wie Ölheizungen oder Gaskraftwerke werden gefördert. Die Einsparungsverpflichtung für Energielieferanten statt für Netzbetreiber ist ineffizient statt zu mehr Energieeffizienz zu führen. Die Strafzahlungen für die Nicht-Erreichung von Einsparungszielen sind zu niedrig angesetzt, das Freikaufen wird billiger als das Setzen von Energieeffizienzmaßnahmen. Die Zweckbindung der Strafzahlungen um Haushalte zu entlasten, ist nicht vorgesehen und noch dazu reitet die Bürokratie!


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /